Fragen zum Text „Was Nun?“

M. Steingass —  1.12.11 — 16 Kommentare

Einige Fragen zum Text „Was Nun?“, die Onda im Diskussionsforun Buddhaland gestellt hat.

Das ursprüngliche Posting findet sich => hier!

Hallo Kainer Wahr (d.i. mein Pseudonym im Buddhaland; Anm. Matthias),

habe mal ein wenig in deinem Blog gelesen. Ein paar Gedanken dazu:

“ Weder geht es um Erleuchtung, denn darum kann es nicht gehen, weil niemand weiss, was dieser Begriff bedeutet. Wenn man etwas sagen kann über dieses Wort, dann nur, daß es eines dieser toten, erkalteten Worte ist, die nichts mitteilen und lediglich dazu dienen eine unangenehme Leere zu kaschieren.“

Es gibt sehr viele unterschiedliche Vorstellungen über „Erleuchtung“. Ich persönlich kann über das Thema nur aus einer unerleuchteten und daher spekulativen Perspektive reden. Ich glaube aber, dass es so etwas wie Erleuchtung gibt. Für mich stellt sie einen radikal anderen Blick auf diese Welt dar. Sie ist eine transrationale Einsicht in das Faktum, dass es eine tiefe Ebene des Seins gibt, auf der die Trennung zwischen „Ich“ und „Außen“ (der Grunddualismus) als Konstrukt des denkenden Bewusstseins entlarvt wird.

„1) Meditation. Sie ist die ganz und gar wache, maximale psychophysische Entspannung. Der Ort an dem das Dasein sich reduziert auf ein Aufflackern. Mich hat zunächst nur dies interessiert. „

Entspannung ist sicherlich ein wichtiger Aspekt der Meditation. Hinzu kommen: Übung der Achtsamkeit (nicht wertendes Gewahrsein), Konzentration.

Der Buddhismus benötigt daher eine Generalüberholung, eine tief gehende Durchleuchtung, eine Zerlegung und Überprüfung seiner Komponenten. Ob danach von ihm etwas übrig bleibt, scheint fraglich.

Generalüberholung: ja. Ich denke aber, das ne ganze Menge übrig bleibt (obwohl sicherlich das eine oder andere Zeit- und Kulturbedingte zu entsorgen ist).

Und das ist auch die eigentliche Aufgabe des Buddhismus, zu zeigen daß der Kaiser nackt ist.

Das eigentliche Ziel des Buddha-Dharma: die Dinge so sehen, wie sie sind. Radikaler Empirismus.

Kein Blatt vor den Mund nehmen, das ist vielleicht sogar das wichtigste Thema. In buddhistischen Zirkeln und Foren herrscht vielfach die buddhistische Diskurskontrolle. Kritik ist nicht erwünscht. Kritik ist immer Gefahr.

Das kommt auf die buddhistischen Zirkel an und das Ausmaß ihres Dogmatismus. Vielleicht hättest du im Zen andere Erfahrungen gemacht als im tibetischen Buddhismus (auf den du dich hauptsächlich beziehst).

„Es wird immer vorausgesetzt, daß der heilige Lehrer einen besonderen ihn unterscheidenden inneren Wert hat. „

Mündige Schüler wissen, dass nicht alle Lehrer zwangsläufig auch erleuchtete Meister sind. Da man selbst nach Erleuchtung strebt, wünscht man sich natürlich einen Lehrer, der dies schon erreicht hat und projiziert entsprechend.

Das Wort des Buddha selbst ist ein Beispiel für eine dieser Paradoxien: Wenn der Buddhismus kein Sein an sich zulässt, wieso gibt es dann ein definitives Wort des Buddha (buddhavacana) das von den Dalailamas gepredigt wird?

Wo leugnet der Buddhismus das Sein? Der Buddhismus leugnet ja streng genommen noch nicht einmal das ICH.

Es gibt keine zeitlose Wahrheit in der Geschichtlichkeit im Sinnes eines exakten Abbildes, wenn man anerkennt, daß das Wort und seine Bedeutung immer Prozess, d.h. Bewegung, sind. Das Wort des Buddha könnte höchstens diese Bewegung selbst sein, die das offene Gespräch trägt.

Ja, Wahrheit ist nicht überzeitlich im Wort fixierbar.
Im Wort fixierbar sind immer nur Konzepte.

Gruß & später mehr
Onda

16 Antworten zu Fragen zum Text „Was Nun?“

  1. 

    Weil es eine eher persönliche Frage ist, als auf den Text: Beziehen sich deine Erfahrungen (und somit auch deine Kritik im Text) hauptsächlich auf den tibetischen Buddhismus oder auch auf traditionellere Richtungen wie den Theravada?

    Meine persönliche Erfahrung ist, dass der Theravada deutlich leichter nach zu vollziehen ist, weil er sich eben direkter an den Worten Buddhas orientiert.

  2. 

    „Schlieslich ist das Ziel, den Buddhismus zu transzendieren.“

    Hier einige Anmerkungen zu Einwänden, Fragen und Gedanken die anderso in Bezug auf den Text „Was Nun?“ gemacht wurden.

    Das Zitat stammt von stoky aus dem Buddhalandforum. Ich verstehe das so, daß man im Prinzip immer darauf achten sollte die Gebrauchsanleitung nicht mit dem Gegenstand zu verwechseln.

    Was ist der Gegenstand des Buddhismus? Erleuchtung? Onda geht in seinen Bemerkungen im Buddhalandforum zu meinem Text darauf ein, daß es mir nicht um Erleuchtung geht, da niemand wisse was dieser Begriff bedeutet. Um was geht es im Buddhismus? Was ist Erleuchtung?

