Keine Meditation!

M. Steingass —  21.3.12 — 25 Kommentare

The english version of this essay you find here.

Dies ist die Übertragung der englischen Version eines Textes der schon im  September 2011 entstand – kurz nachdem ich Glen Wallis‘ Speculative Non-Buddhism kennen lernte. Der Text ist ziemlich komprimiert und enthält eine Menge Stichwörter (mit Asteriskus versehen), die weiter ausgearbeitet werden müßten. Die wesentliche Aussage ist die, daß bestimmte Techniken die unter dem Stichwort „Meditation“ zusammengefasst werden könnten, bestenfalls eine Hilfestellung sind – eine Hilfestellung zur Verbesserung dessen das was den Menschen eigentlich ausmacht: Seine Erfahrung als soziales Wesen.

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Bewußtsein ist eher ein Tanz als ein Akt der Verdauung
Alva Noë

Es passiert eine Menge. Man ruht, man macht sich Gedanken, man hat Gefühle der Körper meldet sich. Es gibt das Durcheinander einer Vielzahl von Wahrnehmungen und es gibt offensichtlich ordnende Instanzen in unserem System die dafür sorgen, daß wir uns über all das explizit Gedanken machen können, ohne in der Fülle der Information unter zu gehen. Es gibt auch den Punkt nicht-gedanklicher Präsenz, das wandern der Aufmerksamkeit, physiologische Effekte und solche die sich vielleicht im Verhalten, in Einsichten, Ideen oder schlichter Ermüdung wieder spiegeln. Was es nicht gibt, ist Meditation.

Wir sollten die Sache umdrehen. Es geht nicht darum zu erklären was „Meditation“ ist. Es geht darum nach Erfahrungen zu suchen, die bestimmten Eigenschaften des Bewußtseins ausmachen bzw. sich solche Eigenschaften bewusst zu machen. Es geht um Erfahrungen, die man beschreiben kann. Es geht nicht darum von einer Repräsentation zu einer Erfahrung zu gelangen, sondern um den umgekehrten Weg. Der Punkt ist, man sollte neue Wege finden Erfahrung zu beschreiben. Über „Achtsamkeit“ zu reden ist beispielsweise nicht das reden über Achtsamkeit: Es ist oft das Reden über etwas worüber man in einer Reihe teurer Seminare reden gelernt hat. Das um was es geht, ist nichts angelerntes sondern gegeben. Es ist in der menschlichen Situation in der wir leben gegeben. Und es ist umsonst — was es in unserer ökonomischen Kultur wertlos macht.

Es geht darum für die gegenwärtige Erfahrung einen Ausdruck zu finden. Im Gespräch einen Ausdruck finden für Erfahrung, das ist der kreative Gedanke in Aktion … inklusive aller Komplikationen der Gegenseitigkeit die das mit sich bringt.

Aber lasst uns dieses Wort vergessen und statt dessen Erfahrung machen.

Wie entsteht Bedeutung in Interaktion? Im hin und her des Gesprächs, auf allen Ebenen? Auf der der Sprache selbst mit all ihren Feinheiten? Gestik, Mimik, Haltung des Körpers – was sagt das? Kann man das wahrnehmen? Diese Beobachtung ist wichtig, sie kann geübt und verfeinert werden. Das Schnelle, kaum Sichtbare, Flüchtige, mit dem all diese sozialen Gesten auftreten, lässt sich kaum bewusst verarbeiten obwohl es in jedem Schritt der Bedeutungsentfaltung diese beeinflusst, formt oder überhaupt erst ermöglicht. Sieht man wie die Bedeutung entsteht? Man kann die Wahrnehmung verfeinern und sich ganz und gar zu dem Bewußtsein machen, das diese Bedeutungen entfaltet. Sich selbst gegenüber die Objekthaftigkeit verlieren, und sich hinreissen lassen von diesen Reizen die die Interaktion begleiten und formen. Dieses körperliche der Gefühle, die tanzenden Gedanken, das aufschießen der Emotionen, ein Gedankenblitz der wie magisch im Sekundenbruchteil ein Verständnis aufscheinen lässt und natürlich die trägen Träumereien im Park, an einem Sommernachmittag im Schatten eines Baumes, wenn Liebende in ganz besonderer Weise sprechen. Auch sie beschwören die Bedeutung in einem Zauber der ihnen ganz natürlich erscheint und einfach so gegeben ist.

Die Maschine verlernt uns das. Das Facebook macht uns gesichtslos. Aber das Sensorium lässt sich trainieren. Es gibt ein paar vorbereitende oder begleitenden Übungen, wie etwa die Beobachtung des Atems oder diejenige die Aufmerksamkeit auf den Hund in der Ecke zu richten. Das heisst es gibt Übungen zur Schärfung und Fokussierung der Aufmerksamkeit. Aber das ist kein Ziel an sich. Die Wichtigkeit liegt in den Fähigkeiten die von solchen Konzentrationsübungen weitergehend entwickelt werden können. Soziale Fähigkeiten die einen in die Lage versetzen die permanente Entstehung von Bedeutung zu beobachten bzw. sich deutlich zu machen wie wir ständig sozusagen aus dieser Bedeutungsgebung heraus entstehen. Dialogtechniken wie beispielsweise etwa Ruth Cohns Themenzentrierte Interaktion, der Bohm‘sche Dialog oder Gene Gendlins Focusing könnten hierbei helfen. Die Entwicklung der Fähigkeit die Bedeutungsentstehung in der Interaktion zu beobachten und damit auch zu lenken verbreitert die Palette der Verhaltensmöglichkeiten einer Gruppe. Die Ideologie* des eigenen Denkens wird so erstmals sichtbar. Seine geheime narkotisierende Wirkung könnte gebrochen werden. Es wird klarer, daß die Ideologien die wir sind nicht naturgegeben sind, sondern aus sozialer und kultureller Evolution heraus entstehen. In diesem Sinne können einfache Technik wie etwa das Ruhige Verweilen* Teil eines größeren Spektrums von Praktiken sein die diese Einsichten ermöglichen.

Meditation ist keine Option mehr

Aus Sicht der Interaktion ist es zunächst egal, ob es so etwas wie reines Gewahrsein oder eine reine Apperzeption gibt. Aus der Sicht von jemandem der eine Erfahrung von Nicht-Denken macht, ist diese Frage einfach nur ein weiterer Gedanke und Nicht-Denken mag auch einfach nur ein weitere Form des Denkens sein – möglicherweise die Präsenz an sich, die aus einem intrikaten neurochemischen Sein heraus entsteht, ohne daß man noch die neurologischen Subsysteme wahrnehmen könnte, aus denen heraus sie entsteht, die Präsenz. Im Kontext der Interaktion ist wichtiger, daß von hier aus, von einer möglichst genauen phänomenalen Selbst-Erfahrung die Kontingenz und Konstruiertheit individueller Gedanken, Gefühle, (Re)Aktionen usw., also der gesamtenen Subjektes, besser gesehen werden kann – was dann in der Interaktion dazu verhelfen kann, Dasein in eine bessere, lebensfreundlichere, nicht-gewalttätige Richtung zur bewegen. Erst in einem zweiten Schritt werden die ontologischen Fragen wichtiger. Wie etwa ob es eine universelle menschlich-innerweltliche Erfahrung gibt oder ob diese kulturell bedingt sind.

Sicher, es ist interessant zu sehen wie weit man in die Mikrostruktur des eigenen Bewußtseins eindringen kann, wie fein die Introspektion werden kann: sich auflösenden Gedanken, die Lücken zwischen ihnen, eine Art Geblubber aus dem ein neuer Gedanke entsteht, das Halten der Präsenz, das Zerschlagen jeder Diskursivität im Augenblick ihres Entstehens. Immer wieder. Bis die Schläge einer Glocke zu wabernden Wellen werden die den Raum verzerren und die Farben grell aufleuchten lassen als ob Lucy es wieder getan hätte – in einer kaputten Kognition aus immer verrückter werdenden Blenden der Einbildung die die Welt zersetzen bis an die Ränder des entspannten Nichts einer indifferenten Natur die durch meine Augen sieht.

Indifferenz und Resonanz

Trotzdem aber muß eine Entscheidung gefällt werden. Wie soll man indifferent sein wenn man gleichzeitig die Resonanz spürt? Die Auslöschung ist sicher und die Spiegelneuronen feuern trotzdem! Moderne buddhistische Ideologie bietet hier keine Hilfe. Als der Tsunami letztes Jahr im März Japan traf, erreichte mich eine E-Mail mit der Bitte, Mantras für die leidenden Menschen dort zu rezitieren. Ok… aber die Frage ist doch, wie beeinflußt intrabewußte Praxis die interbewußte?

Und gibt noch einen weiteren Aspekt was das Trainings des Bewußtseins hinsichtlich einer besseren und genaueren Selbst-Bewußtheit angeht, was die Wahrnehmung der Partikel des Selbstes angeht. Abgesehen von der Frage der Entscheidung* (im Sinne von François Laruelle), des reinen Bewußtseins, und der phenomenal primitives* etc. gibt es auf der Ebene der Interaktion, des sozialen Lebens, Kräfte die die Kommodifizierung der Aufmerksamkeit selbst betreiben: die Bewußtseinszeit* wird mit Zeitobjekten der Kulturindustrie synchronisiert. Das Bewußtsein ist mit einer normalisierenden Kraft verbunden und wird von dieser mit ständigem Input versorgt. Das Subjekt entsteht so überhaupt erst. Im weitesten Sinne ist es der gesamte gesellschaftliche Kontext, mit sämtlichen Werten und Normen die über ein Netz von Institutionen verteilt werden, der die Person heute auf eine Weise erzeugt, die bei dem Eindruck maximaler Freiheit maximale Ausbeute gewährleistet. Die Institutionen der Kulturindustrien beuten das Subjekt heute zunehmend über einen Kurzschluß* aus, der zur Folge hat, daß jede langfristige Verantwortung einer kurzfristigen, d.h. sofortigen, Triebbefriedigung geopfert wird. Es ist eine autopoietische Struktur die zu ihrer Stabilisierung unter anderem die Ilussion erzeugt, daß ihr Außen unbewohnbar oder sogar undenkbar ist, während das Innere dem Nirvana entspricht. Der Ausstieg ist keine Option. Es gibt kein Lassen, es muß etwas getan werden.

Entwöhnung

Es muß eine Entwöhnung von dieser Infusion geben. Das Problem ist nur, daß es nicht etwas Neues sein kann, da „etwas Neues“ immer noch mehr Inhalt ist, den die Normalisierungsmaschine sich einverleiben wird.* Nacktheit könnte eine Antwort sein, sozusagen die Abwicklung dieser Maschinerie, die jeden kreativen Impuls in etwas Auszubeutendes verwandelt – jeden! Welche Wege gibt es aus der Selbstverwirklichung? Man kann das Problem sehen, wenn man den X-Buddhisten zusieht die die farbenfrohe Folklore eines nicht-leeren leeren Tantra praktizieren, das kontingente Gewebe eines vielfach historisch gewebten Stoffes, der aus tausend Mündern einer stummen Vergangenheit flüstert; man sieht es, wenn man die elaborierten Rituale des Zen verfolgt, genauso wie beim Dalai Mit-uns in einem der gigantischen Zirkuse voller mantramurmelnder wahren Gläubigen – anstatt für einige Momente nur das Geklapper aus der Küche zu hören, über den Flur und in das Ohr; oder nur dem Gehweg zu folgen, dem Gewusel der Stadt in einem Chaos von Klängen und Farben; oder beim Spaziergang den Hauch eines verwehten Duftes zu spüren, der wie magisch, plötzlich, eine gänzlich unvermutete Erinnerung beschwört, eine an die man sich Jahre nicht erinnerte und mit der man spürt, welche fasrig-sprödes Gewebe man ist – wenn es so leicht, durch einen Hauch nur, sich bewegen lässt. Eine Erinnerung aus längst Vergangenem. Der Blick an einem Sommertag unter den Weiden hindurch auf einen Fluß, von dem die Reflexe des Lichtes auf dem Wasser wie kleine Spitzen durch die Zweige schießen, während man faul im Schatten liegt, satt vom reichen Leben nur eines einzigen Nachmittags, mit der Sonne die in Flocken durch die Blätter schneit. – Aber natürlich ist das Kitsch. Wie soll man Kitsch unterscheiden von Erfahrung in einer Zeit in der das Immanente selbst verbraucht ist – wenn es Authentizität heisst und wenn das einzig wirklich authentische ein überriechender Junkie ist oder ein Penner in der Kälte am Boden, besoffen, mit offenen Beinen und beinnahe schon am verwesen? Was ist da Immanenz, dieser stinkende Tod oder eine verworrene von merkwürdiger Meditation verwirrte ganz und gar nicht leere leere Existenz?

