Das Thema Meditation flammt ja immer wieder auf auf diesem Blog und ist auch sonst für viele Leute von Interesse, die sich nicht unbedingt für Buddhismus interessieren. Um dazu mal kurz und eindeutig Stellung zu nehmen.
Dieses Blog hatte in einer ersten Phase das Motto „Denken, nicht Meditieren“. Das war eine direkte Stellungnahme gegen den Schwachsinn der Meditation der heutzutage verbreitet wird.
Andererseits war mein Hauptinteresse, weshalb ich begonnen habe mich mit Buddhismus zu beschäftigen, Meditation. Ich habe mich über mehrere Jahre sehr intensiv mit Mahamudra- und DzogchenMeditationstechniken befasst – und gewissem Sinne tue ich das noch immer, da diese Techniken natürlich Auswirkungen haben. Man betreibt auch nicht über viele Jahre Ausdauersport, ohne dass das Auswirkungen hätte.
Die angesprochenen Techniken und die damit verbundenen Traditionen haben über viele Jahrhunderte intensive Diskussionen verursacht und es wurden zum Teil sehr detaillierte Texte über diese Techniken verfasst, so dass man – mit den entsprechenden hochwertigen Übersetzungen, die heute verfügbar sind – sich ausführlich darüber informieren kann. Ich würde diesen Techniken unbedingt einen hohen Nutzen zusprechen.
Aber: Diese Techniken werden heute im Westen in absoluter Verkürzung unter einem ganz bestimmten ideologischen Vorbehalt verbreitet. Ohne das jetzt auszubreiten, dieser Vorbehalt ist der, diese Techniken als KapitalismusAffirmation zu gebrauchen. Menschliche Körper werden dazu abgerichtet, gut zu funktionieren. Zwei sehr bekannte Vertreter dieser Dressur sind DiplomLama Ole Nydahl (Mahamudra) und Sogyal Rinpoche (Dzogchen).
Wenn man zurück geht zu den Anfängen dieser Traditionen, kann man feststellen, das sie Elemente einer radikalen IdeologieKritik enthalten, die absolut inkompatibel sind mit dem was heute unter ihrem Logo verkauft wird. Eine angebliche schlichte Gegebenheit des Bewusstseins wird hier dekonstruiert. Fazit: Ja, diese Formen der Meditation zerbröseln das Subjekt, machen hauslos, lassen ein fantastisches leeres Universum erscheinen. Aber das hat Konsequenzen. Das ist der Anfang, nicht das Ende.
Das Problem das ich hier sehe ist die Oberflächlichkeit mit der Meditation gelehrt wird. Ich sag immer: Um etwas zu verstehen muss man an die Wurzeln gehen. Hier ist alles auf einen bestimmten Punkt ausgelegt: Zielorientiertheit. Man versucht den Körper dahingehend zu trainieren um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Die Wurzel der Meditation wird noch nicht mal annähernd angesprochen. Ich verstehe sehr gut was du meinst!!!
ich habe jahrelang eine art…tanzmeditationstechniken gelebt erfahren…nicht “ gemacht“ die auf kuriose weise die subjektivität sensibilisierten und auch transzendierten, bei einer künstlerin und tanzpädagogin, die feministisch und politisch flüchtling vor einer diktatur ist, danke teresa monsegur…….eine „meditation“ ohne einen religiösen überbau, die emotional und geistig stärkte und dennoch oft aufgrund der evozierung eines intensiven erlebens, eine reibungsloses funktionieren im realexistierenden kapitalismus erschwert hatten…wenn man diese tillen innenräume und gruppenerfahrungen macht, war das einordnen in die gesellschft der warenform, karrierismus, das ego ausbauen….lohnarbeiten zum konsumieren eher uninteressant.. eutonie als weg ins „tawamasi“ ;-)
Soweit ich weiß wird Dzogchen nicht mehr für sich allein vermittelt sondern nur in Verbindung mit Tantra. Wobei ich mir vorstellen kann, dass die meisten Praktizierenden im Westen im tibetischen Sutrabuddhismus und äußeren Tantras hängenbleiben. Wer weiß wie viele Leute in den Tantrafabriken Ihr Ngöndro abschließen als Zugangsvoraussetzung für die inneren und höchsten Tantras und gleichfalls für Dzogchen oder Mahamudra.