    Weil diese Fragen so umfassend sind, kann man sie nicht in Schlagworten fassen. Erleuchtung ist aber ein solches. Natürlich kann man sich Gedanken darüber machen was es bedeutet. Dann aber muß man seine Gedanken ausdrücken um sie mitzuteilen. D.h. man ist beim Thema Kommunikation und dem Problem, wie drücke ich etwas auf. Es ist wieder meine Fähigkeit gefragt, einer Sache Ausdruck zu verleihen. Ich wehre mich deshalb gegen das Schlagwort Erleuchtung, weil es lediglich das geliehene Wort einer Ideologie ist. In dem Augenblick in dem ich beginne den Dingen mit meinen Worten Ausdruck zu verleihen, beginne ich mich aus der Ideologie zu verabschieden. Das denke ich könnte Buddhismus sein.

    So verstehe ich stokys „transzendieren“. Durchsichtig machen. Einleuchtend. Verständlich. Wenn es stimmt, daß wir als Homo Sapiens nichts als Kommunikation sind, dann ist das Sich-verständlich-machen Erleuchtung. In der Kommunikation wird die Trennung von ich und aussen transzendiert. Vielleicht ist das gar nicht so eine tiefe Ebene des Seins wie du Onda vermutest. Vielleicht ist die Trennung zwischen Ich und aussen viel schlichter zu beheben als gedacht.

    Nächster Punkt Meditation. Was ist das? Die zwei, drei Sätze die ich dazu geschrieben habe sind ziemlich unbefriedigend. Es gibt im Tibetischen viele Begriffe, die mit Meditation zu tun haben. Der Reichtum an Begrifflichkeiten dort steht im krassen Gegensatz zum Begriff „Meditation“ der hier fast ausschließlich benutzt wird. Ich halte den Begriff, wie Erleuchtung, für ziemlich untauglich irgendwas zu klären. Man kann nicht dauernd von „Sport“ reden, wenn man sich tatsächlich über „Tennis“, „Fußball“, „Kricket“ oder „Kegeln“ unterhält. Das aber geschieht häufig bei uns. Deshalb auch „Denken, nicht meditiern!“

    Bleibt nach der Generalüberholung, Durchleuchtung, Zerlegung vom Buddhismus etwas übrig? Wenn es ist wie stoky schreibt, bleibt nichts übrig. Nichts jedenfalls was den Namen Buddhismus tragen müßte. Es bleiben vielleicht Menschen übrig, die auf das zurückgeworfen sind, was sie essential ausmacht. Wahrnehmung, Denken, Körper, Interaktion. Deshalb auch die eigentliche Aufgabe des Buddhismus, zu zeigen, daß der Kaiser nackt ist. Ist das „die Dinge so sehen wie sie sind“? Ist das Radikaler Empirismus.

    Könntest du Onda evtl. darauf eingehen, was du mit radikalem Empirismus meinst?

    Die Buddhistische Diskurskontrolle. Ob es die im Zen weniger gibt als z.B. im tibetischen Buddhismsu? Ich glaube nicht, daß es innerhalb eines wie auch immer gearteten Buddhismus ohne eine Diskurskontrolle abgehen kann. Jeder Buddhismus ist Ideologie, ein mit affektiven Begriffen aufgeladenes Konzept von etwas. Das alles überspannende Konzept im Buddhismus ist der Dharma als etwas das, nicht weiter hintergehbar, Rettung verspricht. Der Buddha-Dharma, die Worte des Buddha, seine Lehre werden uns retten. Deshalb wenden wir uns der einen oder anderen Facette des Buddhismus zu. Wir gehen davon aus, daß uns das retten wird. Genau das ist das vielleicht letzte was es zu transzendieren gilt, daß es da etwas gibt, das uns retten könnte. Solange dieser Punkt nicht transzendiert ist, wird es immer, egal in welcher Sangha, eine Diskurskontrolle geben die fein säuberlich darauf achtet, daß dieser Punkt nicht hinterfragt wird.

    Onda, du schreibst, „Mündige Schüler wissen, dass nicht alle Lehrer zwangsläufig auch erleuchtete Meister sind.“ Nicht alle zwar, aber immerhin gibt es welche deiner Ansicht nach. Ich denke, auch hier muß man sehr genau überlegen was ein erleuchteter Meister sein soll. Auch hier wieder plädiere ich dafür, in eigenen Worten deutlich und verständlich zu machen was das sein soll – ein erleuchteter Meister. Du schreibst zum Stichwort Erleuchtung, „Sie ist eine transrationale Einsicht in das Faktum, dass es eine tiefe Ebene des Seins gibt, auf der die Trennung zwischen „Ich“ und „Außen“ (der Grunddualismus) als Konstrukt des denkenden Bewusstseins entlarvt wird.“ Meine Frage wäre, wie erkenne ich bei einem Meister, daß er diese Trennung aufgehoben hat – beim Dalai Lama z.B. Und wie erkenne ich, ob ich nicht etwa etwas in den Meister hineinprojiziere?

    Transzendieren heisst auch, die versteckte kausale Essenz die wir in den Meistern (oft unbewusst) vermuten zu untersuchen. Wir vermuten etwas bei den Meistern, nämlich Erleuchtung. Können wir das sehen oder projizieren wir es? Was sehen wir wirklich? Radikal Empirisch gesehen (meine Version) sehen wir doch auch beim Dalai Lama, beim Ole oder Sogyal, beim Thich Nhat Hanh und bei all den anderen Dharma-Berühmtheiten doch nur was die uns zugewandte Seite zeigt. Wir sehen ihre Handlung, hören ihre Worte, lesen ihre Texte etc. Was ist darin die Erleuchtung?

    Ein kleines Gedankenexperiment: Der jetzige Dalai Lama ist gestorben. Vor seinem Tod hat er angekündigt, daß er sich zwar sofort wieder inkarnieren aber vollständig incognito bleiben wird. Woran könnte man ihn erkennen?

