Von den Falschen und den Richtigen
Man soll sich also rechtfertigen. Dafür dass man es nicht akzeptiert, wenn Buddhisten durchblicken lassen, dass die Gaskammer jüdisches Karma war. Wenn man nicht hinnimmt, dass Kunst sich gefälligst nach der Auffassung buddhistischer Obrigkeit zu richten hat. Wenn man es verabscheut das sexueller und finanzieller Missbrauch durch Buddhisten von Buddhisten totgeschwiegen wird. Wenn eine miefige Sexualmoral angeprangert wird, die eben solchen Missbrauch eher ermöglicht als verhindert. Dafür dass man in buddhistischer Philosophie das genau Gegenteil angelegt sieht als den Kittelkult und das Esoterikgetue, das heute Buddhismus sein soll. Wenn man sich über kapitalistische Eiterbeulen aufregt, die für 1000 € den Tag so genannte Meditation an gestresste Manager verkaufen. Wenn man im buddhistischen Dauergegrinse lediglich das Abwürgen jedweder Diskussion erkennt – über die Ursachen des Leiden. Dass man im großmannssüchtigen deutschen Buddhismus lediglich eine narzisstische Verliebtheit in spirituelle Karrieren erkennt. Wenn man nachweisst, dass es lediglich um Rang, Namen, Status usw. geht. Um den Schein von etwas von dem alle träumen, das keiner kennt.
Dafür soll man sich rechtfertigen. Dass bei genauem Hinsehen Buddhismus als postmoderner Hokuspokus erkennbar wird, der keineswegs so lächelnd ungefährlich daher kommt, wie er sich den Anschein zu geben sucht. Denn in der Tat wird bei genauem Hinsehen zumindest eine Strömung im deutschen Buddhismus sichtbar, der es an üblem reaktionärem Gebaren kaum mangelt. Das idiotisch-naive Karmagetue, eine triebverdrängende Sexualmoral und eine obrigkeitslüsterne Unterwerfungshaltung lassen eine Struktur erkennen, bei der es einem hoch kommt. Da beginnt es nach Hosenboden zu riechen (um es mit Tucholsky zu sagen). Übersetzt bedeuten diese drei Punkte nämlich ein Kasten- und Rassedenken, eine Verdrängung der Kreativität zu Gunsten eines Uniformitätsdenkens, wobei beides dann, als Krönung des ganzen Miefs, in eine totalitäre politische Grundhaltung mündet.
Freies denken, Aufrichtigkeit, Nachdenklichkeit, Witz, Ironie, Kreativität, die Lust am Neuen – überhaupt die Lust – sind diesem Buddhismus verhasst. Lächeln ist hier tot lächeln. Das Gerede von Authentizität ist ein Machtgestus. Authentisch ist immer nur der Führer. Der Rest hält sich für authentisch, wenn er Authentizität imitiert. Und vor allem hat man das Maul zu halten, solange man nicht unverschämt genug ist, sich für erleuchtet auszugeben.
Was der eigentlich Punkt ist. Der freundlichen Bitte um Rechtfertigung der Authentischen: Das Schweigen. Man soll schweigen. Nicht fragen, denken, folgern, suchen – schweigen. Man soll die Selbstzufriedenheit nicht stören. Die buddhistische Selbstzufriedenheit. Eine die nur möglich ist, wenn man massenhaft das Falsche verdrängt. Denn das bedeutet Freiheit: das Falsche sehen und benennen können. Es sagen zu dürfen. Sagen dürfen, dass etwas falsch ist.
Der sexueller Missbrauch den eine mächtige Person ausübt zum Beispiel. Wenn sich eine Person aus falsch verstandener Hingabe der Lüsternheit eines falschen Heiligen hingibt, dann ist das falsch. Im Buddhismus im Westen sehen wir, dass dies vielfach auftritt. Aber wir sollen es nicht sagen dürfen. Stattdessen sollen die, die es sagen, sich rechtfertigen. Als ob die, die Unrecht anprangern, sich je zu rechtfertigen hätten.
Diejenigen die diese Rechtfertigung fordern, sind die Falschen. Den Kleinen kann man das nicht anlasten. Wir sind alle nicht frei von Fehl. Aber die Großen, die Kuttenträger in Amt und Würden, die gegen das Falsche nicht vorgehen, die sollte man zum Teufel jagen. Die Schweiger in den buddhistischen Institutionen. Die Schönredner und gelehrten Schwafler. Die, die nichts als ihre dharmischen Darmwinde von sich zu geben haben und die ohne ihre schicken exotischen Klamotten und ihrem ganzen heiligen Klimbim schlicht nicht vom nächst besten Spiesbürger zu unterscheiden sind, die sollte man mit dem Stock segnen, dass sie Fersengeld geben und verschwunden sind, ehe man sich versieht.
