Der Untergang des Buddhismus
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Der Untergang des Buddhismus ist eine ausgemachte Sache. Nicht in der Art wie der Untergang des Abendlandes, der, wenn auch verspätet, sich nun doch auch abzeichnet, oder wie das Verschwinden des Menschen, womit dann endlich auch das Anthropozän ein Ende hätte, nein! Der Buddhismus wird untergehen wie jede Mode, wie jeder Gag, wie jeder letzte Schrei der gleich vom nächsten, vom immer mehr und viel zu viel der Überfressenen überschrien wird.
Davon soll Die Glosse handeln – vom Aberwitz der buddhistischen Hybris. In konzentrierter Polemik, mit großem Kaliber, mit wohlgesetztem Blattschuss, mit gehacktem Blei oder mit fein justiertem Giftstoß. Vor allem aber, um nicht mehr als unbedingt nötig vom Leichengeruch zu riechen, der dieses Gewese schon umweht. Die Glosse schafft damit andernorts Platz für Analysen und Betrachtungen die alle mit Buddhismus zu tun hätten, wäre er nicht derart verkommen. Deswegen also Die Glosse. Aber auch um noch klarer zu machen, worum es nicht geht: diesen esoterischen Firlefanz in dem alles ein bisschen wahr ist, nichts aber wirklich, alles irgendwie so umgeistigt und vernebelt, nichts aber klar, alles so verhuscht und blöde grinsend, wie auf Fusel dünnpfiffig voll umnachtet vom Erwachen labernd, nichts aber durchdacht.
Es ist durchaus gerechtfertigt sich gegen eine blöde Esoterik zur Wehr zu setzen die gute Gedanken vergiftet. Es ist ja so: Der Gedanke der Interdependenz – und der der sozialen Verantwortung der sich aus ihr ergibt, der moralische Gedanke an sich sozusagen – ist auf eine Weise im Buddhismus in einer Radikalität angelegt, die jedem transzendentalen Schnickschnack immer sofort den Garaus macht, wie man es im Anthropozän sonst noch nicht gesehen hat. Nur, das ist eben nicht der Buddhismus der Generation Facebook die Karma, Wiedergeburt, Wunderglaube, Meditation, den Oberheiligen vom Arsch der Welt und was sonst noch alles, nicht als das sehen kann was es ist: die endgültig verkitschte Widergängerei halb verwester Zombies aus dem Fin de Siècle. Einer Madame Blavatsky mit MantraApp auf dem iPhone und eines bis zur Infantilität verknöcherten Rudi Steiner, zusammengerührt und reinkarniert als der tolle Eckhart und der wilde Wilber oder in tausend anderen Formen. Immer erkennbar am einzigen was heute noch zählt im geistigen Leben: ein Like unter einem Berg von Zucker, einem debilen totgegrinse jedweden Widerspruchs! Das ist der Buddhismus aktuell und deshalb kann man das was Buddhismus denken könnte, nicht als Buddhismus bezeichnen. Buddhismus ist eine postmoderne emotionale Pest – nicht das was einmal Wilhelm Reich damit bezeichnete, sondern, viel subtiler noch, eine emotionale Ver(bl)ödung und Wüste, in der sich der Gläubige besser als es je die Römische Inquisition geschafft hätte, selbst gefügig macht. Stets zum karmakonformen Konsum bereit und greenwashed bis zum Erbrechen. In dezidiert selektiver Wahrnehmung eine Wirklichkeit fantasierend, die nur den gut situierten, distinguierten und nicht blöd-zufälliger Weise in einem Getto zur Welt gekommenen als Mensch gelten lässt.