    Letzter Punkt deiner Anmerkungen Onda, „wo leugnet der Buddhismus das Sein?“ Ich meinte nicht, der Buddhismus leugnet das Sein, sondern er lässt kein „Sein an sich“ zu, kein inhärentes Sein. Es kann deshalb aus buddhistischer Sicht auch kein Wort des Buddha an sich geben.

    no name fragt, welche Meister ich meine wenn ich sage, „Ich wage zu bezweifeln daß viele von den so genannten Meistern viel über Meditation wissen. Sie reden nicht darüber, weil sie es selbst nicht wissen.“ Das ist natürlich eine gewagte Behauptung, aber es läuft wieder darauf hinaus zu fragen, was kann ich sehen was sie tun? Einfache Frage wenn der Scheff da ist: „Meister, was ist Sartori?“ Man wird sehen wie der Meister mit der Frage umgeht. Wiederholt er altbekannte schöne Zitate? Die könnte ich auch aufsagen? Was unterscheidet mich dann vom Meister? Wie kann ich den Dalai Lama erkennen, wenn er icognito unter uns weilt?

    Zur Frage von stoky. Meine Erfahrungen beziehen sich tatsächlich stark auf den tibetischen Buddhismus in seinen hiesigen Ausformungen. Ob sich der Theravada „direkter an den Worten des Buddha“ orientiert“ als die Tibeter und ob ihn das leichter nachvollziehbar macht? Das mag tatsächlich sein, da der tibetische Buddhismus stark mit allen möglichen typisch tibetischen Elementen durchsetzt ist. Der Tibetologe Imaeda hat mal geschrieben „Buddhism has been ‚Tibetanised‘ in Tibet, by contrast with the more typical assertion that it was Tibet that was ‚Buddhicised‘.“ D.h. der Buddhismus in Tibet ist z.T. sehr stark durch Einflüsse überformt, die nicht über Indien gekommen sind. Unter diesem teils höchst barocken Elementen buddhistische Kernelemente ausfindig zumachen, mag tatsächlich schwieriger sein als in anderen Traditionen. Andererseits gibt es im tibetischen Buddhismus Meditationstraditionen die deutliche Bezüge zu Palitraditionen aufweisen. Meiner Ansicht nach sind das Anapanasati Sutta und das Mahasatipatthana Sutta einerseits von Meditationstraditonen des Dzogchen und Mahamudra andererseits im Kern nicht so weit entfernt. Auch zeitlich liegen diese Traditionen nicht sehr weit auseinander, wenn man bedenkt, daß die schriftlich belegbare Tradition des Palikanon erst im 8. Jhdt. beginnt und die Mahamudratradition nach Saraha auf das 9. Jhdt. in Indien (Bengal) zurückgeht. Es ist aber auch klar, daß besonders im tibetischen Dzogchen die äusserst klare Meditation gleich wieder überformt wird von allen möglichen Dingen die bis in schamanistische Praktiken hineinreichen (nicht wertend gemeint).

    Ich glaube, wenn man „das Wort des Buddha“ sieht als das zurückgeworfen werden auf das was einen Menschen im Kern ausmacht und wenn dabei alle kulturellen Artefakte abgeschnitten werden (falls dieser Kern nicht selber ein solches ist), und wenn man die klare Meditation als Methode sieht, auf diesen Kern ohne Ausflüchte tatsächlich zurück zu gehen, dann ist die Tradition egal.

    Nur, wie präpariert man diesen Kern heraus? Ich denke das hier, ist ein guter Text zu diesem Thema.

  3. 

    Vielen Dank schonmal, dass du auf die Fragen geantwortet hast!

    Vielleicht noch einige Anmerkungen zum Begriff „Erleuchtung“:

    Der Buddha wird im Palikanon nie mit Buddha angesprochen. Er selbst hat auch (soweit ich weiss) nie von Erleuchtung gesprochen – nur von nibbana (Nirvana). An einer Stelle sagt er sinngemäß „Ich lehre ‚Eines‘ und nur ‚Eines‘: Das Leiden und das Ende des Leidens.!“

    Nach Auffassung vieler Theravada-Mönche muss man das Verlangen erleuchtet zu werden, auch erst ein Stück weit aufgeben um Erleuchtung zu erlangen.

    Mahayana-Buddhisten gehen da ja noch einen Schritt weiter und geben ihre eigene Erleuchtung (vorerst) komplett auf.

    Insgesamt darf man natürlich nie die Beschränktheit von Begrifflichkeiten vergessen. Ein Begriff kann nie adäquat sein, einfach weil es ein Begriff ist. Es gibt ein sehr schönes Zitat in Hermann Hesses Siddharta dazu, das ich raussuchen kann, wenn es dich interessiert.

    In der Wissenschaft gibt es dazu den Spruch „Alle Modelle sind falsch, aber manche sind nützlich“.

    Meiner Auffassung nach ist das auch eine der zentralen Schwächen von Philosophie, dass sie durch die Wahl ihrer Mittel (Sprache) sich selbst beschränkt.

    Genau hier setzt dann auch Meditation an, weil man manche Dinge einfach „erfahren“ muss.

  4. 

    Sorry für den Doppelpost. Aber hier nochmal eine kurze Bemerkung zu

    „Nichts jedenfalls was den Namen Buddhismus tragen müßte.“

    In [1] erklärt Stephen Batchelor, dass das Wort Buddhismus eine Erfindung des Westens ist. In asiatischen Sprachen gibt es das Wort wohl nicht. Es gibt nur „Dharma“, was in etwa „Lehre/Wahrheit“ bedeutet.

    Allgemein ein sehr sehenswerter Vortrag.

    [1] http://secularbuddhistassociation.com/2011/11/14/uncertain-minds-how-the-west-misunderstands-buddhism/

  5. 

    Hallo Stoky

    Vielen Dank für deinen Hinweis.