Da das aber kaum zu erwarten ist – dass die Hüter dieser selbstgerechten buddhistischen Gartenzwergkultur einfach verschwinden – sollten diejenigen die noch unterscheiden können was einen ehrlichen Menschen von einem Lustmolch und Schwindler in Robe unterscheidet das Wort ergreifen.
Die Frage ist doch, was für einen Buddhismus man will? Einen der das Falsche sieht, das Leiden also und das was dazu führt? Oder einen institutionalisierten Schönwetterbuddhismus der in meditativer Gelassenheit das Falsche verdrängt?
Ich glaube diese Störung ist ein Symbol dieser egozentrierten Welt, Das was der Mensch daraus macht.. Es ist egal ob nun im Buddhismus, im Christentum, im Tierschutz, in der Zwischenmenschlichen Kommunikation. Du findest diese Störung überall.
Der Mensch umgibt sich gerne mit dem Aussenbild eines der ganz oben steht auf der Leiter und auf alle anderen hinabblickt, das Problem ist nur, das es zu viele gibt, die nach oben wollen. Das Gedränge auf der engen Leiter sorgt dafür das der Mensch sich mit Halbheiten zufrieden gibt, Je näher er der oberen Sprosse kommt, desto intensiver werden seine Depressionen, weil er merkt, er ist ganz oben und es hat sich an seinem IST Zustand nichts geändert.
Das was du über den Buddhismus beschreibst, kannst du letztendlich für alles einsetzten, für jede Religion, für alles was den Menschen ausmacht.
Er möchte frei von Leid sein, das ist sein Begehren, doch statt sich damit auseinander zusetzten, verfolgt er seine Ziele die ihn immer weiter von sich selbst führen.
Du fragst welchen Buddhismus wir wollen, diese Frage habe ich mir auch oft gestellt, die Frage nach dem: „Was ist überhaupt Buddhismus in unserer heutigen Zeit, ein einreihen von esoterischen Versprechen, oder eine Tradition die wir Westler nie verstehen werden?“
Ich habe die Suche nach der Antwort aufgegeben, seit dem lebe ich als Buddhistin viel besser, umgeben von Leid, aber auch von Glück. Ich habe für mich begriffen, das Buddhismus für mich beides beinhaltet, unabhängig was Medien, Gurus, Lamas predigen. Ich muss ihn fühlen, den Buddhismus in mir. Mit Buddha selbst hat er nicht mehr viel zu tun… sondern nur mit dem was da ist und danach lebe ich.
Ich glaube Buddhismus, so wie ich ihn verstehe, ist sehr einfach, sehr ursprünglich, es ist kalt, dann friere ich, es ist warm und mir rinnt der Schweiß den Rücken runter, es ist arbeit, dann arbeite ich, es ist Faulheit, dann bin ich faul es ist ruhig, dann fühle ich die Ruhe.
Es ist Lustig, dann lache ich. Es ist Schmerz, dann weine ich. Es ist traurig, dann fühle ich Unglück. Es ist glücklich, dann fühle ich Glück.
Es ist! – DAS ist für mich Buddhismus.
Alles andere ist das was der Mensch daraus macht.
Dir alles liebe von der Jo
Hallo Johanna.
Du schreibst, das was ich über den Buddhismus schreibe, kannst ich letztendlich für alles einsetzten, für jede Religion, für alles was den Menschen ausmacht.
Mag sein. Aber der X-Buddhimus tritt mit einem Anspruch auf. Mein Nachbar hat diesen Anspruch nicht – und ich auch nicht. Deshalb können wir uns normal unterhalten. Mit dem X-Buddhisten gibt es kein gleichberechtigtes Gespräch. Hier herrscht der Hochmut.
Viele Grüße.
Wenn es traurig ist, dann bin ich traurig. Wenn es glücklich ist, dann bin ich glücklich. Klingt vernünftig. Was aber, wenn in dem Glück eine stille Trauer mitschwingt oder die Liebe gleichzeitig von Wut durchschossen ist, wenn eine Sache selbst unrein, widersprüchlich ist und eine einfache Identifizierung misslingen muss? Das sind Momente der Unruhe, in denen das Denken anfängt. Ist es nicht geradezu symptomatisch, dass in diesen endlos fortsetzbaren Aufzählungen à la „wenn x, dann x“ immer eine Leerstelle klafft: Wenn es denkt, dann denke ich?