Das alles hat natürlich eine Geschichte, das fängt nicht erst mit Facebook an. Das ist Geschichte die viel weiter zurück reicht als bis zu den vier Jungs in weissen Anzügen auf ihrer Magical Mysterie Tour. Aber Geschichte ist nichts für diesen Buddhismus. Dieser Buddhismus ist ahistorisch und verliebt in eine romantische Fantasie, die nicht dadurch besser oder wahrer wird, indem sie von eloquenten Schwätzern in tausenden von nichts sagenden Büchern nur deswegen unter die Leute gebracht wird, weil Verlage mit ihr kräftig absahnen können – von diesem esoterischen Sahnetopf. Und das ist der eigentliche Punkt. Dieser Buddhismus ist ein Parasit. Er schwimmt mit in einem Strom kapitalistischer Ausbeutung und geriert sich dabei mit Leidensmiene als Retter der Armen und Bedürftigen in mitten einer der reichsten Nationen des Planeten, hat aber nicht den Deut einer Ahnung welches Leid er tatsächlich anderswo erzeugt, damit sie, die Retter, hier so gut leben. Interdependenz sehen? Fehlanzeige. Müsste man diesen Buddhismus in biblischen Bildern beschreiben, man sähe einen guten Samariter der sich zu Hause, zentral beheizt, seinen Mantel in zwei Teil schneidet, die eine Hälfte als Reliquie an die Wand nagelt, die andere zur Altkleidersammlung gibt und dann auf den Rücken plumpst, um vor Freude über so viel Gutes in der Welt mit den Beinen in der Luft zu strampeln.
Der geschichtliche, kulturelle und soziale Horizont dieses Buddhismus reicht vom Sitzkissen bis zum von Räucherduft umwehten Buddhareplikat vor einem plärrend buntem Heiligenbildchen mit Diplomlama drauf. Würden diese Buddhisten mal ihr asoziales Biotop verlassen, würden sie sich wahrscheinlich für einen Augenblick wundern, daß es nirgendwo sonst Buddhismus gibt – ausser auf dem Prenzelberg, in Schwabing, an der Zürcher Goldküste oder ähnlichen gated communities.
Der Untergang dieses Buddhismus ist ausgemachte Sache. Und man muss sich klar machen, man begeht nicht mal das was einem in einem fantastischen Nichts verwurzelten Menschen ein Sakrileg wäre da dieser Buddhismus lediglich Teil einer esoterischen Verstandesvermatschung ist, einer Autolobotomie, und nicht etwa Teil derjenigen Bewegung, die den Menschen dazu bringt, zu fragen, was ihn eigentlich ausmacht.
Wer will die Welt zu einem besseren Ort machen und warum sollte man die Welt zu einem besseren Ort mit einem besseren Buddhismus machen?
Den Buddha gibt`s auch im Baumarkt für den Garten. Ja, und?
No Problem.
Ok, Erwachsene, die Tolle oder Wilber als Offenbarung ansehen und Vorträge über das hier und jetzt halten, gehn mir auch manchmal ziemlich auf den Keks.
Da hilft nur Entspannen und loslassen.
Hallo Axel,
in der Tat, der Buddha hat es inzwischen bis in den Baumarkt geschaft. Dort sitzt er nun in trauter Eintracht mit einer Barockputte und Osterhasi. Wer hätte das vor 2500 Jahren gedacht – dass der Clash of Cultures so lustig sein kann?
Man hat vergangene Weihnachten sogar Christbaumkugeln in Form von süßen kleines Buddhas sehen können. So fügt sich der Heilige aus dem fernen Morgenlande nahtlos in die spätkapitalistische Verblödungsmaschinerie ein.
Ich glaube allerdings nicht wie du, daß da nur noch „entspannen und loslassen“ hilft. Das ist es ja gerade, was der Buddhismus uns einbläuen will: daß wir uns angesichts der Misere in der wir leben müssen, entspannen sollen.
Hallo Matthias
wieder mal ein schöner Text von Dir. Ich sehe das nicht als clash of culture, sondern immer noch als Wellen eines roll back, der bereits im 19. Jahrhundert als Folge der Kolonialisierung ausgelöst wurde, sozusagen als Begleiterscheinung einer regen Handelstätigkeit. Das bot nebenbei auch ein reiches Betätigungsfeld für spleenige Kolonialbeamte, die von den religiösen Merkwürdigkeiten des Alten Indien fasziniert waren. Da wird halt bis heute noch einiges angeschwemmt … Wenn einem der Erwachte im Baumarkt-Stil zu kitschig vorkommt, empfehle jederzeit ich einen Ausflug ins Rietberg-Museum …
Nein, unser westliches Verständnis von Buddhismus basiert ja wesentlich immer noch auf den Vorarbeiten einiger interessierter Wissenschaftler aus der damaligen Zeit, das hast Du, glaub ich, an anderer Stelle ja auch schon geschrieben. Nötig ist jetzt einfach eine radikal-kritische Analyse der kanonischen Texte. Das Ergebnis wird nicht allen passen, aber dann wird man sehen, ob eine neue Praxis in unserer Zeit möglich ist.