    Ich benutze den Begriff „Erleuchtung“ als den leeren Signifikanten als der er umgangssprachlich im heutigen Buddhismus gebraucht wird, als ein Zeichen dem keine Bedeutung innewohnt. Keine Bedeutung in dem Sinne, daß man nicht sagen kann um was es sich eigentlich handelt. Der Signifikant „Auto“ verweist auf einen Referenten, den Gegenstand Auto in dem wir fahren. Bei „Erleuchtung“ ist das nicht so. Der Begriff hat allerdings sehr wohl eine Bedeutung was den Status der Personen angeht, die ihn benutzen. Der Begriff verweist dann nicht auf etwas von dem man nicht sagen kann was es ist, sondern auf die Person die ihn benutzt und ihn als Platzhalter einsetzt für etwas, von dem sie weiss, daß es extrem wertvoll ist, das aber sprachlich nicht beschrieben werden kann.

    Der Begriff hat dann eine dreifache Funktion. 1) Er verweist auf die verborgene kausale Essenz. Wir sagen, der Dalai Lama ist „erleuchtet“, können aber außer von seinem sozialen Status quo her nicht sagen, woran man die Erleuchtung erkennen kann. D.h. wir gehen davon aus, daß er etwas ganz besonderes ist oder hat, das wir nicht dingfest machen können, von dem wir aber nichts desto trotz ausgehen daß es existiert. 2) Er verweist auf den Wert des Sprechers, der Person die ihn benutzt und ihre Stellung in einer Gruppe. Das Wort kann dann ein Signal dafür sein, daß die Person zu einer Gruppe mit privilegiertem Wissen gehört und daß sie demnach über besonderes Wissen verfügt. 3) Als Totschlagargument. Man sagt, man könne etwas nicht in Worten ausrücken, um weitere unliebsame Nachfragen zu blockieren.

    In jedem Fall ist der leere Signifikant eine Be- oder Verhinderung des offenen Gesprächs. Er dient nicht der Kommunikation als Mittel der Erweiterung des Wissens und der Ausdrucksformen, sondern als Mittel sich gegenseitig zu versichern, daß alles so wie es ist ok ist und niemals irgend etwas anders werden müsste.

    Für „Dalai Lama“ oben kann man eine x-beliebige Person einsetzen, die einem besonders wertvoll erscheint und kann dann prüfen ob sie eine verborgene kausale Essenz hat, oder ob sie wirklich, in ihrem handeln nämlich, immanent, etwas besonderes verkörpert.

    Das Problem ist, daß diese leeren Signifikanten, obwohl sie auf etwas nicht-existentes verweisen, die Erfahrungen die wir machen verändern. Einfaches Beispiel, wir sitzen an einem wunderschönen Platz draussen, am Waldrand an einer Wiese, ein Bach gluckert nahebei und der Himmel ist von einem wunderbaren Sonnenuntergang gefärbt. Wir haben reichlich Meditationserfahrung und lassen uns sehr entspannt auf diese Schauspiel ein. Wir bemerken, daß alles besonders klar erscheint, als ob ein Schleier weggezogen würde, die Geräusche, Farben und Gerüche treten zusammen, die Aufmerksamkeit weitet sich als ob es ganz natürlich wäre alles in einer wunderbaren, harmonischen Komposition zu sehen – dann fragen wir uns ob das etwas mit Erleuchtung zu tun hat? Es ist durchaus möglich, daß das einen zurückholt aus dieser immanenten Erfahrung in die Leere der leeren Signifikanten. Die Aufmerksamkeit verlagert sich wieder auf das Spiel der Semantik und tritt von den direkteren Sinneseindrücken zurück. ….kann aber auch sein, daß man die Frage vorbei ziehen lässt, ein weiterer Eindruck, vielleicht von einem Kobold eingegeben, der hinter einem am Bach hockt und ebenfalls den Sonnenuntergang genießt, der wie der Puck im Sommernachtstraum den einen oder anderen Scherz nicht lassen kann.

  6. 

    Vielen Dank für deine Erläuterungen. Ich sehe das sehr ähnlich und denke auch, dass eine große Gefahr bei Authoritäten ist, dass wir ihnen blind vertrauen.

    Meine Intention beim Schreiben war also weniger dich zu kritisieren, sondern – im Gegenteil – dir mitzuteilen, dass du mit dieser Haltung gar nicht so Unbuddhistisch bist, wie du vielleicht denkst.

  7. 

    Hi stoky,

    hatte gar nicht den Eindruck, daß du etwas kritisiert hast. Es gibt in der Lehre sicher etwas, was es zu ‚erreichen‘ gilt. Vielleicht bodhi? Du erwähnst den Punkt, das Verlangen etwas zu erreichen müßte in gewissem Sinne aufgegeben werden. Genau. Da sind wir einig… und tatsächlich, Unbuddhismus ist vielleicht garnicht so unbuddhistisch ;-)

    Viele Grüße

  8. 

    Ich würde mich freuen, wenn du zu deinen Aussagen wie „Im Buddhismus ist das so und so und wird so und so verstanden“ die genaue Richtung und Schule angeben würdest. Schön wäre auch, wenn du Literatur oder Web und die betreffenden Stellen darin angeben könntest, wenn du Behauptungen aufstellst. Ich verstehe kaum, um welchen Buddhismus es sich in deinem Artikel handelt. Ich kann es nur versuchen zu vermuten.

    In der Schule, der ich folge, werden verschiedene Dinge, die du aufzählst, völlig anders gesehen. Außerdem kann ich dir auch andere Schulen als die meine nennen, in der die in deinem Artikel erwähnten Dinge (z. B. Thema Befreiung) komplett anders gesehen werden.

    Aus deinen Worten spricht Enttäuschung und vielleicht Ärger auf den Vajrayana. Kennst du Ajahn Buddhadasa (Theravada)? Er lehrt, dass man nur die in einem selbst vorhandenen sieben Erleuchtungskräfte aktivieren muss, um aus sich selbst heraus zur Erleuchtung und zur Befreiung zu erlangen. Man ist also komplett und muss nicht von Außen befreit werden. Alles hängt von dir ab. Auch der Nichiren-Buddhismus mit seinem Focus auf das Lotos-Sutra lehrt, dass die Erleuchtung/Buddhaschaft und alle anderen Welten in dir selbst vorhanden sind und du sie nur aktivieren musst. Auch dort bist du völlig komplett.