Gemeinsam mit einem Training, mit einem ruhigen Verweilen beispielsweise als Gegengift wider die Infusion der Kulturindustrien – die die Zerstörung jeder Verantwortung sind – muß es eine Kultivierung des Wissens geben, des Wissens über die Konstruiertheit des Wissens. Das ruhige Verweilen, das klare wache, gewisse Ruhen im Fluß eines noch nie gewesenen Augenblicks, muß ein Katalysator dafür sein, einen Weg zu öffnen in ein Draussen-das-nicht-draussen-ist. Ein Draussen das sich mir nicht erschließt ohne das bedingte Innen und das damit niemals ein wirkliches rettendes Jenseits sein kann; das sogar nur in mir, in der Unwirklichkeit der Erinnerung, die keine rettende Sicherheit in einer Selbstsicherheit zulässt, so zur eigentlich wirklichen Unsicherheit wird.

Wie auch immer, der Entzug ist auch eine politische Affäre weil er die individuelle Verantwortung fordert und wieder hervor bringt. Eine Verantwortung, welche in der Politik wie auch im Buddhismus mit seinen Lamas und Roshis bis zu dem Punkt erodiert ist, daß das Benehmen eines infantilen Windeies zum letzten Schrei wird.

Das Situationsbewußtsein das mit der Verantwortung entsteht – das vielleicht etwas mit dem Ideal des Bodhisattva zu tun hat – beide Eines, das ohne das andere nicht existiert, könnte die Basis sein auf der sich endlich ein Gespräch entwickeln könnte. In diesem Moment, nur durch den Versuch ein ehrliches Gespräch zu beginnen, ein herzliches, ohne jeden Anflug von Kraft und Stärke oder von Selbst-Behauptung verzerrtes Gespräch, in diesem Moment könnten sich diese Qualitäten entfalten.

All das könnte eine Basis bilden für etwas viel Größeres. Aber zuerst geht es darum, die Umstände zu schaffen in denen überhaupt erst ein Gespräch stattfinden kann. Im westlichen Buddhismus gibt es das meistens nicht. Das Wort kommt immer von dem Typ der vorne sitzt, von dem Typ der mit der notwendigen Investitur ausgestattet ist, mit den Paraphernalia der Macht, die ihm seinen Monolog gestattet. Aber das alles ist nur eine Maskerade, eine Indianerspiel wie wir es als Kinder spielten, eine Maskerade die so tut als ob die Hierarchie nie verloren gegangen sei – als die Disziplin verloren ging und die Kontrolle entstand.

Sprechen

Das Gespräch würde bedeuten Gruppen entstehen zu lassen, in denen Gleichberechtigte hierarchielos zusammen treffen um einen Raum der Beschreibung von Erfahrung zu schaffen. In diesem würden verschiedene Gesetzte den Austausch regeln. Zum Beispiel „die Wahrheit ist der Tod der Kommunikation“ oder „jede Erinnerung ist eine Fiktion“ oder „Es gibt kein hohepriesterliches Wissen, das nur den wahrhaft Glaubenden offenbart wird“ –  und: jeder Versuch sich mitzuteilen ist frei innerhalb der Grenzen von „das ist das, so wie ich es verstehe“. Gleichzeitig nimmt der immer bereite, affektive, allwissende Kritiker einen der hinteren Sitze ein und hält die Klappe. Es gibt viele Modelle eine Umgebung zu schaffen, die eine offene und kreative Atmosphäre für das Gespräch als Erfahrung schafft.

Aber immer im Präsens! – und lasst uns „Nein!“ sagen zur Meditation.

25 Antworten zu Keine Meditation!

  1. 

    Ein paar spontane Gedanken zu dem obigen Text:

    Der Anspruch ist der Feind des Wirklichen!
    Im ersten Absatz beschreibt der Autor Phänomene, die er im Körper-Geist-Apparat beobachtet und kommt zu dem Schluß: „Was es nicht gibt, ist Meditation.“ Daraus wird ersichtlich, dass er einen Begriff, eine Vorstellung von „Meditation“ hat – sonst könnte er nicht sagen, die beschriebenen Phänomene wären NICHT Meditation. (Eine simple Logik: Ich kann nur behaupten, dass etwas NICHT sei, wenn ich Kenntnis davon habe, was es IST.) Er bemerkt dabei gar nicht, dass er soeben die beste Beschreibung von Meditation gegeben hat: einfaches Gewahrsein von dem, was im wahrnehmenden Geist erscheint. Mehr wollte Meditation nie sein, außer in der Anspruchshaltung spiritueller Sucher. Die konstruieren nämlich regelmäßig einen Widerspruch zwischen dem bösen Ego (mit seiner unspirituellen Neigung zu Ablenkung und Bedürfnisbefriedigung) und der heiligen Meditation, die quasi das Gegengift dazu sein soll. An diesem Dualismus hat sich schon mancher Esoteriker dauerhaft blamiert.

    Der Autor schreibt weiter: „Es geht nicht darum zu erklären was „Meditation“ ist.“
    Im nächsten Satz macht er aber genau das: „Es geht darum nach Erfahrungen zu suchen, die bestimmten Eigenschaften des Bewußtseins ausmachen bzw. sich solche Eigenschaften bewusst zu machen. Es geht um Erfahrungen, die man beschreiben kann.“ Das IST zumindest der Versuch einer Erklärung von „Meditation“. Allerdings ein falscher: was ist mit den Erfahrungen, die nicht beschreibbar sind? Und um diese Nicht-Erfahrungen – besser: um den Raum, innerhalb dessen Erfahrungen kommen und gehen – geht es Meditation.

    Da gibt es nichts zu tun oder zu beschreiben – stille Aufmerksamkeit ist genug. Dass man diese weder herstellen noch verhindern kann, gehört zu den nötigen Paradoxien von Meditation und Bewußtseinstraining.

    Die Lust des Autors am Philosophieren ist spürbar, und sei ihm unbenommen! „Partikel des Selbst“, „Bewußtseinszeit“, „Kommodifizierung der Aufmerksamkeit“… sind natürlich gewichtige Wörter, die Bedeutungsschwere und Tiefgang einer Sache signalisieren, die doch nur Philosophie, im Klartext also Spekulation, bleibt. „Philosophie ist, wenn ein Schornsteinfeger nachts in einem Tunnel nach einer schwarzen Katze sucht, die es nicht gibt“, um mal einen Weiseren als mich zu paraphrasieren. Im Übrigen ist die Conclusio des Abschnitts (“ Im weitesten Sinne ist es der gesamte gesellschaftliche Kontext, mit sämtlichen Werten und Normen die über ein Netz von Institutionen verteilt werden, der die Person heute … erzeugt..“) auch nur die simple EInsicht, das das Ich (the Mind) ein substanzloses Konglomerat von Eindrücken und Erinnerungen ist, die uns Eltern, Lehrer, Priester, Politiker usw. vermittelt haben. Das hat Gautama genannt Buddha und andere aus seiner (oder aus anderen) Tradition(en) schon besser gesagt, lieber Unbuddhist.

    Und nun?

  2. 

    Lieber Sukhan

    Natürlich bemerke ich daß ich eine Beschreibung von Meditation gebe. Die Betonung liegt aber auf „eine“ – und damit auf dem Problem, um das es (auch) geht. Du sagst, das und das ist Meditation. Ja natürlich, für dich. Aber von den Tänzen der Sufis, über rituelle Tänze verschiedener afrikanischer Stämme, über die Praktiken der Wüstenväter, über christliche Mystiker des Mittelalters, über schamanische Praktiken rund um den Globus, über moderne esoterische Praktiken, in denen wiederum eine Vielzahl verschiedenster Einflüße synthetisiert werden, bis hin zu der Unzahl buddhistischer Praktiken – alles wurde schon als ‚Meditation‘ bezeichnet. Das ist das Problem, wenn man sich über ‚Meditation‘ unterhalten will.

    Was ich versuche ist eine Differenzierung um zu einer klareren Sprachregelung zu kommen und vor allem um sich besser zu verstehen. Wenn du jetzt sagst, das was ich beschreibe ist doch eigentlich einfach Meditation – d‘accord! – dann bin ich einer Meinung mit dir. Dann haben wir uns verstanden. Sobald wir aber rausgehen und wieder nur über Meditation reden, versteht jeder der an unserer Sprachregelung nicht teilgenommen hat wieder nur das was er im Kopf hat. Verstehst du auf was ich hinaus will?

    Das ist nämlich noch ein Punkt, den du vielleicht gar nicht beachtest hast, daß ich nämlich sehr viel Wert auf Kommunikation lege und eines der Anliegen in diesem Text ist eben das offene Gespräch. Sich darüber zu unterhalten, welche Erfahrungen man macht. Ein Punkt dabei ist, daß viele Erfahrungen die mit viel Brimborium als ,Meditation‘ verkauft werden, möglicherweise ganz alltägliche Erscheinungen sein könnten.

    Daß sie es nur sein könnten ist ein weiterer meiner Punkte in diesem Text, der auch dich interessieren könnte, weil du ja manchmal nicht gerade unlinke Standpunkte vertrittst: Die einfachsten menschlichen Erfahrungen, wie zum Beispiel eine ruhige, gelassene Entspanntheit (in der Tat, das könnte man „meditativ“ nennen), werden vielen Menschen aus verschiedenen Gründen verunmöglicht. Ich habe das teilweise in „Meditation und Kontrolle“ versucht zu erklären. Das ist eine immens politische Sache. Das Bewußtsein selbst wird zu einem Rohstoff. Das ist die „Kommodifizierung der Aufmerksamkeit“. Du verstehst anscheinend nicht um was es geht, sonst könntest du das nicht als Philosophie=Spekulation abwerten.

    Allerdings gebe ich zu, daß es zumindest teilweise an meiner Art zu schreiben liegt, daß das nicht so klar rüberkommt wie es das könnte.

    Dein letzter Absatz ist natürlich der reine Anti-Intellektualismus. Ich erinnere mich, daß Sannyasins, wenn man in den Achtzigern und Neunzigern mit ihnen diskutierte, gerne mal einwandten Komm, geh her, das ist doch alles Mindfucking. Deine Philosophiedefinition stammt genau aus dieser Haltung. Dazu passt auch daß du bei dem Satz, den du von mir in dem Absatz zitierst den entscheidenden Punkt ,vergißt‘ – daß der gesellschaftliche Kontext mit seinen Normen, der das Subjekt überhaupt erst erzeugt, „die Person heute auf eine Weise erzeugt, die bei dem Eindruck maximaler Freiheit maximale Ausbeute gewährleistet.“ Das ist das Politische hier und es wundert mich, daß dich das nicht interessiert.

    Viele Grüße und besten Dank daß du dich einmischst.

    P.S. Vgl auch bitte auch hier zur Frage „Denken, Nicht Meditiern!“ – nach den ersten zwei Absätzen.

  3. 

    Ich komme noch mal auf den Kommentar von Sukhan zurück. Diese Reaktion macht mich ein wenig ratlos. Daß ich etwas ablehne um es dann doch zu tun, über Meditation zu reden nämlich, bin ich echt so dämlich?

