Archive für 30.11.99

MaoAusPorzellanAls letzte Geschenkidee zum Heiligen Abend 2015 etwas Spezielles für eine Personengruppe, die normalerweise nicht genügen gewürdigt wird. Es handelt sich um den Crossover aus Esoterik und Kommunismus. Was der Laie nicht kennt, bestaunt der Fachmann: Menschen die, ohne sofort erkennbare kognitive Dissonanz, eine Melange schaffen zwischen einer wie auch immer marxistisch inspirierten Weltanschauung und einer diffusen, irgendwie fernöstlich-neobuddhistisch durchtränkten Feinstofflichkeit. Da beginnt der RAF-Nostalgiker plötzlich über Zen zu sinnieren, der von Bagwahn bekehrte schwelgt in Heimweh zur guten alten DDR, der ehemalige KB-Kader findet nun Trost beim Handauflegen oder der vermeintlich von einer kritischen Theorie geleitete vergleichende Religionswissenschaftler erklärt nach dem dritten Bier kategorisch, man müsse nur richtig meditieren, um alles zu verstehen. Für diesen Personenkreis bietet sich als Geschenkidee zur Weihnacht, der ebenfalls von Asiatides vertrieben Porzellan-Mao an. Gewährsmann für die überragende spirituelle Relevanz Maos für einen Buddhimus-Kommunismus-Merger ist der allseits beliebte Dalai – Pop – Lama. Er erlag schon als junger Mann, bei einer Reise nach Peking, Maos Charisma und bezeichnet sich seit dem immer mal wieder gerne als Marxisten.

EsoterikHohlkopfEine Fälschung, und nicht vom schon erwähnten Hersteller Asiatides, ist dieser Esoterische Hohlkopf. Wie die Bezeichnung zweifelsfrei anzeigt, befindet sich im Inneren des Kopfes lediglich ein mit Luft gefüllter Hohlraum. Der Esoterische Hohlkopf ist eine typische Erscheinung des Buddhismus im Westen. Der Hohlraum ist Ausdruck des Missverständnisses, dass es sich bei der in der asiatischen buddhistischen Philosophie bekannten Theorie von der Leere, um ein Nichts handele – einem Missverständnis, dem schon Leibniz und Hegel aufsaßen. Auch wenn dieser Hohlkopf eine grosse Verbreitung gefunden hat und praktisch in jedem Baumarkt erhältlich ist, sollte man ihn unter keinen Umständen als Weihnachtsgeschenk erwägen. Tatsächlich gilt eine derartige Darstellung eines Buddha in Asien als Sakrileg. Der Esoterische Hohlkopf gilt unter Fachleuten als typische Erscheinung des spätkapitalistischen Wellness- und Feelgood-Fetisch und ist strukturell gesehen lediglich eine Variante der Umnachtung.

BuddhaBannungAuch sehr schön von Asiatides dieser Buddha. Es handelt sich um einen so genannten BannBuddha. Seine Rechte ist in der Geste des Bannens erhoben. Er eignet sich ausgezeichnet dafür, im Eingangsbereich einer edelbuddhistischen Behausung aufgestellt zu werden, um dort das traute Heim vor dem so genannten Esoterischen Hohlkopf zu beschützen. Gerade dieser ist es ja, von dem sich der yogisch gestählte, vegan erwachte und häufig auch mit akademischer Bildung versehene Edelbuddhist abheben muss. Die Banngeste sorgt in dieser Hinsicht für Sicherheit und zerstäubt zusätzlich automatisch auch unangenehme karmische Energien. Aufgeladen wird der BannBuddha vom örtlichen Diplom-Lama. Die Ladung muss einmal jährlich erfolgen und ist bis auf eine angemessene Dāna kostenlos. Der BannBuddha lässt sich sehr gut mit der Theorie der Leere kombinieren, die dann im eigentlichen Wohnbereich angebracht wird.

BuddhaZufluchtAuch der Buddhist sucht zur Feier des Christkindes ein Geschenk.

Bei Asiatides finden wir dieses sehr schöne Buddhismus-Accessoire aus Porzellan, das auch dem gehobenen Anspruch an Erleuchtung im Wohnzimmer gerecht wird. Asiatides macht beim Erbauungsdesign keinerlei Zugeständnisse an den Zeitgeist des Kitsches, der leider immer noch den Buddhismus im Westen fest im Griff hält und der von Buddhas auf Fussmatten und Klodeckeln über Buddhagummibärchen und ähnlichen spirituelle Süßigkeiten bis zum Diplom-Lama reicht. Die Buddhafiguren von Asiatides sind in schlichtem und edlem Weiß gehalten und vermitteln, sofern sie im gediegenen Wohnambiente zu finden sind, den Eindruck eines Edelbuddhismus, der sich vom niederen Erleuchtungsgetue wohltuend abhebt. Distinktion ist hier angesagt. Ein paar auswendig gelernte Zitate von Dogen, Tsongkapa, Chandrakirti oder Nagarjuna, sind in solchem Ambiente dann das Tüpfelchen auf dem i und sorgen umgehend für angemessene Bewunderung.

Die Abbildung zeigt einen Gandhara-China-Crossover-Bodhisattva: Seine Rechte zeigt die Geste der Theorie der Leere.