  9. 

    Lieber imyohorengekyo

    Zunächst eine Gegenfrage. Wie wichtig ist eine vermutete Motivation im Vergleich zu einem klaren Argument? Helfen Vermutung über meine Motivation hier weiter? Anders gefragt, was ändert es ob ich verärgert bin oder wohlgesonnen gegenüber dem Vajrayana daran, daß mit dem zeitgenössischen Buddhismus und seiner Auffassung von ,Befreiung‘ Geschäfte gemacht werden? Ist es nicht eine Tatsache, daß eine ganze Industrie mit ,Buddhismus‘ ,Befreiung‘ und ,Glück‘ arbeitet um dem Verbraucher etwas zu verkaufen? Du willst Belege? Schau hier z.B.: http://www.ipernity.com/doc/kartago/album/50448.

    Der Buddhismus um den es sich handelt bei dem was ich kritisiere ist genaue der Buddhismus den man überall sehen kann, wenn man sich für Buddhismus interessiert. Es ist der Buddhismus des naiven und unreflektierten Glaubens an Erlösung – ja ein christlicher Begriff, der da unversehens wieder auftaucht. Es ist ganz allgemein der Buddhismus der Erlösung in Aussicht stellt, den ich kritisiere.

    Was aber ist Erleuchtung/Befreiung? Ich habe in dem Text davon geschrieben, daß es darum geht, eigene Worte zu finden. Verallgemeinerungen sind nur Worthülsen, leere Signifikanten, die nichts sagen.

    Ganz konkret zu deiner Bitte nach Literatur etc. Welche Behauptung konkret meinst du? Ich würde dir gerne Belege geben, aber für was konkret. Welche Dinge, die ich aufzähle werden in deiner Schule völlig anders gesehen?

    Lass uns konkret werden.

  10. 

    Ich finde imyohorengekyo spricht einen interessanten Punkt an.

    Die Frage, die sich stellt ist, ob man versucht für sich selbst einen Weg zu finden oder ob man den Weg den andere für sich gewählt zu haben kritisiert.

    Du scheinst zumindest teilweise letzteres im Sinn zu haben. Die Frage ist wozu man das macht.

    Ist es nicht eine Tatsache, daß eine ganze Industrie mit ,Buddhismus‘ ,Befreiung‘ und ,Glück‘ arbeitet um dem Verbraucher etwas zu verkaufen?

    Ja, das ist eine Tatsache. Und nun? Es wird auch viel Geld mit anderem Unsinn verdient. Zum Beispiel mit ungesundem Essen.

    Die Konsequenz, die ich daraus ziehe ist, dass ich versuche mich gesund zu ernähren und wenn ich darüber bloggen würde, würde ich gesunde Kochrezepte bloggen und keine Fast-Food-Kritik.

    Der Buddhismus um den es sich handelt bei dem was ich kritisiere ist genaue der Buddhismus den man überall sehen kann, wenn man sich für Buddhismus interessiert. Es ist der Buddhismus des naiven und unreflektierten Glaubens an Erlösung – ja ein christlicher Begriff, der da unversehens wieder auftaucht.

    Das kann ich so nicht bestätigen. Ich habe zu Beginn meine Meditationsgruppe sehr kritisch beobachtet und durfte feststellen, dass dort sehr viel sehr kritisch und reflektiert betrachtet wird. Mir fällt spontan niemand dort ein der ernsthaft an „Erlösung“ glaubt. Ich persönlich

    Das soll dich jetzt nicht davon abhalten zu kritisieren, ich wollte nur die unterschiedlichen Herangehensweisen aufzeigen.

  11. 

    imyohorengekyo und stoky

    Danke dafür daß ihr euch die Zeit nehmt um auf diesen Text einzugehen. Ich bin mir bewußt darüber, daß er auch deswegen schwierig ist weil er einige Polemik enthält. Allerdings glaube ich, daß eure Spekulation darüber was meine Motivation angeht, uns nicht sehr viel weiter bringt.

    Mir wurde schon weiter unten in einem Kommentar zu dem Dalai-Lama-in-der-Kochschow-Text unterstellt ich wäre frustriert darüber , daß mein Honeymoon with enlightment nicht ewig dauerte. Ganz falsch sind solche Vermutungen über Frustration, Ärger usw. nicht. Die Frage ist, was ist an Frustration und Ärger falsch? Darf man als Buddhist oder jemand der eine gewisse meditative Praxis kultiviert (letzteres gilt für mich, ich bin kein Buddhist) nicht über etwas frustriert sein? Darf man sich nicht ärgern? Da wären wir schon bei einem der Themen, die es zu besprechen gilt im offenen Gespräch: In vielen buddhistische Gruppen ist es verboten, Ärger in Hinsicht auf Aspekte der Tradition zu äußern. Ärger gilt grundsätzlich als nicht buddhistisch, weil man als Buddhist alle Emotionen unter Kontrolle bzw. völlig abgetötet haben sollte. Das ist ein Glaubenssatz, den man unausgesprochen oft findet. Ich kann dazu nur sagen, ein Mensch ohne Emotion ist ein toter Mensch.

    Aber der Reihe nach. Meine Polemik gilt nicht Euch, da ich euch und eure Praxis nicht kenne. Wenn also in euren Schulen und Sanghas alles in Ordnung ist, wunderbar.

    Das heisst auch, ich kritisiere nicht wegen der Lust, Anderen undifferenziert eins auszuwischen. Du stoky scheinst das zu vermuten. Ich habe in meinem Text angedeutet, was ich unter Kritik verstehe, Ende erster Absatz z.B.