    Ich dachte es wäre klar genug formuliert: „Lasst uns dieses Wort vergessen und statt dessen Erfahrung machen.“

    Aber anscheinend ist das nicht so. Natürlich geht es um Erfahrungen, die man „meditativ“ nennen kann. Der Punkt ist aber, daß wir den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Das Wort „Meditation“ sagt heute viel zu viel, um überhaupt noch etwas zu sagen. Alle reden über Meditation, niemand darüber was er/sie meint. Es ist eine babylonische Sprachverwirrung, die zusätzlich noch von der Esoterikindustrie mit ihrem ständigen Output geschürt wird.

    Natürlich Sukhan, du hast ja völlig recht: „Stille Aufmerksamkeit ist genug.“

    Das ist alles. Wir sind uns einig. Wir brauchen kein Wort mehr dafür. Und um es noch mal deutlich zu machen: „Keine Meditation!“ meint das Wort, nicht die Sache. Geht mein Text derart an der Sache vorbei?

    Es geht aber um mehr. Es geht darum einen Weg zu finden, sich neu zu formieren. Heute gibt es häufig ein ganz bestimmtes Setting in dem Meditation abgehandelt wird. In diesem Setting geht es um „Meditation“. Ich aber denke, es sollte um Interaktion gehen. „Stille Aufmerksamkeit“ ist ein Teil der Interaktion – dann nämlich wenn der/die andere spricht. Es geht darum die „stille Aufmerksamkeit“ einzusetzen um wieder, nochmals, und erneut neu zu lernen, daß es um Kooperation geht und nicht um Konkurrenz.

    Kooperation ist ein völlig anderer Status quo einer Gruppe. Es gibt keinen „Máximo Líder“ sondern einen anarchistischen Anspruch an die Gruppe, sich selbst eine Verfassung zu geben und so einen Nukleus zu bilden, der sich dann als Rhizom verbreiten kann.

    Die heutige Verfassung vieler Dharmagruppen und/oder sonstiger spirituelle Inspirierter ist das genaue Gegenteil. Diese Verfassung ist der Rückschritt in eine autoritäre Struktur. Es gibt Leute die „erleuchtet“ sind und denen sollen wir folgen. Mann, scheiß der Hund drauf!

    Die „Stille Aufmerksamkeit“ darf nicht dem „Máximo Líder“ gelten sondern dem Nächsten. Das ist so alt, so banal, so basisdemokratisch, daß es keinen zu interessieren scheint. Es hat angeblich nicht das Potential zu erregen. Und natürlich verkauft es sich nicht. Aber daß es nicht erregt, stimmt nicht. Man muß das erleben, wie das ist, wenn Interaktion geschieht. Man muß die Kooperation erleben, nicht „meditieren“.

  4. 

    Hi Matthias,

    ich kann nur aus der Sicht des Zen sprechen, und aus dieser würde ich sagen: Über Meditation zu philosophieren ist wie den Geschmack einer Banane zu beschreiben: völlig sinnlos! Zen-Meditation bedeutet: Einfach in KORREKTER HALTUNG hinsetzen + keine weiteren Erklärungen. Und das ist für mich auch die einzig wahre Praxis. Die Meditation, die ein Ziel hat (und sei es Achtsamkeit), ist für mich keine Meditation, sondern wieder nur der verzweifelte Versuch des Menschen, irgendeinem Sinn hinterher zu jagen. Wahre Praxis bedeutet für mich: Sinn loslassen. Deswegen ist Zen-Meditation Sinn – los (was nicht bedeuten soll, dass sie keinen Sinn hätte^^). So schaut’s aus *hehe*

    Gruß

    PS: Wer hier Recht oder Unrecht hat ist doch am Ende sowas von egal, wen interessiert das schon? Unser eigenes Ego vielleicht, niemand anderen…

  5. 

    Lieber RainEr

    Vielen Dank für deinen Kommentar und willkommen in der Höhle des Unbuddhisten. Lass Vorsicht walten den du bist in aller höchster Gefahr. Selbst die sinnloseste Meditation könnte ihren Sinn verlieren und dich allein zurücklassen in einem Universum, das dir völlig gleichgültig gegenüber steht. Wenn es dir gegenüberstehen könnte, denn natürlich ist da nichts. Aber dafür gibt es ja uns – damit da nicht Nichts ist.

    Aber im Ernst. Der Geschmack einer Banane mag schwierig bis gar nicht zu beschreiben sein, nichts desto trotz wissen wir aber, daß Bananen in Maßen genossen gesund sind. Überhaupt scheint ja eine Ernährung die auf viel frisches Obst und Gemüse baut gesünder zu sein als z.B. eine McDonalds-Diat („Darf’s sonst noch was sein?“ – „Eigentlich nicht… aber warten sie: Geben sie mir doch lieber ’ne große Pommes…).

    Woher wissen wir, daß Obst und Gemüse so gesund ist? Obwohl wir uns über den Geschmack so schlecht unterhalten können – jedenfalls wenn wir nicht gut ausgebildete Degustatoren sind? Irgend jemand stellt Nachforschungen an.

    Könnte es im Bereich der ‚Meditation‘ nicht genauso sein?

    Meine ursprüngliche Motivation nach ‚Meditaion‘ zu fragen stammt von der Erfahrung (in tibetisch buddhistischen Zirkeln), daß es sehr oft ein Tabu ist über ‚Meditation‘ zu reden. Das mag, wie vielleicht auch im Zen (?), seine guten Gründe haben. Gleichzeitig aber gibt es neben diesem Tabu ein Riesenangebot an Meditationsliteratur und Abertausende von Meditationslehrern die durchs Land ziehen und erklären was ‚Meditation‘ ist. Ein Lehrer etwas wie Zensho W. Kopp redet und schreibt dauernd über ‚Meditation‘. Wie passt das zusammen?

    Ich denke das passt gar nicht zusammen. Was unterscheidet diese Lehrer von uns gewöhnlichen Unerleuchteten? Scheissen die Golddukaten? In gewissem Sinne schon – sie lassen sich ihre Erleuchtung tatsächlich schön vergolden. Was aber heisst es, wenn einer sich als „einer der bedeutendsten spirituellen Meister der Gegenwart“ bezeichnet? Das heisst, wenn man vor ihm sitzt: „Keine weiteren Fragen bitte!“ denn wenn er schon einer der bedeutendsten ist, dann hiesst das in diesem Geschäft auch, daß alles was er sagt und tut richtig ist. Seine Schüler müßen nur gut zuhören.

    Man könnte das aber genauso gut als autoritäres System sehen das einem das denken und reden verbietet. Kommunikation ist in vielen Sanghas beschränkt auf das was anerkannt ist. Nach Neuem, Unbekanntem, Unvertrautem darf nicht gefragt werden. Und eben über ‚Meditation‘ sollte nicht gesprochen werden – obwohl sie doch so gesund sein soll. Liegt das wirklich nur daran, daß es so schwierig ist über sie zu reden? Ich glaube nicht. Es liegt daran, daß, erstens, diese „bedeutendsten Meister“ als Vordenker uns das Nachdenken nur zu gerne abnehmen und daß, zweitens, wir zu faul sind uns die Mühe zu machen wirklich zu prüfen ob die Plattitüden vom Unbeschreiblichen stimmen.

    Es geht mir also hier in diesem kurzen Essay in erster Linie um Kommunikation. Es geht darum, daß man sich in entspannter Atmosphäre zusammenfinden kann und über seine Praxis genauso reden kann wie über andere mehr oder weniger intime Sachen. Man wird das nicht mit jedem tun. Aber jeder der es tut, dem wird vielleicht aufgehen, daß andere ganze ähnliche Erfahrungen machen. Oder ähnliche Schwierigkeiten haben, nach denen man sich sonst nie zu fragen traute.

    Wie ist das bei Euch? Würdest du sagen in Eurem Zen gibt es einen freie und ungebundene Atmosphäre des Gesprächs? Was wäre wenn jemand kommt und das was du „einzig wahre Praxis“ nennst, zu befragen beginnt? Was ist „einfach in KORREKTER HALTUNG hinsetzen + keine weitere Erklärung“? Zen kann unendlich elaboriert sein? Es gibt Arten in denen jede Bewegung den ganzen Tag über vorgegeben ist, was hat das für eine Sinn? Ist es sinnlos, wie du sagst? Was ist das Ziel? Kein Ziel? Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Wie geht man damit um kein Ziel als Ziel zu haben?

    Ich wäre gespannt mehr darüber zu hören.

    Genier dich nicht ein wenig auf die Pauke zu hauen, es gibt hier keinen der bedeutend ist (außer mir natürlich ;-)

    Viele Grüße, Matthias

  6. 

    Hi Matthias,

    dein Interesse ist interessant;-)

    Du hast auf jeden Fall Recht damit, dass die Darlegungen sog. spiritueller Meister hinsichtlich Meditation oftmals sehr kritisch zu betrachten sind. Ich bin kein Meister oder Lehrer, einfach nur jemand, der sich überall dort, wo es nur geht, Anregungen holt (in Foren wie diesen, Zen-Gruppen, Büchern, etc.) und vor allem viel in die Praxis (Zazen) selbst “investiert”. Meine Wenigkeit gibt daher auch nur ihre eigene begrenzte Interpretation wieder, nicht unbedingt die “Offizielle buddhistische Sichtweise”^^.

    Ich bin wirklich der falsche Ansprechpartner, wenn es um tiefe philosophische Hintergründe geht. Damit will ich keinesfalls Geringschätzung dafür zum Ausdruck bringen. Ich habe einfach nur (durch persönliche Erfahrung) festgestellt, dass es mir persönlich hundert Mal mehr bringt, mich 20 min. auf’s Kissen zu setzen, als 3 h darüber zu reden. Das ist für mich der Punkt. – Urrgg…Buddhist sein wollen und dann so ein Egoist!*g* – Klar macht es Sinn, darüber zu reden oder zu lesen, aber ich sehe das eher als eine Art (durchaus notwendige) Anleitung. Viele befassen sich derart intensiv mit der “Anleitung”, dass sie die eigentliche Praxis dabei ganz aus den Augen verlieren.

    Deswegen ja, für mich bedeutet Zen eher weniger reden und dafür mehr praktizieren. Das heißt nicht, dass ich mich einer Konversation diesbezüglich entziehen würde. Wir verfangen uns nur zu oft in dieser. Also klar: Über alles kann (und sollte sogar) gesprochen bzw. diskutiert werden, der Fokus sollte in diesem Fall aber nach meinem Dafürhalten immer auf der Praxis selbst liegen.

    Vollkommen richtig: Zumindest im Soto-Zen ist (vor allem) die Körperhaltung während Zazen bis ins kleinste Detail vorgegeben. Insofern betrachte ich Zen eher als eine Sportart, als wie eine Philosophie oder Religion, wobei die Betonung auf “eher” liegt. Zen nur als Sportart zu betrachten, wäre sicher zu schmal. Aber nehmen wir mal einen Karateka. Klar gibt es Bücher über Karate und man kann sich auch Filme anschauen und sich darüber unterhalten, und, und, und. Aber jedem wird klar sein, dass man den “Geist des Karate” unmöglich nur dadurch erfahren können wird. Man kommt nicht umhin, sich ins Dojo zu begeben und die Techniken in die Tat umzusetzen. Dem Meister ist es dabei auch relativ egal, was so alles im Kopf des Schülers vorgeht. Er verlangt einfach nur, dass die Technik sauber ausgeführt wird und sich der Schüler voll “ins Zeug” legt. Die Frage, was dabei ansonsten in der Gedankenwelt des Schülers noch so vor sich geht, stellt sich dabei eher weniger. Ich denke, beim Zazen (Shikantaza) verhält sich das ähnlich. Körper und Geist werden im Zen als Einheit betrachtet, daraus ließe sich ableiten: korrekte Körperhaltung = korrekte Geisteshaltung. Aber nochmals: Es wird hier keinesfalls behauptet, Zen sei nur Körperpraxis. Die Philosophie gehört natürlich dazu, nämlich als Rahmen des Ganzen oder als “Überträger”. Ohne die begleitende Praxis bleibt es aber bei “Luftblasen”. Wir haben dann zwar das Gefühl, etwas verstanden zu haben, bei der nächsten Ablenkung ist dieses Verständnis aber auch ganz schnell wieder dahin.