Unterdessen habe ich den Artikel übersetzt, er wird aber noch gegengelesen werden, bevor er rauskommt. Ich finde ihn sehr gut, nicht ohne Witz, unaufgeregt, wie es sich gehört bei diesem Thema …
Gruss
Guido
Vielleicht hat der Bodhidharma die Weihnachtskugeln in Form von kleinen süßen Buddhas in die Baumärkte gebracht, um an den „höchsten Sinn“ zu erinnern,; nämlich: „Offene Weite – nichts von heilig.“
ich will die Welt nicht (mehr) zu einem besseren Ort machen.
Das Gleichgewicht von Gut und Böse bleibt letztlich immer gleich/pendelt sich immer wieder ein.
Ok, wer die schlimmen Jungs verprügeln will, soll dies tun.
Wer es tut, weiß aber auch, wie sehr er an den bösen Jungs anhaftet.
Und wer will das?
Deshalb, einfach weiter atmen und entspannen.
Kann man gar icht oft genug machen.
PS: Wo ich helfen kann, helfe ich, wie auch immer; keine Frage!
Vor einiger Zeit machte man sich in Salzburg auf, einen geeigneten Platz für eine Stupa zu suchen. Niemand geringerer als Narzisten-Chef Ole Nydahl glaubte dann auch solch einen Ort gefunden zu haben. Als der Bau fertiggestellt wurde, kam der Tag der Einweihung. Zufälligerweise kam ich am nächsten Tag daran vorbei, liegt dieser Ort doch auf der Route meines täglichen Joggings.
Da saßen sie nun – im Schneidersitz und diverser anderer Verrenkungen – unzählige sogenannte Buddhisten. Sie rezitierten Mantren, trommelten auf irgendwas herum, Räucherstäbchen soweit das Auge erblicken konnte. Ich setzte mich dazu, um dieses Treiben eine Weile auf mich wirken zu lassen. Je länger dieses Treiben einwirkte, desto häufiger schüttelte sich mein Kopf von links nach rechts, dann von rechts nach links, dann wieder von links nach rechts usw. .
Aus den mehrheitlich egozentrischen Köpfen dieser Masse war ein Flimmern in der Luft wahrzunehmen, und hätte dieses Flimmern ein Sprechwerkzeug gehabt, wären die Laute wohl folgendermaßen gewesen : „Seht her, ich bin Buddhist!“ Die Lautstärke dieser hypothetischen Laute schien sich nach oben hin zu verschieben, wenn diverse Schaulustige „Nicht-Buddhisten“ sich des „wir gehen Buddhisten schaun“ widmeten und sich in ihre Blicke auf diese „Buddhisten“ richteten. Diese fühlten sich dadurch wiederum darin bestärktet, was ganz besonderes zu sein.
‚Buddhismus‘ als persönliche Identität; vom anatta Gedanken weit entfernt. Stattdessen nur Stolz, Gier, Igonranz, Unwissenheit, in Geistesgiften sonnend, Buddhismus vorgaukelnd. Und das dürfte wohl nicht nur für diesen kleinen Fleck damals in Salzburg gelten. Leider.
Ein alter Chinese, Ch’an-Meister oder so was, soll mal gesagt haben, geh vorüber, dort wo Buddha ist, und halte dich dort nicht auf, wo Buddha nicht ist.
Eine tolle Koan-Seife, nicht, springt sie einem zuerst dauernd aus der Hand, und wenn man’s schaffst, sich damit einzuseifen, gibt’s bloss viel Schaum, und für eine Weile ist man ein wohlriechender Bodhisattva …
Guido, danke danke. Aber bitte nicht vergessen: Das hier ist ernst gemeint. Die Idee dieses Blogs ist wirklich, mit jeglicher Metaphysik aufzuräumen. Habe noch viel vor in dem Jahr. Die Glosse will polarisieren. …die anderen Text sollten dann desto kühler um so schärfer schneiden.
Was läuft denn so im Museum Rietberg? Als ich das letzte Mal da war, sah es so aus:
Und natürlich ist unser Buddhismus geschichtlich bedingt. Hast Recht. Ich bin in der Hinsicht beileibe kein Fachmann, aber ich weiss genug davon, um nicht mehr an ein Original glauben zu müssen. Unser Buddhismusbild geht allerdings weiter zurück als bis ins 19. Jhdt. Eher bis auf Lessing. Ludger Lütkehaus hat da ein gutes kleines Buch darüber verfasst. Werde ich demnächst mal auf Kritikos & Bodhi vorstellen.