    Die Polemik, die ihr vielleicht als Angriff auf jede Form von Buddhismus versteht, ist gegen diejenigen gerichtet, die das offene Gespräch wegen ihrer Indoktrination unbewußt verhindern oder sogar aktiv bekämpfen. Ich hab das anderswo so fomuliert:

    „Meine Polemik richtet sich gegen diejenigen, die dem „vorsichtigen Tasten“ ihre Lehrmeinung entgegen schleudern. Fragen die den Leerraum des Nicht-Wissens ertasten wollen, werden von denen prinzipiell als Einladung zur Belehrung verstanden und nicht als Einladung zum Gespräch. Der Leerraum des Nicht-Wissens wird immer sofort angefüllt mit dem richtigen Zitat. Eigene Worte, eigene Formulierungen, eigene Ideen, Gedanken, Wagnisse, Fantasien fehlen. Die Polemik ist, da brauchen wir uns tatsächlich nicht misszuverstehen, die Waffe der Selbstverteidigung gegen diejenigen die das Fragezeichen der Unsicherheit mit ihrer einhundertprozentigen Gewissheit niederschießen. Erst da wo die Tür denjenigen verschlossen ist, die schon immer alles wissen und das Fragezeichen als Schwäche und Gefahr betrachten, beginnt das offene Gespräch.“

    Soviel zu den Stichpunkten Kritik und Polemik. Meine Motivation habe ich ebenfalls in dem Text angedeutet. Im Vordergrund steht dabei Praxis, denken, lernen, verstehen, den Horizont weiten.

    Der zweiter Punkt meiner Motivation ist: Es gibt im Buddhismus Denkverbote. Seine Kommerzialisierung ist einer der Aspekte, die häufig nicht kritisch besprochen werden dürfen. Es ist dabei nicht so, daß man einfach was anderes ,essen‘ kann wie du stoky andeutest, da die Kommerzialisierung des Buddhismus diesen selber verändert und ihn letztlich zu einem Instrument machen kann und zum Teil schon gemacht hat, daß den Konsumkapitalismus und die Ausbeutung des Subjektes fördert. D.h. diese Form des Buddhismus erzeugt das Gegenteil von Freiheit.

    Weiter, drittens, besteht meine Motivation über Buddhismus heute nachzudenken darin, seine „Geschichtlichkeit“ zu sehen. Das ist kein Begriff den ich aus dem Hut zaubere. Er ist zusammen mit „Tradition“ und „Destruktion“ von immenser Wichtigkeit. Das geschichtliche Werden des Buddhismus nicht zu sehen, heisst für mich, seine eigenes bedingtes Entstehen nicht zu sehen – seine Abhängigkeit von sozio-kulturellen Kontexten. Meine Kritik richtet sich gegen eine versteifte Tradition, die einfach mit dem Hinweis darauf, das es schon immer so getan wurde, auch weiterhin so tut wie es schon immer getan wurde. Wenn das bei euch nicht so ist, wunderbar.

    Die Destruktion die ich als vierten Punkt meiner Motivation nenne ist eine Heidegger‘scher Begriff (kein Wort vom Buddha??? – da geht bei den meisten Buddhisten sowieso schon der Rollladen runter…) der nach den Quellen sucht, nach einer eigentlichen Motivation, nach einem ersten Punkt. Das sind sehr gefährliche Begriffe, weil sie sofort mit so etwas wie dem wahren Wort Buddhas verwechselte werden könnten. Darum geht es aber nicht. Im Buddhismus könnte es meiner Ansicht nach darum gehen, sich die zutiefst besondere menschliche Situation in der wir uns finden, klar zu machen. Der Ursprung von dem ich rede, von dem es gilt ihn von einer versteiften Tradition zu befreien, der erste Punkt, liegt in einem selbst und ist das Bewußtsein an sich – vielleicht das was du mit „komplett“ meinst imyohorengekyo.

    Das ist (m)eine Motivation. Jeder kann sich selbst fragen wie negativ das ist?

    Es gibt allgemeine Kritikpunkt, die ich allgemein formuliere. Jeder kann sich fragen, in wie weit man die in den jeweiligen Sangahs ansprechen kann, ohne daß gleich der ganze Saal die Luft anhält.

    Man kann das u.a mit folgende Aussagen testen.

    Das Wort des Buddha ist nicht mehr vernehmbar! Was wir hören sind Textredaktionen von Menschen die später lebten.

    Die Tradition in der man praktiziert ist austauschbar! Es gibt keine Rangfolge von näher oder weiter weg vom Buddha, da der ja eine Fiktion späterer Redakteuren ist.

    Buddhistische Zuflucht, oder jede andere Form der Hinwendung an bestimmte Schulen mittels ritueller Formeln ist leer, nicht wesentlich und führt sogar an der Sache an sich vorbei.

    Der Kaiser ist nackt. Oder anders gesagt, buddhistische Lehrer sind nichts besonderes. Wenn sie einem inkognito begegneten, woran würde man sie erkennen? Haben sie etwas anderes an sich als ihre, Formeln, Gewänder etc.? Was macht eine guten Lehrer wirklich aus?

    Was ist der Dharma? Ist er etwas anderes als ein leerer Signifikant wie „Erleuchtung“? Darf man in seiner Sangha seine Fantasie entfalten und sich seinen eigenen Dharma stricken? Seine eigene Befreiungslehre? Oder muß man es so und nicht anders machen, weil es schon immer so gemacht wurde.

    Es gibt da etliches was man fragen könnte. Jeder kann für sich prüfen, ob er in einer Sangha ist, in der man wirklich frei reden kann – und zwar in Form des offenen Gesprächs, welches, ich gebe es zu, natürlich zunächst in seiner Charakteristik klar gemacht werde muß. Im wesentlichen geht es dabei im etwas, was man gewaltfreie Kommunikation nennen könnte.

    Die aber kann eben erst da auftreten, wo die Unsicherheit über das eigene Vorgehen nicht sofort mit einem buddhistischen Ausrufezeichen niedergeschossen wird.

  12. 