    Das ‚einfach…hinsetzen‘ hätte ich natürlich in “ ” setzen sollen, denn einfach ist das Sitzen im (halben) Lotus für uns West’ler (die den ganzen Tag auf Stühlen und/oder an Schreibtischen sitzen) ganz sicher nicht. Ich habe drei Jahre lang an meiner Beweglichkeit arbeiten müssen + unzählige Stunden auf dem Zafu verbracht, bevor sich die Haltung Shakyamunis so einigermaßen bei mir “eingebrannt” hat.

    Zu dem Ziel (ohne Ziel) nochmal kurz. Für mich bedeutet Zazen, diese quälenden inneren Spannungen (welche wir tagtäglich durch die irr-witzigsten “Suchtmittel” versuchen zu lösen) loszulassen. Sitzen wir nun mit einem Ziel, wie “Ich will vollste Konzentration im Hier und Jetzt erreichen!” ist es genau dieses Ziel, was das Loslassen verhindert. Wir werden auf diese Weise noch verspannter. Und selbst Loslassen darf nicht unser Ziel sein, denn der Effekt wäre der gleiche. Deswegen, so paradox das auch klingen mag, man kann eigentlich keine bessere Anleitung geben, als: “Setzt dich in korrekter Weise hin und behalte die korrekte Körperhaltung bei”. Die Erkenntnis, dass dieses “Beibehalten” unseren vollsten Einsatz und unsere vollste Konzentration erfordern kann, wird jedem dann schon früh genug kommen ;-). Wir haben schlicht gar keine Zeit, uns während der Praxis noch um etwas “anderes” (Atem zählen, Gedanken beobachten, etc.) zu kümmern. Darunter würde sofort die Körperhaltung und damit die ganze Übung leiden.

    Dieses “auf die Körperhaltung achten” ist natürlich auch noch Krampf. Aber der gehört am Anfang einfach dazu, anders geht es nunmal nicht. Erst wenn sich die Körperhaltung bei uns eingebrannt hat und wir uns nicht mehr bewusst darum kümmern müssen, wird sich das “Ruhige Verweilen” (meine Bezeichnung dafür, es gibt sicher Tausende) allmählich einstellen. Das können wir aber nicht direkt anstreben. Es kommt gerade durch “Nicht-Anstrebung”, sprich wenn, dann von alleine.

    Mann, war das jetzt viel Text. Trotzdem irgendwie so kurz wie (mir) möglich. Worauf ich sicher im Kern (auch mit der Banane:-D) hinaus wollte: ‚Meditations-Praxis‘ und ‚über Meditation reden und nachsinnen‘ sind in meinen Augen zwei völlig verschiedene Sachen (und sollten nicht miteinander verwechselt werden).

    Das ist aber nur mein Verständnis, jeder sollte sein eigenes erlangen.

    Viele Grüße,
    Rainer

  7. 

    Lieber Rainer

    Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

    Ich bin entgegen deiner Meinung, daß du der falsche Ansprechpartner bist um tiefe philosophische Hintergründe zu klären, umgekehrter Ansicht. Du bist genau der Richtige! Du bist Mensch und du kannst eine Sprache die ich auch kann. Das reicht.

    Es geht mir in dem Text im Wesentlichen um Kommunikation bzw. um Interaktion, daher geht es um etwas, was jeden angeht.

    Zu anderen geht es keinesfalls darum das Sprechen gegen das Schweigen zu stellen, bzw. den Austausch zwischen Leuten gegen eine Praxis wie etwa Zazen. Es geht aber bei diesem Austausch auch nicht darum sich gegenseitig Zazen oder anderen Praktiken zu erklären. Dein Beispiel Karate, oder die Banane, zeigt ja daß das in gewisser Weise nicht geht.

    Auf das Wesentliche reduziert geht es mir bei der Idee die diesem Text zu Grunde liegt, darum zu fragen was in der Praxis wesentlich ist? Und ob nicht die wesentliche Praxis der Ausdruck ist? Oder: Was passiert wenn Erfahrung und Ausdruck zusammen fallen?

    Die Erfahrung ist unsere Praxis wenn wir üben. Es findet ein Austausch darüber statt. Hier z.B. wenn du über die Wichtigkeit der Körperhaltung sprichst. Warum aber sind das zwei? Sicher, es gibt die Übung, aber in dieser Übung verändern wir uns! Das dürfte unzweifelhaft sein, auch wenn wir sagen, es gehe nicht darum etwas zu erreichen. Ist diese Veränderung auch jenseits der Übung spürbar? Buddhisten haben Ziele, im Mahayana könnte man den Nächsten ganz sicher ein Ziel nennen. Also sollte der/die Andere die Veränderung jenseits der Übung zu spüren bekommen. Gibt es also nicht einen Punkt in dem idealer Weise Übung und Ziel zusammenfallen? Das wäre in der Interaktion der Fall, in der Kommunikation mit dem/der Anderen. Da wir aber als Menschen nur und ausschließlich soziale Wesen sind, unser Geist sozusagen ausschließlich ein Kommunikationsorgan ist (eine, zugegeben, moderne Auffassung) der ausschließlich im symbolischen Netz der Sprache entsteht, sind wir also zur Interaktion prädestiniert und demnach kann das ,Ziel‘ der Übung nur das sein, interaktiv zu üben.

    Das sitzen, das Ruhige Verweilen, ich nenne es wie du, wäre dann eine Vorübung zum Eigentlichen. Das ist keine Abwertung, da genau wie wahrscheinlich auch beim Karate die Übung eine notwendige Voraussetzung für die Fertigkeit ist.

    Mein wesentlicher Punkt ist aber, daß es auf den anderen Menschen ankommt.

    Das ,Problem‘ dabei ist, es raubt dem Fetisch Meditation einen gewissen Stellenwert. Neben dem wesentlichen Punkt ist das ein weiterer wichtiger Aspekt. Meditation kann zu einem Fetisch werden. Die spezielle Übung die ich in den letzten Abschnitten anregen möchte ist, sich über diese ,Meditation‘ auszutauschen, z.B. zu versuchen, einen Ausdruck dafür zu finden was Meditation für jemanden jeweils ist, welche Motivation man hat zu üben, welche Erfahrungen man macht etc. Wenn du nun das nimmst, was ich oben geschrieben habe, siehst du, worauf das hinausläuft. Der Versuch allein der Mitteilung, kann zur Übung an sich werden.

    Es ist allerdings klar, daß es hier nicht um eine nur allzu alltägliche Kommunikation geht, die z.B. von Machtaspekten geprägt sein kann (daher mein Beispiel mit den berühmten Lehrern). Deswegen habe ich im Text einige Beispiele für anderen Formen der Kommunikation genannt, etwa den Bohm‘schen Dialog.

    Wenn ich sage „Meditation ist keine Option mehr“, dann geht es dabei um den Fetisch. Ganz im Gegensatz zu einer Übung die auf eine wirkliche tief gehende, befriedigende und kreative Kommunikation hinausläuft.

    Ich hoffe ich kann hiermit ein wenig klarer machen, worum es mir geht.

    Meine besten frühlinghaften Grüße, Matthias

  8. 

    Hi nochmal!

    Laut dem Titel dieses Blogs geht es ja um „Keine Meditation“, also in gewisser Weise auch um Meditation. Deswegen wollte ich einfach mal mein Verständnis von (Zen-) Meditation einwerfen (wenn vielleicht auch etwas rustikal, sorry^^). Das ich dann so ausführlich wurde, lag einfach daran, dass ich deine Fragen nicht kürzer beantworten konnte – vor allem die mit dem „ziellosen Ziel“ :-). Und es war gewissermaßen ein Querschnitt dessen, was für mich die „wesentliche Praxis“ ausmacht (auch hier liegt die Betonung auf „für mich“, ich behaupte keinesfalls, dies sei die wesentliche Praxis).

    Im Soto-Zen (welches ich persönlich favorisiere) gibt es gemeinhin die Herangehensweise, dass die Praxis (Zazen) selbst das Ziel ist. Sprich, es wird dort kein bestimmter (Geistes-) Zustand angestrebt, um danach noch ein (weiteres) Ziel zu erreichen. Zazen ist bereits das Ziel. Es mag durchaus sein (bzw. es ist sogar sehr wahrscheinlich), dass sich unsere Art der Kommunikation dadurch ändert, aber das wäre eher ein Nebenprodukt. Und es wäre in diesem Fall auch gar nicht sinnvoll, sich vorher schon den Kopf darüber zu zerbrechen, denn dann sind wir während der Praxis „woanders“ und verpassen diese dadurch eventuell völlig.
    Kurzum: Im Zen praktizieren wir eher nicht, um unsere Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern, sondern wir praktizieren, um zu praktizieren. Ich würde vielleicht (mit Vorsicht) noch so weit gehen: Wir praktizieren, um unsere Fähigkeit, ruhig und in korrekter Haltung dazusitzen, zu verbessern. Den meisten scheint das viel zu banal, allerdings nur solange, bis sie es das erste Mal ausprobiert haben und schreiend davonlaufen ;-).

    Die „Ziellosigkeit“ dürfte auch der Grund sein, warum diese Formen der Zen-Tradition (selbst in den Ursprungsländern) verhältnismäßig extrem wenig Anhänger finden. Die Leute wollen immer, dass ihnen etwas vor die Nase gehalten wird, und sei es: „Du wirst danach allen Menschen helfen und die Welt verbessern können“. Im (authentischen) Zen wird dir so etwas nicht versprochen, denn der Fokus liegt hierbei ja immernoch auf „Du“. Wir setzten uns einfach nur hin und praktizieren. Unser Ego hat hier nichts, woran es sich festklammern könnte. Wir bekommen nichts, ganz im Gegenteil, wir geben uns vielmehr der Praxis hin. „Nicht wir machen Zazen, Zazen macht uns“, sinngemäß nach Kodo Sawaki. Wir sitzen des Sitzen’s wegen, jede andere Motivation hat die merkwürdige Eigenart, sich früher oder später in ein Hindernis zu verwandeln: Unser Ziel entfernt sich auf nebulöse Weise immer mehr von uns, je mehr wir es anstreben.

    Wie ich es jetzt verstanden haben, liegt dein Hauptaugenmerk eher darauf, eine bessere Kommunikationskultur zu schaffen. Das ist sicher ein lobenswertes Ziel.
    Ich habe wie gesagt auch überhaupt nichts gegen Philosophie (im weitesten Sinne), ganz im Gegenteil, die Fähigkeit der (Selbst-) Reflektion ist eine unheimliche Errungenschaft und hat die Menschheit mit Sicherheit in Sachen Ethik und vernünftiges Zusammenleben enorm vorangebracht. Auch ich philosophiere gern mal über das ein oder andere, aber der Fokus liegt bei mir einfach woanders, weswegen ich hier vielleicht doch etwas fehl am Platz sein könnte…

    In diesem Sinne, frühlingshafteste Grüße zurück,
    Rainer

  9. 

    Hi Rainer

    Meine Erklärung, es gehe nicht darum sich gegenseitig Zazen o.ä. erklären bezog sich auf meine Idee der… meditativen Interaktion – nicht auf deine ausführliche Erläuterung. Die ist ok.

    Ich denke ich kann halbwegs nachvollziehen, was du sagen willst. Ich bin, sozusagen, in der tibetischen Dzogchen- und Mahamudra-Tradition ,groß geworden‘. „Ziellosigkeit“ könnte man auch dort als zentrales Element der Übung verstehen. Ich würde es Nicht-Intentionalität nennen – wobei man sich aber fragen muß, was man unter Intention versteht und dann, was unter Nicht-Intentionalität? Das Paradox der intentionalen Nicht-Intentionalität ist dann wohl der Kern der Praxis, kann das sein?