Übrigens bitte dort mal den „Hinweis für Leser“ ansehen. Wer was beitragen möchte, ist willkommen (allerdings natürlich nur unter den strengen Bedingungen absoluter Hoffnungslosigkeit).
Prima, das mit dem Artikel…
Koan-Seife benutze ich nie. Ich wasche mich aus Prinzip nicht. Will das Blut all der erschlagener Buddhisten nicht abwaschen. (alter tantrischer Brauch das, auch das einreiben mit ihrem Fett, um heil durch die Nacht und durch’s Reich der Toten zu kommen)
Axel, du Scherzkeks. Bodhidharma im Baumarkt, um an den “höchsten Sinn” zu erinnern, nämlich: “Offene Weite – nichts von heilig.” Du weisst hoffentlich, daß das sehr gefährlich Worte hier sind. Mit „nichts von heilig“ segne ich meine Kanone voll gehacktem Blei, bevor ich sie auf gläubige Buddhisten abfeuere. Alter Piratenbrauch, schont im Nahkampf die aufzubringende Prise.
Auch das Wort „anhaften“ ist hier mit Vorsicht zu gebrauchen. Es geht das Gerücht, daß der Schlaumeier der damit was vermeintlich buddhistisches übersetzen wollte, in einer dieser Höllen schmort deren Feuer von deutscher buddhistischer Esoterikliteratur am brennen gehalten werden. Es soll echt total übles Karma bringen dieses „anhaften“.
Thigle, den lieben Ole habe ich mir schon vorgemerkt. Ich gedenke => hier einige heilige Kühe zu schlachten. O-Ton Diplomlama Ole:
Durch die Wirkung von Drogen lässt die Fähigkeit nach, kritisch zu denken.
Eben genau, der Mann hat recht. Ich bin deshalb dafür, den Gebrauch von Buddhismus unter Strafe zu stellen und an Buddhismus erkrankte Süchtige in entsprechende Anstalten zwangsweise einweisen zu lassen.
Also, Matthias, an der Seriosität meines Ernstes darfst Du nicht zweifeln …
Metaphysik, Feigenblatt der Religion, nimm es weg – grosse Scham.
Die Modeerscheinung ganz bestimmt, und wenn die nicht untergehen würde, dann würde Dhamma – Vinaya („Buddhism“) das sicherlich, aus diesen Grunde tun.
Bekannt, beliebt oder bescheiden, ehrlich und eben deshalb auch unbekannt und klein.
Die Masse strömt immer dem Vergnügen nach, wer sucht schon den Drogenentzug.
G.K., ich wollte nur vorwarnen, da der Batechlor-Text, wenn der auf Deutsch vorliegt, ebenfalls auf diese Punkte hin untersucht werden kann.
Noch zu einem anderen Thema, das du angesprochen hast. „Nötig ist jetzt einfach eine radikal-kritische Analyse der kanonischen Texte.“
Das ist natürlich eine unglaubliche Arbeit und ich weiss nicht ob sie unbedingt nötig ist. Vielleicht reicht es, wenn wir uns auf unseren kritischen Verstand besinnen. Kritisch im Sinne von dialektischem denken.
Ein solches Projekt hat mit riesigen hermeneutischen Problemen zu kämpfen, ganz abgesehen von der Philologie. Es gibt aber schon einiges an Arbeiten in diesem Feld. Richard Gombrich z.B.: „How Buddhism Began“ oder „What the Buddha thought“. Vor allem letzteres dürfte gut zum Verständnis der Relativität der Deutungen darüber sein, was ‚der Buddha‘ dachte, meinte und sagte. Ebenfalls gut ist Sue Hamiltons „Early Buddhism: A New Approach“. Sie geht sehr ausführlich, wie Gombrich, auf die Bedeutungsebenen häufig und leichtfertig benutzter Palibegriffe ein. Ebenfalls sehr gut in dieser Hinsicht diese Webseite => Jayarava’s Raves.
Ole Nydahls oder Willigis Jägers, um nur zwei zu nennen, gabs wahrscheinlich immer mal wieder. Aber was soll`s?
Die Glosse und manche Beiträge gehen aus meiner Sicht eigentlich in dieselbe Richtung = wir haben die reine Lehre/Leere = wir sind die Besseren und setzen noch eins drauf, denn wir machen jetzt „einfach eine radikal-kritische Analyse der kanonischen Texte“. Hahaha!
