Der Fall Sogyal: Das Buch vom Leben und Lügen

M. Steingass —  14.8.17

In der SZ-International erschien am 13.8. ein Artikel unter dem Titel The Tibetan Book of Living and Lying. Für diejenigen die das Buch von Sogyal aus Lakar studiert haben, um zu sehen, was er wirklich an buddhistischer Philosophie drauf hat, war schon immer schnell klar, dass es bei ihm in der Hinsicht nicht weit her ist. Das sei hier als Kurzmeldung so stehen gelassen. Im Artikel in der SZ-International wird ein holländischer Journalist zitiert, der das noch einmal klar herausstellt.

 

„Das Schweigekartell muss gebrochen werden“, kommentiert Rob Hogendoorn, der seit Jahren Missbrauchsfälle in buddhistischen Zentren dokumentiert. Er stellt sogar Sogyal Lakars Legitimation als buddhistischen Lehrer in Frage. Hogendoorn bezeichnet ihn als einen absoluten Betrüger. „Er ist ein Scharlatan, der einen auf Guru macht. Hat irgend jemand einen Beweis dafür gefunden, dass er wirklich zu einer Reinkarnation erklärt wurde, bevor er Tibet als Kind verlies? Wo sind die Beweise dafür, dass er wirklich eine traditionelle religiöse Ausbildung erhielt oder dass er tatsächlich für mehr als ein Semester vergleichende Religionswissenschaften in Cambridge studierte? In den 70ern war der tibetische Buddhismus brandneu im Westen, wir hatten kein Internet um zu recherchieren und ich denke Sogyal ergriff die Gelegenheit, um sich selbst als Meister in Szene zu setzen.“ [meine Übersetzung]

Sogyal Lakar behauptet seine Ausbidlung, seine Einweihungen – durch seinen Onkel etwa – die er schon als 7-jähriger erhalten haben soll, aber es gibt keine Belege von unabhängiger Stelle für diese biografischen Details. Das ist bei anderen tibetischen Würdenträgern, wie etwa dem dalai Lama, anders. Sogyal beschreibt seine angeblich ganz besonderen Status, den er schon als Kind inne gehabt haben soll. Wenn man jedoch im Internet recherchiert, findet man zwar zuhauf Details über den kleinen Sogyal der Handabdrücke im Fels hinterlassen haben soll oder der eine Statue von Padmasambhava sich bewegen gesehen haben soll usw., die üblichen  Mythen also, die in Tibet in Bezug auf hohe buddhistische Würdenträger kursier(t)en und die im Westen oft kritiklos übernommen werden, alles aber geht immer wieder zurück auf z.B. rigpa.wiki und ähnliche Quellen – also auf hauseigene Quellen der Anhänger des Rigpa-Kultes. Es gibt meines Wissens keine unabhängigen biografischen Recherchen zum Fall Sogyal.

Die braucht man allerdings auch nicht unbedingt, wenn man sich als Buddhist eine klaren Verstand bewahrt. Es gibt sehr auffällige Anzeichen, dass es bei Sogyals autobiografischer Selbstdarstellung nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Die merkwürdige Anmerkung #1 ist in dieser Hinsicht das auffälligste.

Man muss hier auch wieder einmal auf diejenigen Institutionen zurückkommen, die den Buddhismus allgemein repräsentieren sollen. Was für Leute sitzen da eigentlich, die einen derartigen Mumpitz durchgehen lassen – einen Mumpitz der mit Mahayana-Philosophie soviel zu tun hat, wie die lila Milka-Kuh mit moderner Landwirtschaft? Die Antwort kann eigentlich nur sein, dass das esoterische Gerede in einem solchen Buch, und die supernarzisstische Selbstermächtigung die sein Autor betreibt, als der wahre Buddhismus durchgehen. Das aber ist für jede Person die ernsthaft über Buddhismus nachdenkt eine Lachnummer – wenn das was Typen wie Sogyal anstellen nicht so traurig wäre.