    Danke für deine Antwort über die ich auch noch eine Weile nachdenken muss, weil sie so viel enthält.

    Nur ein paar kurze Anmerkungen:

    Natürlich darfst du weiter Kritik üben (unabhängig davon ob ich das für sinnvoll halte). Mein Beitrag sollte nur auf unterschiedliche Herangehensweisen hinweisen, die eventuell Missverständnisse erklärt.

    Es gibt allgemeine Kritikpunkt, die ich allgemein formuliere.

    Das ist dein gutes Recht, allerdings musst du dann natürlich damit rechnen, dass Menschen deine Kritik auf sich beziehen. Gerade wenn du von Geschichtlichkeit redest wäre es eigentlich spannend die Kritik zu präzisieren.

    Beim Umgang mit Kritik und Gefühlen gebe ich dir größtenteils Recht. Das Unterdrücken/Abtöten ist vermutlich mit das gefährlichste am heutigen Buddhismus.

  13. 

    Wie wichtig ist eine vermutete Motivation im Vergleich zu einem klaren Argument?

    Ich bin leider gezwungen, Dinge zu vermuten, weil deine Argumente nicht so klar sind, wie du selber annimmst. Auch deine Bezeichnungen sind nicht klar. Du verallgemeinerst und benennst z. B. nicht die Schulen und die Richtungen konkret, von denen du schreibst. Es heißt bei dir immer nur “der Buddhismus”, als ob der Buddhismus nur aus dem Vajrayana bestehen würde.

    Und natürlich ist die Motivation einer der wichtigsten Dinge, um einen Menschen kennenzulernen. Um einen Menschen besser zu verstehen, schaue ich zuerst nach seiner Motivation, wenn seine Argumente unklar sind.

    Du schreibst:

    Ein Beispiel ist die versteckte kausale Existenz, die jedem buddhistischen Lehrer unterstellt wird. Es wird immer vorausgesetzt, daß der heilige Lehrer einen besonderen ihn unterscheidenden inneren Wert hat.

    Nichiren schreibt zum Unterschied zwischen Menschen (Über die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben, 1255):

    […]zeigt folglich, dass die gewöhnlichen Sterblichen die Buddhaschaft erlangen können und die Leiden von Geburt und Tod in das Nirwana umgeformt werden können. Es besagt weiterhin, wenn die Herzen der Menschen unrein sind, so ist auch ihr Land unrein, sind aber ihre Herzen rein, so ist es auch ihr Land. Es gibt nicht zwei Arten Länder, reine und unreine. Der Unterschied liegt einzig im Guten und Bösen unserer Herzen.

    und weiter:

    Das gleiche gilt für einen Buddha und einen gewöhnlichen Sterblichen. Solange jemand in Illusionen lebt, nennt man ihn einen gewöhnlichen Sterblichen, doch ist er erleuchtet, nennt man ihn einen Buddha. Auch ein blinder Metallspiegel wird wie ein Juwel glänzen, wenn er poliert ist. Ein Herz, das gegenwärtig von Illusionen verdunkelt wird, die aus der eingeborenen Dunkelheit des Lebens stammen, gleicht dem blinden Metallspiegel, aber ist er erst poliert, so wird er klar und zeigt die Erleuchtung der unveränderlichen Wahrheit.

    Das mögen einige anders sehen, aber die Botschaft ist klar. Nicht Wert des Menschen macht den Unterschied aus, sondern wie sehr er “seinen Spiegel poliert”. Beim Nichiren-Buddhismus geschieht das durch Daimoku und im Zen durch Zazen.

    Du schreibst:

    Ein institutionalisierter Buddhismus verweist seit je auf einen Stufenweg, der Schritt für Schritt zur Erkenntnis führen soll.

    Eben das ist im Nichiren-Buddhismus auch nicht so.

    Das nur mal so als kleine Beispiele. Vielleicht ist ein anderer Buddhismus besser für dich geeignet. Ich bin immer noch der Meinung, dass ich in deinem Artikel Ärger und Enttäuschung spüren kann. Falls du glaubst, die Welt vor dem Dalai Lama retten zu können, lass es. Das erledigt sich mit Sicherheit von selbst. Die Zukunft hat schon längst begonnen.

    Und das mit der monetären Vermarktung einer Religion liegt meines Erachtens nicht an der Religion selber, sondern am kapitalistischen System, das sich einfach alles einverleibt und zum Geld machen verwendet. Da müsstest du schon das Wirtschaftssystem selbst abschaffen.

    Mich interessieren deine persönlichen Erfahrungen in deiner Praxis. Wie sieht es mit deiner menschlichen Entwicklung aus? Bist du vielleicht über diesem Thema, über das das du schreibst, zum ersten Mal aufgewacht?

  14. 

    Hallo imyohorengekyo

    Du machst dir ja wirklich Mühe, vielen Dank für deine ausführliche Reaktion.

    Ich denke einige meiner Fragen werden sich mit zukünftigen Texten klären, die ich plane. Was das „nicht konkrete anbelangt“ so ist es hier nicht mein primärere Gedanke bestimmte Schulen oder Richtungen anzugreifen. In dem Text stehen andere Gedanken im Vordergrund. Z.B. die Frage, Was ist Kritik? Andere wichtige Punkte sind Tradition, Destruktion, Die Versteckte Kausale Essenz, Das Offenen Gespräch, die Abwesenheit der Lehrer, Grundsätzliche Erkenntnisfähigkeit, der Zusammenhang von Tradition Geschichtlichkeit und Konstellation, das Original.

    Ich bin sicher der Stil meines kurzen Essays ist, wegen der von dir kritisierten Verallgemeinerungen und auch wegen der enthaltenen Polemiken, schwierig. Ich versuche die Reaktionen auf mein Schreiben einzuschätzen, um vor allem inhaltlich in Zukunft für tiefer gehende Diskussion zu sorgen. Von daher werde ich mir sicher überlegen müßen, wie polemisch ich sein kann ohne die Inhalte zu sehr in den Hintergrund zu drängen.