Ich empfehle „Janwillem van de Wetering: „Reine Leere; Erfahrungen eines respektlosen Zen-Schülers“ über machthungrige Zen-Meister oder alkoholabhängige tibetische Rimpoche.
Axel, das hier ist eine Glosse. Hier darf jeder die reine Lehre vertreten.
Was deine Empfehlung angeht: Sie klingt gut. Du würdest allen eine Gefallen tun, wenn du kurz aufschreibst, um was es in dem Buch geht. Wir haben dazu ein extra Blog und dein Text kann dort veröffentlicht werden.
Juhu, das klingt gut!
a) Gibt es das: den Buddhismus?
Es gibt verschiedene Richtungen, die eben auch das sind: verschieden.
Die Gemeinsamkeiten zwisch sagen wir mal TNH und Shin-Buddhismus (egal ob in seiner traditionellen oder seiner unabhängigen Form) sind doch sehr gering.
b) Ist er am untergehn?
Wir sollten unseren eurozentristischen Blick ablegen. Weltweit ist er sicher am abnehmen, aber wir reden noch von (will man sie doch zusammenrechnen) 6% der Weltbevölkerung. (Davon 56% Mahayana, 38% Theravada, 6% Vajrayana, um auch da mal die Relationen zu sehn).
In einigen asiatischen Ländern sind über 50% der Leute Buddhisten. So schnell wird das nicht verschwinden.
Der Buddhismus im Westen ist da eher belanglos. Aber ich denke nicht, das er verschwinden wird. Es wird, wenn ide ganzen Charismatiker tot sind, sich vielleicht auf so einer Größe wie die Osho-Bewegung oder Scientology einpendeln. Sie geben Leuten das, wonach sie sich sehnen.
Sie erfüllen Bedürfnisse.
c) Verstandesvermatschung trifft sicher zu kurz, weil es auch Überlegungen auf intellektueller Ebene gibt, die ich zuimindest inspirierend finde, durch die Jahrhunderte hinweg.
d) die Sloterdijksche Variante
Seine Theorie: Religion geht als Glaubensreligion immer mehr den Berg runter, aber Teile aus Religionen als Übungsweg wird immer wichtiger. Die Glaubensinhalte werden weniger wichtig, wichtiger werden die übenden Aspekte – der mensch als sich ins Leben einübendes Wesen.
Des weiteren ist sicher auch zu bedenken, daß der Mensch nicht nur ein intellektuelles Wesen ist. Und gerade andere Bedürfnisse (emotionale, energetische, körperliche, psychische, Bedürfnis nach Stille und Entschleunigung, Ent-Spannung etc.) können solche Übungen gut erfüllen.
(Tai Chi, Yoga, Meditation nimmt ja auch im säkularen Umfeld immer mehr zu. Selbst im Kirchen gibt es diese Ebene (man denke z.B. an den Mann mit dem Jägerlatein – bis hin zu Tanzmeditationen in Kirchgemeinden). Leute wie TNH bedienen das meiner Meinung nach auch perfekt, ebenso wie Soka Gakkai.
Wenn ich aber auch eine Gegenbewegung zu dem „Üben als Tun, um etwas zu erreichen“ sehe. Dazu würde ich sowohl teile des Zen, als auch einen Großteil der Neo-Advaita-Bewegung als auch Shin und den ganzen Wei Wu Wei und Ziran-Ansatz des Daoismus sehen.Zum teil auch Ansätze bei Osho, wo es mehr um in Fluss kommen als um erreichen geht.
Mir fällt gerade noch eine Unterscheidung ein (eine zw. westlichen Denken und chinesischen, die ich so bei Jullien und Wohlfart gefunden hab).
Westliches Denken ist sehr an Wahrheit interessiert (darunter würde aber auch der Buddhismus zum Teil fallen), Chinesischen mehr an der Funktionalität. Die Frage ist also weniger: „Was ist wahr“, sondern „was funktioniert“? (So ist für Konfuzius z.B. nicht die Frage, ob höhere Mächte exisiteren, sondern ob die Rituale ihre Funktion im Leben haben).
Um es vielleicht ein wenig überspitzt zu sagen: Für Wahrheit ist Rausch und Selbstbetrug ganz schlimm, für die Funktionalität aber unter Umständen gar nicht.