    Du hast Recht, wenn du sagst, daß es mir zum Teil darum geht eine Kommunikationskultur zu verbessern. Das ,Meditative‘ ist mir zu sehr von einem falschen Geheimnis umgeben. Das worum es geht, ist den meisten viel zu banal – sagst du ja selbst. Das falsche Geheimnis und das falsche Versprechen das damit verbunden ist, zu überwinden, darum geht es wenn man sich zusammensetzt und über seine Übung spricht.

    Es gibt eine Aura des Geheimnisvollen. Wenn du „Soto“ sagst oder ich „Dzogchen“, werden sofort bestimmte Ideen ausgelöst. Die Idee ist, im Gespräch z.B. einmal alle Begriffe wegzulassen, die mit solchen Gedankengebäuden verbunden sind und zu sehen, was dann passiert – wenn ich eigene Worte finden muß. Wie würdest du es ausdrücken, was du oben geschrieben hast, wenn du auf alle Schlüsselwörter verzichten müsstest?

    Das wird dann weder Philosophie noch ein gemütlicher Palaver bei einem Glas Wein, sondern eine hoch konzentrierte und gleichzeitig sehr entspannte Unterhaltung, die bestimmte Qualitäten aufweist. Das Zuhören in einer bestimmten Form etwa. Oder die Suche nach dem richtigen Ausdruck, die eine Kunst für sich ist…

    Das Projekt das hier am entstehen ist, hat sehr viel damit zu tun, Begriffe radikal abzuschneiden mit denen wir uns bestimmte Vorstellungen von etwas machen, wodurch wir dieses gewisse Etwas ständig verdecken.

    Viele Grüße, Matthias

  10. 

    Hi Matthias,

    ich bin absolut auf deiner Seite, wenn es dir darum geht, dieses Haften an Begriffen aufzubrechen. Ein ganz wichtiger Schritt!

    Ich war früher mal mit Nagarjunas „Verse des Mittleren Weges“ oder so ähnlich in Berührung gekommen. ‚Gibt es eine gegangene Strecke ohne Geher?‘ + die gleiche Frage in hundertfacher Variation. Ich fand das unheimlich interessant, generell die Idee mit der „Leerheitsphilosophie“. Die extreme Subjektivität der Worte, sprich unsere Deutungshoheit, war mir dadurch erst bewusst geworden.
    Für mich hat sich das allerdings irgendwann..wie soll ich sagen..totgetreten. Es war irgendwie immer wieder dasselbe, ich hatte das Gefühl, mich im Kreis zu drehen. Man könnte auch sagen, ich wollte irgendwann mehr als Erklärungen. Das war glaube ich so in etwa der Zeitpunkt, wo ich dann zum Zen kam. Irgendwie war das für mich die praktische Umsetzung der angepriesenen „Ziellosigkeit“. Zielloser, als vor einer Wand zu sitzen, geht es einfach nicht.
    Am Anfang wollte ich natürlich noch jeden in der Zen-Gruppe von meinem „tiefen Verständnis“ überzeugen. Das hat sich dann aber (auch auf Grund der Reaktionen^^) relativ schnell gelegt. Für diese Lehre bin ich übrigens sehr dankbar. Dadurch hatte ich zum ersten Mal gemerkt, wie wichtig man sich eigentlich immerzu macht. Ich dachte die ganze Zeit, meine (für meine Begriffe sehr tiefgründigen) Erklärungen hätten höchste Bedeutung und würden jeden etwas angehen. Aber genau das Gegenteil war der Fall: Sie interessierten dort überhaupt keinen und entbehrten auch ansonsten jedweder Bedeutung.
    Man unterhielt sich dort auch, aber eben nicht so: „Ich weiß es – und du musst das jetzt bitte verstehen (..denn es ist ja nur zu deinem Besten)“. Ich finde so etwas mittlerweile einfach nur noch kindisch. Die Praxis steht absolut im Vordergrund, geplaudert wird danach nur, weil (und wenn) man Lust dazu hat.

    Selbst wenn wir ein Gespräch führen und darin alle „Schlagworte“ weglassen, hantieren wir ja trotzdem noch mit Worten. Und deren Interpretation hängt wieder von uns selbst ab, weswegen in Foren auch so oft unendlich über ein völlig banales Thema diskutiert wird. Jeder deutet die Worte so, wie es ihm passt und findet deshalb auch jedesmal aufs Neue eine „passende Antwort“ …wie ich im übrigen auch gerade^^…

    Die meisten „Zen’ler“ sind sich auch völlig darüber im klaren (bzw. sollten es zumindest sein), dass selbst „Zen“, „Soto“, „Zazen“, usw. nur Schlagworte sind. Sie sind der berühmte ‚Finger, der auf den Mond zeigt‘. Aber was wäre ohne diese Worte? Entweder es gibt gar keine: Dann würde wohl kaum so etwas, was wir als Zen bezeichnen, existieren, da es kaum eine Möglichkeit der Übertragung gäbe. Oder jeder hätte seine eigene Bezeichnung dafür: Dadurch wäre aber die Gefahr groß, dass es unscharf und verwaschen wird und es am Ende 50.000 verschiedene Formen „authentischem Zen’s“ gäbe. Mir reichen die jetzigen Variationen ehrlich gesagt vollkommen aus;-).

    Ich habe also mit kernigen Schlagworten überhaupt kein Problem, gebe dir aber vollkommen Recht, dass wir diese nicht mit der eigentlichen Sache verwechseln sollten..wo wir dann wieder bei der Banane wären (sorry..ich glaub, ich strapazier‘ das mittlerweile etwas über^^).

    Ich versuche meinen Standpunkt nochmal so klar wie nur möglich zu machen: Ich finde Unterhaltungen bis zu einem gewissen Grad gut und sinnvoll, für mich persönlich erreicht aber auch die aller, aller, aller beste und tiefgründigste Unterhaltung (selbst ohne jedes Schlagwort) nicht im Ansatz die Qualität einer ernst gemeinten Runde Zazen. Wer also für sich den Weg des Gesprächs als Grundlage entdeckt hat, um Probleme (oder was auch immer) zu lösen, absolut OK (und das meine ich ernst)! Er wird dann aber nicht auf meine dauerhafte Teilhabe setzen können (und es wahrscheinlich auch gar nicht wollen). Gleichwohl werde ich natürlich auf ernst gemeinte Fragen immer eingehen, sofern mir möglich.

    Wenn ich zum Abschluss meine vorherigen Ausführungen ohne Schlagworte ausdrücken sollte, würde ich es mit den Worten Brad Warner’s tun: „Sit Down And Shut Up“. ;-)

    Beste Grüße,
    Rainer

    PS: Die Frage, ob „Das Paradox der intentionalen Nicht-Intentionalität“ der Kern der Praxis ist, kann ich dir leider nicht beantworten. Das wirst du wohl selber rausfinden müssen, denn ich sehe beim Praktizieren nur eine weiße Wand und spüre gelegentliches Unbehagen in den Beinen…

  11. 

    Lieber Rainer

    Zunächst der Vorsicht halber eine Bemerkung. Es geht hier nicht um Überzeugung oder um überzeugen. Ich nutze deine Einwände aber als Gelegenheit um die Sache klarer zu machen. Jeder Einwand, jede Kritik ist Anlass genug zu versuchen eine Sache anders, besser, genauer darzustellen. Viel Dank an dich in diesem Sinne für deine Zeit die du dir nimmst hier was aufzuschreiben.

    Du scheinst, wenn ich dich richtig verstehe, einen Gegensatz zu sehen zwischen „Zen“ und „Unterhaltung“. Ich sehe diese Polarität nicht. „Zen“, genauso wie jede andere überlieferte Praxis ist immer schon eine „Unterhaltung“ mit der Vergangenheit, mit der Überlieferung, mit Vorstellungen – zum Beispiel mit der Vorstellung was Dōgen unter Zen verstanden haben könnte. Das ist ein ziemlich weitläufiges Thema, deshalb nur diese Bemerkung am Rande.

    Ich kann mir vorstellen was du einwenden wirst, daß „die Qualität einer ernst gemeinten Runde Zazen“ keine „Unterhaltung mit der Vergangenheit“ ist. Einverstanden, aber: Es ist eben die Frage, wie man einem ignoranten Frager wie mir klar machen kann, wie ich einen Zenbuddhisten der vor einer Wand sitzt von jemandem unterscheiden kann der ein Brett vor dem Kopf hat. Deine Antwort wäre vielleicht „Zazen ist ein Brett vor dem Kopf!“ Nicht schlecht. Allerdings ist eine solche Nicht-Antwort auch wieder eine Antwort, die Auskunft gibt von einer bestimmten Vorstellung. Genauso wie „Zen ist die größte Lüge der Welt.“

    Auch haben die Lehrer bestimmte Vorstellungen davon wem sie eine Übertragung gewähren und wem nicht, andernfalls könnten sie den Zufall entscheiden lassen. Es gibt Formen dieser Qualitätskontrolle. Das Verständnis eines Koans z.B. Natürlich handelt es sich dabei um eine bestimmte Form von Verständnis. Aber wie man es auch dreht und wendet, man kommt nicht drum herum von etwas ein Verständnis zu haben. Wie du selbst sagst gäbe es sonst kaum eine Möglichkeit der Übertragung.

    Deine Alternativen aber sind eine unnötige Einschränkung. Du sagst, entweder hat man einen „Finger der zum Mond zeigt“ oder alles löst sich in den totalen Relativismus auf. Diese letztere Möglichkeit ist das große Postmoderne Missverständnis und gegen dieses Missverständnis einfach ein paar uralte Finger auf den Mond zeigen zu lassen ist nicht die einzige Alternative.

    Das Postmoderne Missverständnis zeigt sich genau in den Gesprächsformen die du erwähnst. Jeder halbwegs eloquente Redner kann alles relativieren und wenn einem das zuviel wird hilft eben das schweigen. Im Prinzip sagst du, unsere Alternativen sind klare Schlagworte oder totales Zerreden. Das aber ist ein falsches Dilemma. Wenn du dich auf diese Möglichkeiten beschränkst, könne wir tatsächlich kein offenes Gespräch führen.

    Ich habe in dem Text einige Dialogformen als Beispiele dafür erwähnt, wie ein offenes Gespräch aussehen kann. Diese Formen des offenen Gesprächs sind Möglichkeiten aus dem falschen Dilemma der Entscheidung zwischen nichts sagenden Schlagworten und dem totalen Relativismus auszubrechen.

    Das Problem ist allerdings, daß ein wirklich offenes Gespräch nach meinem Verständnis, in unserer Kultur bisher nur selten vorkommt. Der Kapitalismus erzeugt eine andere Kultur. Erfolgreich ist, wer sich durchsetzen kann. Wer sich durchsetzt, hat Recht. Die sich daraus ergebende Gesprächskultur ist die des sich durchsetzens durch Überzeugung, nicht durch Verständnis. In einer Kultur in der es darum geht Standpunkte durchzusetzen, kann kein offenes Gespräch entstehen. Und mehr noch und schlimmer, es wird gar nicht mehr gesehen, daß es noch andere Möglichkeiten des Gesprächs geben könnte.

    Meine abschließende Bitte ist daher, daß wer diesen Text liest, in Erwägung ziehen möge, daß es da um eine weitgehend unbekannte Form des Gesprächs geht (nebst ein paar anderen Dingen). Daß es auch nicht um die Abschaffung des Zazen oder sonstwelcher geistreicher Tätigkeiten geht, sondern darum, wie wir uns über ein Verständnis von einer Sache unterhalten können ohne in das falsche Dilemma von Traditionshörigkeit vs. Totaler Relativierung zu geraten. Evtl. hilft dabei auch dieser Text weiter, in dem es u.a. um das Verhältnis von Tradition und (R)Evolution geht.