Da der tantrische Buddhismus im Westen fast ausschließlich nur von Mönchen gelehrt wird, die den selben in Tibet für Ihre Zwecke angepasst haben und andererseits von Großorgas wie NKT, ON und SR, sehe ich auch, dass das absolut inkompatibel ist mit den Ursprüngen und Wirken des Tantrismus im alten Indien und Umgebung.
Egal, was mir im zeitgenössischen tibet. Buddhismus auffällt, ist die Unselbstständigkeit der Praktizierenden. Nach über 40-50 Jahren seit dem das Varjajana im Westen angekommen ist, es immer noch kaum westliche Linienhalter gibt oder zu mindestens Praktizierende die selbstdenkend und unabhängig das ganze hier entwickeln. Ist ja wohl auch nicht sonderlich schwierig, wie Du selber schreibst, sind die Techniken und Texte überliefert.
Ich denke, dass der tibetische Buddhismus als einzige Exportware dieser Region natürlich von den Lieferanten auf vielfältige Weise geschützt wird und indirekt von den Konsumenten weil diese es nicht besser wissen und sich mit einer Scheinexklusivität umgeben möchten. Was die Dressur betrifft und das Springen durch den Reifen, dass hat sich schon in Tibet entwickelt als das indische Tantra unabhängiger Freigeister die selbstverständlich keinem monastischen Orden verpflichtet oder angehört haben, zur Staatsreligion und Instrument staatlicher Macht umgeformt wurde. Ehrlich, ich weiß nicht wie Macht und Religion sich mit dem ursprünglichen Dzogchen vertragen sollen. Aber, vielleicht verstehe ich wieder nichts …
Aber sehr interessant, dass Du über Jahre Dzogchen und Mahamudra praktiziert hast, finde ich gut, hast Du nie erwähnt.
Gutes Beispiel sade. In dem Sinn gibt es vermutlich viele Arten dieser ‚Meditation‘. Meist wird sie nicht so genannt (zum Glück). Sensibilisieren, transzendieren, das sind gute Stichwörter – leider nur von einem Esoterikdiskurs und von einem populären Psychotherapiediskurs beeinträchtigt der das alles immer gleich in so eine MitgefühlsPampe tunkt. Man müsste die Meditation befreien zu einer Technik der radikalen Infragestellung und das auf eine dionysische Art. Eine asketische Dionyse. Musik, Tanz, überhaupt Bewegung, Denken, alles kann in diesen Tanz geraten.
Die erwähnten Techniken aus dem tibetischen Kulturraum führten in solche Richtungen. Das war in einem Zeitraum von 800 bis 1350 so ca. Diese Sachen entstanden in einem ziemlich kreativen Klima, wurden dann aber domestiziert. Heute werden sie innerhalb der Machtstrukturen vermittelt, die ‚Tibet‘ bis in die 1950er Jahre regierten. Eine streng hierarchische, dynastische Vermittlungsstrategie ist das, die Wissen an Zöglinge weitergibt, die sich einordnen. Aber wie gesagt gibt es gute Übersetzungen, man braucht die ganzen Stutzer nicht, die rumsitzen und Erleuchtungsmärchen erzählen und darauf beharren, man benötigte eine ‚Übertragung‘ o.ä. Wie lächerlich. Die tantrische Bewegung in Indien vor dreizehn vierzehnhundert Jahren war schon ein Aufbegehren gegen diesen Popanz. Dzogchen (in seinen vielen Varianten) auch. Es stimmt, man muss sich fragen wie „Macht und Religion sich mit dem ursprünglichen Dzogchen“ vertragen sollen….
Dito. Doch die Situation ist noch weitaus schlimmer.. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als „den Buddhismus“ und seine nach Bewusstseinszuständen gierenden Buddhisten zu Grabe zu tragen; was natürlich an der betreffenden Endoperspektive nichts ändert.
thigles, von wegen zu Grabe tragen. Ich wäre da nicht zu optimistisch. Der Buddhismus im Westen ist ein Zombi.
Radikale IdeologieKritik? Meinst Du Meditation wirkt wie LSD?
Gruss, Benedikt
Interessanter Beitrag. So ähnlich sehe ich „Psychologie vs. Spiritualität“. Es kann nicht genügen, sich funktionsfähig zu machen, es geht um viel mehr … Wie Krishnamurti sagte: Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine zutiefst kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein. Andererseits hilft es auch nicht, selbst an den Verhältnissen kaputt zu gehen.