    Grundsätzlich folgendes: Mir geht es um Dich und Mich. Wenn der Text den du zitierst dir weiterhilft, prima. Ich habe auch solche Texte die mich inspirieren. In meinem Fall ist es z.B. Longchenpa, Tibet 14. Jhdt. Ich könnte ohne weiteres mein ganzes Blog pflastern mit Zitaten. Allerdings nutzt uns das nichts, so lange wir nicht in unseren eignen Worten versuchen mitzuteilen was uns an solchen Texten und ihren Inhalten wichtig ist und was wir meinen aus ihnen zu lernen. Das ist Das Offenen Gespräch, indem sich eine solche Auseinandersetzung entwickeln könnte. Mit Longchenpa scheint es wie mit Nichiren zu sein. Es gibt Leute, die eine ganz bestimmte Auslegung Jahrhunderte alter Texte für die einzig wahre halten und ihre Auffassung auch mit „Feuer und Schwert“ nicht nur verteidigen, sondern auch unter die Leute bringen.

    Wenn es um Dich und Mich geht, um uns Menschen aus Fleisch und Blut, dann sollten wir uns zusammensetzen und sehen was uns unserer Auslegung alter Erkenntnisse bringt. Natürlich müßen wir uns dabei auf Lehrer beziehen – wir stehen auf den Schultern von Riesen – aber wir müßen diese auch einschätzen. Deshalb z.B. die Frage nach der versteckten kausalen Essenz.

    Wenn für dich deine buddhistische Richtung ok ist, freut mich das für dich. Warum aber gerade die? Was ist das was dich besonders an sie bindet? Du schreibst von einem „anderen Buddhismus“ der für mich vielleicht besser geeignet sein könnte. Gibt es verschiedene Buddhismen? Ich denke nicht. Es gibt im Prinzip nur einen Buddhismus. Das ist der, der sich desto mehr in Luft auflöst, je genauer man hinsieht. Der andere Buddhismus ist der, der behauptet irgendwo dort draussen, in dieser oder jener Praxis, in diesem oder jenem Text, in dieser oder jener Person verkörpere sich die Erlösung von allem Leid. Genau das aber ist ein Essenzialismus, der sich im Buddhismus der sich in Luft auflöst verbietet – wobei natürlich das auch wieder ein Essenzialismus ist das so zu sagen. Das ist das große Paradox.

    Also ich hoffe, wir können trotz aller scheinbarer Differenzen im Gespräch bleiben und langsam aber sicher eine Basis entwickeln, auf der im deutschsprachigen Raum aus dem Buddhismus mehr werden kann als der esoterische Misch-Masch, der er zum großen Teil heute ist.

    Dabei wird vielleicht auch noch mehr über seine Vermarktung zu sagen sein – denn wenn man Bedingtes Entstehen ernst nimmt kann man den hier entstehenden Buddhismus nicht unabhängig sehen von seiner Vermarktung – und auch was persönliche Erfahrung angeht, Praxis, persönliche Entwicklung, wird mehr zu sagen sein. Für letzteres allerdings braucht es definitiv einen geschützten Raum in dem man darüber reden kann.

  15. 

    Ich würde dir raten, dich mit der Polemik etwas zurückzuhalten und etwas konkreter zu werden. Damit machst du es mitr als Leser einfacher, deinen Gedanken zu folgen. Da ich mir selber auch Gedanken über solche Inhalte mache, habe ich ein Interesse daran, möglichst klar und leicht folgen zu können.

    Allerdings gibt es Menschen, die eine ganz bestimmte Auslegung alter Texte für die einzig wahre halten und ihre Auffassung mit Gewalt verteidigen und verbreiten. Eine ziemlich üble Sache, wie ich finde. Allerdings gibt es auch alte Texte, die keiner Auslegung bedürfen. Dazu zählen für mich zum Beispiel buddhistische Texte, die die Gleichheit aller Menschen zum Inhalt haben. Daran ist nichts auslegungsbedüftig. Auslegungsbedüftig sind für mich eher Stellen aus den Sutren, die märchenhafte Bilder benutzen, wie der Juwelenstupa aus dem elften Kapitel des Lotos-Sutras.

    An meine buddhistische Richtung binden mich intellektuell die “modernen” Inhalte, wie Gleichheit aller Menschen und Erleuchtung sofort im Hier und Jetzt. Praktisch gesehen bewirkt dieser Buddhismus viel Gutes in meinem Leben.

    Ich finde auch auch, dass es “im Prinzip” nur einen Buddhismus gibt. Aber auch wirklich nur im Prinzip. Es muss unbedingt verschiedene Schulen und Richtungen geben, weil es auch verschiedene Arten von Menschen gibt. Ich kenne Menschen, die sind intellektuell wirklich nicht in der Lage, einem Absatz deiner Artikel zu folgen. Aber es sind tolle, wichtige Menschen. Andererseits wäre ich (und du wahrscheinlich auch) unterfordert, wenn es keine Philosophie und etwas zum Nachdenken im Buddhismus gäbe. Da ist auch meine größte Kritik am Nichiren-Buddhismus zu finden. Er ist im Prinzip ein “Einfache-Leute-Buddhismus”. Vieles muss man sich aus anderen Quellen holen, wenn man etwas über buddhistische Philosophie lernen möchte. Aber sind wir mal ehrlich: Die meisten Menschen sind einfache Leute. Und daher ist diese Art von Buddhismus nicht grundsätzlich falsch. Der Mahayana ist wohl auch aus diesem Anspruch entstanden.

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  1. Religion als Wissenschaft des Geistes « Säkularer Buddhismus - Februar 1, 2012

    […] Vor einiger Zeit hatten imyohorengekyo und ich den Unbuddhisten dafür kritisiert, dass er von seinen Erfahrungen aus dem tibetischen Buddhismus auf alle Schulen […]

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