Im Folgenden geht um eine Episode aus dem Leben des Sogyal Lakar, die von großer, wenn nicht größter, Wichtigkeit für ihn ist: Sein Entschluss, sich einem „Leben der spirituelle Praxis zu widmen“. Dieser Entschluss entspringt einer Art Epiphanie, einer Erkenntnis unter dem Eindruck einer dramatischen Erfahrung – in diesem Fall dem Tod eines erfahrenen Praktizierenden des tibetischen Buddhismus, den Sogyal Lakar, nach seiner Schilderung, aus nächster Nähe beobachtete. Sogyal Lakar schildert diese Erfahrung auf den ersten Seiten seines berühmten Buches Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben.
Ein Rätsel gibt uns die 2. Ausgabe dieses Buches auf. Diese Ausgabe erschien in Amerika im Jahre 2002 als „revised and updated version“. Vgl. dazu nebenstehenden Copyright-Vermerk in der deutschen Übersetzung, die 2004 erschien. Diese Ausgabe enthält eine Anmerkung auf Seite 467, die in der ersten Ausgabe nicht enthalten ist.
Aber gehen wir der Reihe nach vor: Auf den ersten Seiten seines Buches (S. 21 ff.), im ersten Kapitel Im Spiegel des Todes, schildert Sogyal seine Flucht vor den chinesischen Invasoren in Tibet. Diese Flucht wird für ihn als Siebenjährigen zu einer Art erster Einweihung in die Mysterien der tibetische Lehren vom Bardo. Zunächst schildert er, wie er seinen Onkel, seinen „Meister“ wie er ihn nennt, Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö, dabei beobachtet, wie dieser einen Mönch namens Samten im Sterbeprozess begleitet. Sogyal: „Im Alter von sieben Jahren hatte ich eine ersten Vorgeschmack von der ungeheuren Kraft der Tradition erhalten, von der ich ein Teil war, und ich begann, den Sinn und Zweck spiritueller Praxis zu begreifen.“ (S. 22)