    Ich habe dort u.a. versucht das offene Gespräch ein wenig zu charakterisieren:

    „Das offene Gespräch ist der Raum, der diejenigen willkommen heisst, die sich nach einer Phase der Begeisterung mehr und mehr mit den Fragen konfrontiert sehen, die der Buddhismus offensichtlich nicht beantworten will oder kann. Bei aller Schärfe und Polemik gegen die Machthaber des Dharma gibt es einen anderen Raum, in dem im Schutz gegenseitigen Respektes gesprochen werden soll. Es muß allerdings hier eine Übereinkunft geschaffen werden, wie man miteinander reden will um diese Fragen zu klären oder zumindest in den Raum zu stellen, so daß sie allein aus den Aporien heraus die sie darstellen mögen, wirken können. Von diesen Aporien, den Widersprüchen, gibt es im Buddhismus genug. Für eine Versammlung wäre es genug sich zunächst dazu zu verabreden, nur einmal eine dieser Merkwürdigkeiten zu betrachten und wirken zu lassen. Es wäre schon Herausforderung genug dabei einmal miteinander zu reden, ohne sich sofort immer mit einem Urteil ins Wort zu fallen. Das kritische Urteil soll ja nach eingehender Untersuchung gefällt werden, nicht im Affekt. Der Buddhismus lehrt dieses Gespräch nicht.“

  12. 

    Hi Matthias,

    Auch in dieser „Diskussion“ ist eine übliche Entwicklung ganz klar zu erkennen: Im Endeffekt (wenn auch subtil) will doch jeder seine Ansichten durchsetzen (mich eingeschlossen).

    Das mit dem ‚Finger auf den Mond‘ könnte man ja vielleicht auch einfach mal so stehen lassen. Es ist schlicht und ergreifend ein Bildnis. Ich kann über dieses Bildnis jetzt ewig hin und her diskutieren, die Sache, auf welches dieses verweisen soll, käme dabei aber trotzdem nicht zum Vorschein. Ich muss es einfach machen: mich aufs Zafu setzen, in die Birne reinbeißen, ins Karate-Dojo gehen, mir die Laufschuhe anziehen, was auch immer. Was bringt mir ein ewiges Spekulieren darüber?

    Genauso könnte ich das „offene Gespräch“ jetzt auseinander nehmen: Was ist denn an einem Gespräch offen, wenn ich vorher schon festlege, wie es auszusehen hat. Dann hat man ein Konzept und nichts mehr ist offen. Ein offenes Gespräch ist für mich ein Gespräch, was einfach passiert. Wenn vorher schon festgelegt ist: Bitte keine Schlüsselworte, bitte viel Verständnis, bitte dies so und jenes so – daran ist doch nichts offen. Das ist ein einziger Krampf. Da hat man am Ende das Gefühl, sich mit Computern zu unterhalten, die jede Antwort erst drei Minuten berechnen.

    Entweder ich habe Verständnis oder nicht. Ich werde nicht nur deswegen Verständnis haben, weil ich es mir vornehme oder weil die Form des gewählten Gesprächstyps es so verlangt.

    Aber auch hier könntest du natürlich wieder eine mindestens genau so überzeugende Widerlegung vornehmen, weil: ja genau: „offenes Gespräch“ ist nur ein Schlagwort, welches der subjektiven Interpretation bedarf. Ich sehe das durch meine Brille und du durch deine und ein Dritter wieder durch seine eigene. Da haben wir einfach beide Recht bzw. Unrecht. Damit sollte sich der Kreis doch eigentlich schließen, oder?

    …Na das war doch mal ein schöner Philosophie-Battle zwischen uns: War eigentlich ganz lustig, oder? Ich finde das ok, sich auch mal die Meinung zu sagen. Wichtig halt nur, dass jeder damit umgehen kann. Daran zeigt sich für mich erst Charakter.

    Trotzdem werde ich mich jetzt so langsam verabschieden, ich werde das Gefühl nicht los, schon viel zu viel geschrieben zu haben. Und ins völlige Absurdum wollen wir das hier ja auch nicht ausarten lassen. Werd jetzt lieber mal meinen letzten Urlaubstag noch genießen.

    Wir könnten uns ja einigen: Da wir beide das Thema nunmal aus einem anderen Kontext heraus betrachten, wird es uns auch kaum möglich sein, den anderen vollends zu verstehen. Jeder hat auf seine Weise Recht. Das ist für mich auch überhaupt kein Problem.

    Mit den friedlichsten und freundlichsten Grüßen

    Rainer :-)

    PS: Genau unser Gespräch war übrigens für mich offen. Jeder hat seine Sicht so gut wie möglich dargelegt und konnte auch irgendwie das Feedback des anderen verkraften. Das ist doch wahre Offenheit! Insofern war es für mich angenehm, nicht jeder lässt sich so darauf ein, wie du!

    …und der Blog hätte damit nebenbei auch genau sein Ziel erreicht!

  13. 

    Lieber Rainer

    Ja, unsere Unterhaltung war recht offen. Aber ich fürchte wir haben teilweise auch ordentlich aneinander vorbei geredet. Sonst könntest du nach dem was ich zuletzt geschrieben hatte nicht sagen, es ginge darum hier etwas „durchzusetzen“. Aber wie auch immer, vielleicht lässt sich das ja mal fortsetzen. Ich will nur einige Punkte festhalten, die noch von Wichtigkeit sein könnten (für dieses Projekt im allgemeinen).

    Ich konnte offensichtlich nicht klar machen, was das offene Gespräch ist. Ganz sicher ist es nicht das was du in deinem letzten Posting beschreibst. Ich sehe allerdings das Missverständnis, das sich hier geradezu anbietet.

    Eines davon ist, daß es um ein „zerreden“ ginge. Das ist es gerade nicht!

    Es geht auch nicht darum, sich ganz ganz lieb zu haben und sich ganz tief innen drinne wirklich richtig zu verstehen.

    Weiter ist ein Problem die Einschränkung auf ein falsches Dilemma das darin besteht sich auf die zwei Möglichkeiten „Beschreibung mit Schlagworten“ gegenüber der „totalen Relativierung von allem und jeden“ zu beschränken. Es gibt mehr Möglichkeiten!

    Dieses falsche Dilemma ist eine Form des Großen Postmodernen Missverständnisses.

    Es bleibt außerdem offen, wie ein Verständnis von so etwas wie Zazen beschrieben werden kann. Die Aussage „Entweder man hat Verständnis oder man hat es nicht.“ genügt nicht. Das ist nichts anderes als zu sagen, Wasser ist nass weil es Wasser ist. Es gibt auch ein Verständnis das einen dazu bringt Brad Warner gegenüber Sogyal Rinpoche zu bevorzugen. Wenn man das nicht artikulieren kann öffnet man autoritären Strukturen Tür und Tor. Daß es deswegen immer wieder zu Unfällen in buddhistischen Gemeinschaften kommt, ist vielfach belegt.

    Das falsche Dilemma ist für diese Situation mit verantwortlich. Die Alternative Überzeugen oder Relativieren führt gegenüber einem möglichen buddhistischen Totalitarismus in beiden Fällen zu einer gefährlichen Egalhaltung. Wer überzeugt ist, fragt nicht mehr nach weil er meint schon alles zu wissen. Wer total relativiert, fragt nicht mehr nach weil er sowieso keine Chance für eine Übereinkunft sieht.

    Fazit: Sich einem Ausdruck seines Verständnisses zu verweigern führt also im schlimmsten Falle dazu, daß autoritäre soziale Strukturen gestärkt werden. Der Bedarf für eine dritte Variante neben dem falschen Dilemma ist also klar gegeben.

    ————

    Rainer, missverstehe mich bitte nicht, das ist nicht gegen dich gerichtet. Unsere gepflegte Konversation hat mir allerdings sehr geholfen, mir diese Punkte klarer zu machen, so daß ich sie noch mal notiere um bei Bedarf darauf zurück zu kommen.

    In diesem Sinne, war unser Gespräch tatsächlich doch ein offenes – es hat nämlich, wie ich glaube, mir einen Erkenntnisgewinn gebracht.

    Thanx a lot. Vielleicht hört man ja mal wieder voneinander. Matthias

  14. 

    Dann vielleicht nochmal kurz mein Fazit:

    Ich habe jetzt dein Anliegen denke ich schon verstanden und befürworte es auch ausdrücklich. Außerdem gefällt mir deine ruhige und sachliche Art der Argumentation.

    Man verfängt sich eben zu schnell in Dualitäten. Ich hatte sicher etwas das (falsche) Gefühl, es würde in diesem Blog die Meditations-Praxis an sich in den Hintergrund gestellt werden, während dessen meine Argumentation wahrscheinlich den Eindruck erweckte, es ginge mir nur um die Praxis und ich würde jeden Versuch einer Beschreibung oder Erklärung kategorisch ablehnen. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Ich stimme dir vollkommen zu, dass es einen gewissen „Rahmen“ (wie ich ja weiter oben bereits erwähnte) geben muss, damit „Spiritualität“ nicht zu einfach missbraucht werden kann und zumindest irgendwie „greifbar“ ist. Andererseits wird mir wohl auch jeder zustimmen (und das wird in diesem Blog ja auch gar nicht bestritten), dass man Buddhismus nicht nur „auf dem Papier“ oder im Gespräch festhalten bzw. erklären kann, sondern dass die eigene, ganz persönliche Meditations-Praxis einfach untrennbar dazugehört.

    Und ich bin im Übrigen auch sehr dafür, dass man sich in einem Gespräch an gewisse Normen hält und nicht plump alles ausspricht, was einen gerade in den Kopf schießt. Genau wie es auch angekommen zu sein scheint, zielte der Einwand mit dem „offenen Gespräch“ genau auf das von dir erwähnte Dilemma. Das „Dilemma des Dilemmas“ sozusagen. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass ich dies als die optimale Form der Konversation ansehe. Ganz und gar nicht.

    Und eventuell lässt sich dieses Dilemma ja tatsächlich lösen.

    Vielleicht haben wir gar nicht aneinander vorbei, sondern eher aufeinander zu geredet. Aber ich will jetzt nicht schon wieder mit Wortspielen anfangen. Für den Moment ist von meiner Seite aus erst einmal definitiv

    Schluss. Punkt. Aus. ;-)

    Rainer

  15. 

    Lieber Matthias,

    auf den ersten Blick wirkte dein Text wie ein intellektueller Diskurs, je tiefer ich eingestiegen bin, desto mehr drückte er für mich aber auf eine poetische, tastende und sehr persönliche Weise deine Suche aus. Für mich ist aber das Sitzen in Stille tatsächlich die zentrale Antwort, das ist die Grundlage für alles andere, vor allem für eine andere, intime Kommunikation mit der Welt und mit den Menschen. Ich selbst würde den Aspekt der Kommunikation aber trotzdem nicht betonen, einfach aus Angst, das wir uns im Gequatsche verlieren. Es gab ja Menge Projekte aus der `68-Zeit, die versucht haben, eine Art Erlösung oder Befreiung über Gruppenkommunikation zu finden und soweit ich das sehe, sind sie alle weitgehend gescheitert.

    Auf der anderen Seite bist du mit deiner Position auch nicht so alleine, wie du vielleicht glaubst. In Zen-Kreisen beschäftigen sich z.B. derzeit ziemlich viele Leute mit Gewaltfreier Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Es wird zwar nicht direkt miteinander in Bezug gesetzt, aber unausgesprochen, z.B. durch Kursangebote in Dojo-Räumen, wird hier offensichtlich auch an einem neuen, bewusst gestalteten Verhältnis von Stille und Kommunikation, von Ich und Wir gearbeitet.

    In den Kommentaren hast du dann noch einen anderen Punkt gesetzt. Du schriebst:

    „Der Kapitalismus erzeugt eine andere Kultur. Erfolgreich ist, wer sich durchsetzen kann. Wer sich durchsetzt, hat Recht. Die sich daraus ergebende Gesprächskultur ist die des sich durchsetzens durch Überzeugung, nicht durch Verständnis.“

    I beg to differ. Meiner Ansicht nach werden wir gerade Zeuge, wie sich das kapitalistische System innerlich transformiert. Dabei gibt es natürlich viele Aspekte, aber der, auf den es mir ankommt, ist, dass wir gerade sehen, dass es immer weniger die „Durchsetzungsfähigen“ sind, die gewinnen, sondern die, die das Spiel von Zuhören, Kooperation und Vernetzung verstehen. Gerade die, die nicht auf Gewinnen aus sind, sondern auf ein Mit- und Füreinander, die sind es, die neue Bewegungen in Gang setzen und die Welt verändern.