Da wäre die Frage, inwieweit dieser Übungsaspekt viel eher in die Richtung Funktion geht, als in Richtung Wahrheit.
Das Problem, das ich manchmal seh, daß man der Funktionalität dann oft noch einen Wahrheitsaspekt auffropfen will.
(Aber sicher gibt es eine Tradition, im Osten wie im Westen, die Wahrheit überhaupt in Frage stellt, ich seh da eine Linie, die von Zhuangzi über Protagoras bis zu den Konstruktivisten reicht).
Jinen.
Du hast mit jedem Punkt Recht. Bitte bedenke, daß der Text unter der Rubrik „Die Glosse“ erscheint. Das ist nicht der Ort der Differenzierung. Was z.B. den Untergang des Buddhismus angeht, ist natürlich nicht der asiatische gemeint.
Zur Frage gibt es den Buddhismus?
Ich benutz den Begriff X-Buddhismus. Eingeführt wurde der vor anderthalb Jahren von Glenn Wallis in einem Text namens Nascent Speculative-Non-Buddhism (=> Link [pdf]). Ausgehend von diesem Begriff unterscheiden sich die verscheidenen Buddhismen lediglich als Varianten ein und derselben Syntax. Jeglicher X-Buddhismus bezieht sich immer in der einen oder anderen Form auf einen ultimativen Dharma. Insofern gibt es den Buddhismus.
Batchelor z.B. möchte seinen Buddhismus 2.0 aus den eigentlichen Kernelementen des Buddhismus kristallisieren. Die Traditionslinien im Tibetischen Buddhismus laufen immer auf eine Vergangenheit zu in der ein Gründer o.ä. den eigentlichen Grundstein legte. Im Zen ist es nicht anders. Immer versucht man sich der einen ursprünglichen Ursache zu versichern. In der einen oder anderen Form ist da immer dieses große X das auf den Gründer zu läuft, der alles damals richtig verstanden hat und den wir heute verstehen müssen um uns zu erleuchten. Dieser Versuch aber sich des einen historischen Originales zu versichern, das man dann auch richtig verstehen muss, ist hermeneutisch unmöglich. Warum? Weil Verstehen immer ein Vorgang ist, der auch vom Jetzt mit beeinflusst ist.
Das Original entspricht dem was ich in dem anderen Posting als Transzendentalen Klebstoff bezeichnet habe. Er funktioniert und wirkt, entspricht aber nicht einer Wirklichkeit oder eine Hypothese die die Welt besonders gut erklären würde. Das liegt daran, das diese Funktion immer auch eine Ausschluss beinhaltet, indem immer alles vom Dharma her erklärt und diesem untergeordnet wird – schön zu sehen beim so genannten Dialog des HHDL mit den Wissenschaften.
Also ja, es gibt den Buddhismus. Seine Varianten unterscheiden sich nur graduell darin, wie sie eine überweltliche Wirklichkeit beschreiben… letztere kann auch einfach eine Robe sein auf die ein Zen-Mensch seinen Autorität baut.
Das ganze betrifft auch die Wahrheit, die du ansprichst, denn der transzendentale Klebstoff hat die Eigenschaft wahr zu machen. Er ist ein Wahrmacher könnte man sagen. Ich habe versucht das anhand dieses Beispiels zu erklären.
Kritik ist immer gut, aber dieser und ähnliche Artikel bleiben meist den Oberflächlichkeiten stehen, faseln hier und da ein wenig von anti-Metaphysik, sind gegen dies und jenes, wiederholen von anderen Rüpeln aufgeschnapptes, und wie immer sind`s Die Anderen™.
Hier wird kein Funken auf die eigentliche Lehre eingegangen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Es entsteht der Eindruck, dass auch das nur ein weiterer Teil der Hybris ist, und der Autor sich evtl. mehr in Räucherstäbchen-Zentren und sonstigen Massenversammlungen herum getrieben hat, als ihm gut tut.
Grüße
„Dieser und ähnliche Artikel“ sagts du. Welche „ähnlichen“ meinst du. Was hast du gelesen? Was meinst du mit „eigentliche Lehre„? Den Buddhismus etwa? Und was soll deine kleine Unverschämtheit im letzten Satz, kann da ein Buddhist mal wieder das Wasser nicht halten?
P.S. Brauchst nicht zu antworten. Ich sehe gerade im Buddhaland, daß du da einer der Bescheidwisser bist.