    Wir sehen dies in der Art, wie jugendliche Tänzer sich weltweit über Youtube austauschen und Moves entwickeln, die vor zehn Jahren noch undenkbar waren, in der Art, wie hunderttaustende von Softwareentwicklern kooperativ Linux entwickeln, wie soziale Netzwerke Revolutionen befeuern, wir sehen, wie die Unternehmen erfolgreich sind, die über Zuhören und Kooperation geführt werden und wir sehen, dass das Bewusstsein über die Wichtigkeit freien Austauschs gerade die Parteienlandschaft in Deutschland verändert.

    Viele Grüße

    Lucius

    P.S. Kennst Du die TED-talks unter http://www.ted.com? Die Sektion „Inspiring“ ist durchaus ein guter Einstieg. Vorsicht, macht süchtig.

  16. 

    Ohne jetzt alle Kommentare gelesen zu haben. Mir scheint, der Disput über Meditation vs. Erfahrung ist eher ein Streit um Wortmarken. Der Sachverhalt der „Meditation“ oder der „Erfahrung“ ist nicht dasselbe wie die Begriffe davon. Man sollte versuchen, Diskussionen über Begriffe von Diskussionen über Sachverhalte zu differenzieren. Es ist doch egal, ob man dem Sachverhalt meditativer Konzentration die Wortmarke „Meditation“, „Introspektion“ oder „Erfahrung“ aufpappt. Die Frage wäre vielmehr, verstehen wir überhaupt noch irgendetwas von Subjektivität? Das, was früheren Generationen einfach selbstverständlich gegeben schien, ist heute auf dem Prüfstein der Neurowissenschaften und unsere ganze schöne Innenwelt droht scheinbar in Wahngebilde übereifriger Neuronenpopulationen zu mutieren.
    Schöne Grüße
    Tom

  17. 

    Hallo tom-ate und Lucius

    tom-ate, deine Frage „verstehen wir überhaupt noch irgendetwas von Subjektivität?“ bringt es auf einen wichtigen Punkt. Es geht mir um Subjektivität und darum wie sie durch Wortmarken objektiviert wird, d.h. wie durch Objektivierung jede Erfahrung abgetötet bzw. abzählbar, also (ver)käuflich, wird. Es geht darum, wie wir einen Austausch gestalten können oder besser gesagt ein Miteinander das nicht von vorne herein durch objektive Wortmarken vorgespurt ist und das deshalb wirklich Neues schaffen kann.

    Genau deswegen versuche ich in dem Text eher poetisch, wie Lucius bemerkt, zu schreiben. Das Ungenaue lässt etwas offen und dieses Offene läst etwas ungenaues genauer werden indem wir hier z.B. hin und her denken.

    Es geht nicht um eine neuerliche Reduktion auf „Philosophie“ o.ä., sondern um eine Entfaltung die jeder selbst zu leisten hat. Abseits der Versprechungen der Gurus, was das Seelenheil anbelangt, und abseits der Versprechungen des Kommerzes, was auch wieder das Seelenheil anbelangt.

    Vielen Dank für eure Inputs und Erwiderungen, sie geben mir die Gelegenheit mehr darüber nachzudenken, um was es mir geht und wie ich es beschreiben kann.

    Werde nächste Woche weiterdenken. Viele Grüße, Matthias

  18. 

    …um endlich noch mal auf eure Anmerkungen zurück zu kommen tom-ate und Lucius.

    „Der Sachverhalt der “Meditation” oder der “Erfahrung” ist nicht dasselbe wie die Begriffe davon.“

    Ja, natürlich nicht. Man könnte natürtlich den ganzen Sachverhalt in das Semiotische Dreieck einspannen.

    1. „Meditation“

    2. Man unter Baum, sitzend

    3. Innenraum, fliessende Gedanken, non-Dualität, Ruhe, Erkenntnis, meditativer Konzentration, keine Gedanken, völlige Leere, Samadhi, Gesundheit, Endorphine, Wirklichkeit, ruhig atmen, der romantische Irrtum, Entspannung, Erleuchtung, Ermüdung, Mitgefühl, Rettung der Menschheit…

    Was ist aber der Sachverhalt, der dritte Punkt? „Meditative Konzentration“? In den Kommentaren wurde verschiedentlich gesagt, man müsse „einfach nur sitzen“. Andererseits wurde gesagt, ich hätte gleich am Anfang des Textes die „beste Beschreibung vom Meditation“ gegeben. Ist das meditative Konzentration? Kann ich das etwa? Kann ich etwa einfach sitzen und mich meditativ konzentrieren?

    Um es noch mal ganz klar zu machen, erstens: Ich lehne den Begriff, das Zeichen, das Wort „Meditation“ ab, das was naiv mit der Bedeutung und der Sache als solcher verwechselt wird, da er von den Kulturindustrien bzw. der Megamaschine missbraucht wird. Er wird missbraucht, um den Menschen eine klebrig-süße, Mental-Karies fördernde Regenerationsübung zu verkaufen. Eine Übung die zu nichts dient, als in einer erfolgssüchtigen Gesellschaft fit zu bleiben. In so fern (achtung es folgt etwas Dalai Lama-Bashing) erreicht der gütige Alte vom Dach der Welt, aus dem Wunderland der fliegenden Heiligen, nichts als eine Narkotisierung. Buddhistische Meditation ist ein Multimillionengeschäft – ein Geschäft mit der einfachsten Sache der Welt, die eh jeder dabei hat und kann, egal wo er geht und steht. Es ist das geilste Geschäft das sich je einer ausdachte: Aus dem Bewusstsein der Menschen machen wir einen Verkaufsschlager. Abgefahrn.

    Zweitens: Fragt man die Leute danach, was Meditation bedeutet, nach dem zweiten Punkt im semiotischen Dreieck, nach ihrer Vorstellung – so erhält man für den einen Signifikanten, das eine Zeichen „Meditation“ eine Vielzahl von Erläuterungen, d.h. Signifikate. So kommt man schon mal gar nicht weiter Jeder vernünftige Mensch der es mit irgend einer Tätigkeit zu tun hat, mit der es ihm ernst ist und über die er sich mitteilen will oder muß, würde diesen Zustand der Verwirrung ablehnen. Nur bei der Meditation ist das erlaubt. Warum eigentlich? Weil wir uns damit absichtlich dumm machen dürfen? Weil wir zu doof sind zu kapieren was die Leute aus Shangri-La angeblich schon lange kapiert haben? Weil die uns so über sind, daß wir immer das kleine Dummerchen spielen müssen?

    Drittens: Der Referent, die Sache selbst, das Ding – da wird es bei der ‚Meditation‘ besonders schwierig, da sie keinen objektiven inneren Zustand beschreibt. Genau das wird als Grund angeführt, man könne sich sowieso nicht darüber unterhalten, weshalb man gefälligst die Klappe halten und sich hinsetzen soll. Dann ergibt sich schon alles – neue Fragen und Probleme nämlich: Diejenigen zum Beispiel die uns das sagen, Hinsetzen und Maul halten, reden ja doch irgendwie darüber. Sie sondern Zeichen ab über Meditation, nicht nur durch Worte, sondern auch durch Gesten, durch Zeichen in Form von besonderen Uniformen, durch Ermächtigungen mächtiger Lehrer mit denen sie herum wedeln etc. pp. Woran aber erkennen wir, das die wissen was wir nicht wissen? – Authentizität? Besonders freundliches Lächeln? Tiefsinnige Zitate von maximaler philologischer Fragwürdigkeit? Fünfzig Rolls Royce? Mit zweieinhalb Jahren im hintersten Winkel der Welt zum Dalai Lama erkoren?

    Eins ist klar. Es gibt unterschiedliche Menschen. Charles Manson oder Gandhi? Das dürfte wohl klar sein. So schwierig kann es also nicht sein sich darüber zu unterhalten. Nur wenn wir ein großes Geheimnis daraus machen, drehen wir uns im semi(idi)otischen Dreieck.

    Wir können uns gegenseitig etwas mitteilen. Wir können sprechen. Das ist unsere grundlegende Fähigkeit. Was also machen wir, wenn wir üben?

    Es geht hier nicht darum, sich in „Gequatsche zu verlieren“, wie Lucius zu bedenken gibt. Gerade das nicht. Und die 68er sind in der Hinsicht ganz bestimmt nicht gescheitert, weil es sie genauso wenig gibt, genauso wenig wie die Meditation. Diese Verallgemeinerungen gibt es nicht. Es gibt nur konkrete, blutige Wirklichkeit.

    Wenn

    „sitzen in Stille tatsächlich die zentrale Antwort [ist], die Grundlage für alles andere, vor allem für eine andere, intime Kommunikation mit der Welt und mit den Menschen,“

    wie Lucius schreibt, dann bin ich dabei. Aber es ist etwas Konkretes, dem wir einen Ausdruck verleihen, so das es zum Sachverhalt wird, zum Referenten. Dann ist es das Sprechen selbst. Nicht in Verallgemeinerungen, sondern in immer neuen konkreten Formen, die nichts anderes sind als die Sache selbst.

    Das Zerreden ist ein Missverständnis. Zerreden ist ‚Meditation‘. Le Ersatz. Ein Surrogat.

    Konkret immanent ist nur Die Katze am Ende des neolithischen Gartens.

  19. 

    Lieber Mathias, ich glaube hier hast du einen Nerv getroffen (nicht meinen, ich denke ähnlich wie du).
    Meditation kann nur funktionieren, wenn du weiß warum du sie eigentlich anwendest. Es gibt Buddhisten die meditieren, weil es nun einmal so gemacht wird im Buddhismus. Es gibt aber auch Buddhisten, die einfach nur die Augen schließen mitten in der Natur und ein paar Minuten dem Gesang der Grillen zuhören.
    Für mich ist es ein Moment Geschenk und kein Ding, das ich tue, weil ich es tun muss.

    Gedanken sind immer da, doch die Grillen sind lauter und vehementer. Und es macht mir Freude ihnen zuzuhören. ZaZen ist für mich dagegen nur eine einzige Qual. Wer immer darin seine Freude gefunden hat, der muss sehr lange gesessen haben …

    Grüße von Jo.

  20. 

    Ich kann den Geschmack einer Banane beschreiben – um sie jedoch zu beschreiben muss man den Geschmack kennen, nicht nur ansehen.

    Ich denke das Wort: Meditation hat eine so große Gewichtung das es sich kaum in den Alltag einbinden kann. Als Anfänger werden wirst du damit konfrontiert, das du noch Anfänger bist. Alleine das wird dich zum Scheitern bringen, denn automatisch schaust du dir deine Nächsten an, du fängst an zu beobachten und zu werten.
    Das ist die erste Lektion.

    Das diese jedoch so vollkommen falsch ist, das sagt dir niemand.
    Während du dich nach einer Hand sehnst die dich während du die Augen schließt begleitet, danach fragt auch niemand.

    Meditation ist erst einmal angstmachend, wenn du dich selbst noch nie mit dir selbst auf diese Art beschäftigt hast. Die Gedanken kommen mit einer Vehemenz die so dermaßen in dein bestehendes System knallen, das du nur noch an den Apfelkuchen, gespickt mit Rotweintrüffel in Senfsauce denken kannst. Alles durcheinander, statt fein geordnet. und wenn du so dumm bist und auch noch fragst, was man in dieser Hinsicht tun kann – bekommst du die schlaue Antwort: „Lass los!“

    Die Frage was du loslassen sollst, die stellst du dann nicht mehr, die Antwort – das weißt du genau – ist Peinlichkeit Pur.

    Meditation fängt genau da an, wo sie eigentlich auch schon wieder endet. Im Chaos deiner Gedanken.

    Für mich ist Meditation, gleichgesetzt mit Aufmerksamkeit. Das 1 und 2 und 3… reicht mir hier schon lange nicht mehr.
    Ich möchte Freude und ein Gefühl der Verbundenheit erleben. Das erlebe ich mit meinen Sinnen.
    Und diese kann ich am besten in der Natur einsetzten.

    Die westlich – oftmals praktizierte – Meditation ist für mich das Seil eines Erhängten!

  21. 

    Lieber Matthias,

    hier etwas « verspätet » ein weiterer Kommentar zu Deinem Text, den ich in Englisch auf nonplusx gelesen hab : Dein Standpunkt zur Frage der Meditation wurde ja schon ausreichend diskutiert, auch von Leuten, die wie ich Zazen üben. Ich selber tue dies im Dojo Zen de Paris, in der Deshimaru-Linie.

    Daher nur kurz dazu, dann etwas ausführlicher zur Frage der Kommunikation oder Auseinandersetzung, die Du zum Ende des Texts aufwirfst, und die mich und meine Sangha auch sehr beschäftigen.
    Zur Meditation: Man sagt ja das Zazen keine Meditation ist, da es keinen Gegenstand gibt, über den meditiert wird. Ich sehe das auch so und finde Deinen ersten Absatz eine sehr gute Beschreibung von Zazen, würde mir höchstens erlauben „physiologische Effekte“ durch „Körperlichkeit“ zu ersetzen.

    Nun zur Kommunikation: Ich praktiziere in einer Sangha, die kein Interesse hat Tempel zu bauen, stattdessen im Alltag praktiziert. Angesichts dessen, halten wir es für umso wichtiger, dass der Kontakt untereinander, unsere Beziehungen zueinander, das Fundament für die Organisation unserer Sangha bilden.

    Diese Beziehungen sind nicht immer einfach herzustellen, oft braucht es lange Zeit, bis man jemandem wirklich begegnet. Es gibt auch kein methodisches Vorgehen, manche verlassen sich ja auf Gewaltfreie Kommunikation oder was auch immer, ich nicht. Und häufig gibt es Differenzen, Streit, Auseinandersetzung aber auch wirkliche Harmonie– kein blumiges Gefühl sondern etwas das man nicht spürt sondern nur im Nachhinein feststellt, natürlich.

    Auch haben wir keine Titel oder währende Positionen, dieser Mangel an „Schutzraum“ hält die alten Schüler lebendig.

    Nun versuchen wir, die Sangha so zu gestalten, dass jeder der ernsthaft praktiziert gestalten kann. Also keine Top-down Hierarchie. Dies ist aber gar nicht so einfach, wir sind über 200, in Frankreich, Deutschland, der Schweiz und England – es gibt räumliche Trennung, die während der Sesshin überwunden und ansonsten per Mail oder Telefon überbrückt wird.
    Auch braucht es oft eine Zeit der Übung, um die Früchte des Denkens, der Ideen, durch Zazen hindurch reifen zu lassen, den Rahmen zu verstehen, in dem man sich bewegt, und so passend schaffen zu können.
    Desweiteren und auch um Betriebsblindheit vorzubeugen, üben wir regelmäszig Zazen und suchen den Kontakt mit andern Sanghas der Deshimaru-Linie. Einige haben eine ähnliche Vision wie wir, andere überhaupt nicht.

    Dies alles ist viel Arbeit, aber es lohnt sich, da ich doch selber merke, wie meine Gedanken, Sprache, meine Worte und Handlungen freier werden und ich sehe dass es anderen auch so geht.

    Zum Abschluss noch ein Satz zur Thematik: über Zazen, über Intimes zu sprechen ist nicht immer einfach, nicht immer nötig. Kommt es jedoch von Innen (und wird vielleicht auch noch erwidert) ist dies wunderbar.

    Schönen Gruss
    Jonas

  22. 

    Lieber Jonas

    Vielen Dank für deinen Bericht. „…über Intimes zu sprechen ist nicht immer einfach, nicht immer nötig.“ Dem kann man nur zustimmen. Es ist die Hauptsache – würde ich sagen. Zeitpunkt, Situation, Umstände, Verhältnis zu den/der anderen sind dabei von großer Wichtigkeit. Auch die Motive, warum wir z.B. an so etwas wie Zazen, Buddhismus, Zen o.ä. interessiert sind. Man könnte sich ein Utopie vorstellen, in der jede/r sozusagen zum Poet wird. Ein grausamer, ein direkter, ein liebevoller, ein schweigender…. Aber ein Gespräch ist so außerordentlich schwierig. Manche denken gleich an eine Art Therapie oder an das Motiv jetzt unbedingt aufklären zu müssen, alles klären, blos nichts im unklaren lassen. Dabei geht es denke ich eher um ein Spiel, um Überraschung und das sich verblüffen lassen. Man könnte sagen sprechen und hören ist um vieles lehrreicher als einfach sitzen, weil, besonders beim hören, die Verblüffung und Überraschung über das was jemand ist, was einem gar nicht aufgefallen war, sichtbar werden kann.

    Viele Grüße nach Paris, Matthias

  23. 

    Lieber Matthias,

    schön geschriebene Antwort und ich bin froh, dass Du eine distanzierte Haltung zur Zu-Schau-Stellung innerer (psychologischer) Zustände hast.

    Heute Morgen hatte ich den Zeitplan eines Sesshins in Japan in den Händen, Zazen während 6 Tagen von 2 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends, nur unterbrochen von kurzen Teepausen und Mahlzeiten. Ich finde dies aus verschiedenen Gründen uninteressant, z.B. sind wir ja schon eine „sitzende“ Gesellschaft, Dein Argument, Sprechen und Hören ist lehrreicher passt auch teilweise. Satori kommt von auβen, wie man so sagt.

    Jedoch finde ich Zazen absolut unabdingbar, finde dass Zen ohne Zazen nicht möglich ist. Das einfache Sitzen ist doch der Ausgangspunkt des Buddhismus.

    So kann der Poet, der manchmal ein Handwerker ist, gehört und verstanden werden, während er einfach ganz normal weitermacht, was er eh schon tut – spachteln z.B.

    Ich hatte die letzten Tage Streit mit ein paar Hysterikerinnen in der Sangha, irgendwie ziehe ich die immer an, anstrengend! Ich war auf jeden Fall beeindruckt, als die eine junge Dame weißen, schaumigen Speichel, um die Lippen hatte, während sie mich angeschriehen hat. Sowas habe ich noch nie gesehen, Schaum vor dem Mund! Manchmal kann ich Konflikte ganz schön lange halten, aber manchmal ist es angenehmer den Anderen am nächsten Tag mit „Guten Morgen“ zu begrüβen und gut ist.

    Ich versuche nochmal auf den Punkt zu bringen, warum ich Zazen und das Wort für so wichtig halte: Habe mich vor einem Jahr mit einer evangelischen Pfarrerin unterhalten, die es nicht gut fand, dass die Protestanten häufig ihre spirituelle Praxis, das Gebet, vernachlässigen und dann noch darum bemüht sind, es allen recht zu machen. Anstatt die alten Worte wie Glaube, Gnade, Demut zu suchen und zu nutzen, versuchen sie psychologisch, moderne Hilfestellung zu geben. Es ist als ob Sie den direkten Zugang verstellen, in dem sie dem Menschlichen eine nicht angebrachte Position zuweisen.
    Zazen und die entsprechende Unterweisung mit all den alten Texten von Sosan, Dogen, Daichi etc. ist etwas vollkommen kreatives, dem ich mich nähere. DURCH die Intimität dieser Unterweisung gehe ich in die Welt.
    Andere tun dies auch, manchmal wie kleine Diktatoren, faule Briefträger oder aufgeklärte Grossbürger. Und ich glaube es ist unmöglich sie zu ändern.

    Schöne Gruss und nochmals Respekt für die Arbeit die Du leistest, werde demnächst hoffentlich die Zeit finden, die neuen Texte zu lesen.

    Jonas

  24. 

    Hallo Jonas, du sprichst etwas wichtiges an wenn du schreibst

    Zazen und die entsprechende Unterweisung mit all den alten Texten von Sosan, Dogen, Daichi etc. ist etwas vollkommen kreatives, dem ich mich nähere.

    Etwas vollkommen kreatives. Das ist der Punkt! Eine der wichtigen Annahmen hier auf diesem Blog ist, daß, wenn wir uns mit Buddhismus ernsthaft beschäftigen, unter Umständen etwas heraus kommt, was für einen in einer Tradition verhafteten Buddhisten, nicht mehr als Buddhismus erkennbar ist. Oder umgekehrt, Meditation z.B., so wie sie heute in weiten Bereichen gehandhabt wird, hat nichts mit Buddhismus zu tun. Daher „denken, nicht meditiern!“ Es geht dabei natürlich nicht um etwas Ursprüngliches, sondern eben um Kreativität. Wenn man die alten Texte nimmt und sie heute liest, dann entsteht unvermeidbar etwas Neues. Wir können gar nicht anders als eine alten Text durch unsere Augen heute lesen, ihn im Kontext unseres Lebens heute denken. Alles andere ist ein Phantasma.

    Das hat auch zu tun mit dem was du mit „distanzierte Haltung zur Zu-Schau-Stellung innerer (psychologischer) Zustände“ ansprichst. Es gibt in der Psychologie wie im Buddhismus eine inzwischen etablierte Sprache, die eine Zugehörigkeit signalisiert, nicht aber ein Verstehen. Psychotherapeuten kennen das Problem, daß Klienten ihre Anliegen in einer Sprache schildern, die inzwischen Allgemeingut ist, bekannt aus einem inzwischen in die allgemeine Sozialisation eingegangen Diskurs. Ähnlich ist es mit dem Buddhismus: Es gibt eine Sprache, die lediglich Zugehörigkeit signalisiert, nicht Verständnis. Das Problem dieser Sprache ist, daß das was sie für ihr Verständnis hält, mit merkwürdig jenseitigen Dingen wie „Erleuchtung“ und dergleichen zu tun hat und daß das dann das eigentliche Verständnis sein soll, welches allerdings das eigentlich eigentliche Verständnis blockiert – das von Immanenz:

    So kann der Poet, der manchmal ein Handwerker ist, gehört und verstanden werden, während er einfach ganz normal weitermacht, was er eh schon tut – spachteln z.B.

  25. 

    Das mit der „etablierten Sprache“, die Zugehörigkeit signalisiert, aber nicht unbedingt Verständnis, trifft es genau. Die Beherrschung dieser Sprache bestimmt auch die die Hierarchie unter den Meditierenden, wenn sie nicht schon von Anfang an wie ein altehrwürdiges Gerüst steht und nicht angezweifelt werden darf.

    Es ist auch nicht klar, ob und in wie weit jeder über seine eigenen Erfahrungen überhaupt spricht, oder zu sprechen wagt, weil von Seiten der „etablierten Sprachbeherrscher“, egal wie weit und tief deren Verständnis reicht, persönliche Erfahrungsberichte und kritische Fragen im Sieb der „etablierten Sprache“ durchgesiebt werden. Ist das was übrigbleibt, nun Abfall, und verbergen sich gerade darin die wertvollen Steinchen?

    Was dann übrig bleibt resp. daraus folgt, sind im besten Fall behutsam und einfühlend formulierte Anleitungen für das tägliche Leben hier und jetzt, die Betonung auf die Basics in normativen Belangen, der Versuch, das alles in Übereinstimmung zu bringen mit der westlichen Ethik und Moral. Im schlechteren Fall hingegen resultiert eine Abhängigkeit, eine kindliche Regression, ein bedingungsloses Ausgeliefertsein an einen „Lehrer“, die Leute sind eingeschnürt und berauscht von nicht mehr zeitgemässen Ritualen und werden „ermuntert“ zu einer sündenschnüffelnden Gesinnung sich selber gegenüber, die sich Achtsamkeit nennt, aber eigentlich nur das Vakuum auffüllt, das die Auflösungserscheinungen der christlichen Religionen und Kirchen mit sich gebracht haben.

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