Und wenn ich denke, dann bin begeistert, stinksauer, dann ist mir zum Lachen und zum Weinen zu Mute und ja, tatsächlich, manchmal alles zugleich. Herr, gib mir mehr Komplexität.
guter text, endlich sagts mal einer – gartenzwergbuddhismus, manchmal denke ich: „schöne neue welt“. und die fragen im letzten absatz sind auch ganz richtig so. wir erschaffen den buddhismus, gerade hier, wo er noch so jung ist.
gut geschrieben der text, klare worte für eine klare sache.
find’s auch ziemlich schräg, dass gurugläubigkeit das denken abschaltet. gab’s alles schon und ist nichts neues. aber seltsam, befremdlich, kurios, dass sich die selben mechanismen manigfach wiederholen lassen, und die leute fallen immer wieder drauf rein.
steht buddhismus auf dem ettikett, wird komplett ausgeblendet, was bei andern, gerne und zu jeder zeit, angefeindet und verurteilt wird. kann dem nicht folgen…, aber vielleicht brauchen viele eine „führer“, guru oder lama, egal wie sie es nennen, weil sie dann nicht selber denken, fühlen, handeln brauchen, der frührer hat’s ja so erklärt… ist keiner für sich selbst verantwortlich, ohm… und meditieren… das karma wird’s schon richten. war ja bestimmung.
Ein zweiter Kommentar meinerseits :
Zum Karma der Menschen die vergast wurden:
Man könnte ja auch sagen, dass die Deutschen (in Uniform) schlechtes Karma hatten, da sie so viele Menschen umgebracht haben, in den 30er und 40er Jahren.
Weiter könnte man sagen dass die, die vergast wurden oder in Gefängnissen landen u n s e r a l l e r Karma auf sich nehmen und dies ausleben. Von diesem Standpunkt ausgesehen, kann man Häftlingen gegenüber eine sehr große Demut entwickeln, vor allem wenn man sieht dass man selber Häftling und Wärter ist.
Zum Buddhismus oder Buddha-Dharma, das Wort wird schon abgenutzt, es liegt aber doch auch an uns es zu benutzen. Eine spontane Handlung ist Buddhismus, beispielsweise, oder den Telefonhörer abzunehmen.
Zum Meister-Schüler-Verhältnis: Ich kann mir Buddhismus ohne Meister-Schüler-Beziehung nicht vorstellen und finde dies etwas sehr schönes und großes. Früher gab es dies in Europa auch im Handwerk und in der Kunst und wurde langsam durch administrative Normen abgeschafft. Ganz ähnlich wie im klerikalen Buddhismus.
Das Problem ist unlösbar, der Mensch kann wirklich nicht alleine denken und sich zu recht finden, dies wird ihm doch nur durch harte Arbeit an sich selbst langsam möglich. Und dann doch nur durch Inspiration von außen. Wenn man sich verliebt, trifft man die Frau oder den Mann doch meist durch „Zufall“ und dann sieht sie/er auch noch ganz anders aus als man es sich vorgestellt oder gewünscht hat – später erkennt man dann: Ah, das ist richtig so.
Das hat wirklich nichts mit Führerkult zu tun, was ich da schreibe.
Es gibt auch die Verantwortung der alten Schüler, auf den Meister korrigierend einzuwirken. Hierfür braucht es Mut und Erfahrung. Ich glaube Mut ist, wenn man sich in die Untiefen des anderen hineinbegibt und die selbe Schwäche in sich verspürt die der Andere auch hat.
wer weiß den überhaupt ob es karma gibt…
das ist ein glauben und kein wissen
was war zuerst da, das ei oder das huhn?
und wie verhält sich mit den sichtweisen anderer religionsgemeinschaften…
na ich hab auch schon buddhisten sagen hören, es gibt mönchen die bewegen mit einem finger wolken.
für mich alles ein doublebind http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelbindungstheorie
nach dem anderen. in jeder religion wimmelt’s nur so davon…
das dritte reich hat mit krama nichts zu tun, sondern mit leben, historie, entwicklung und politik.
die erde ist schließlich auch keine scheibe…
oh, ich vergaß noch etwas. der mensch ist sehr wohl im stande selbständig und frei zu denken. er ist sogar fähig aus sich heraus zu lernen. das liegt in seiner natur.
ich weiß nicht, wo da noch ein unterschied zu den katholiken sein soll. auch der ansatz mit dem lernen und verstehen. ein pfarrer predigt von der kanzel, interpretiert geschichten, die die gläubigen so sehen sollten, denken nicht ausdrücklich verboten, aber eigeninterpretation sobald sie nicht ins konzept paßt, unerwünscht. das selbe läuft mit bibelkreisen, usw. usf. im judentum ist es nicht anders, im islam, bei den zeugen jehovas, und, und, und…
buddha hatte keine lamas und keine gurus, er hat das eigene denken, das jedem inne ist, an oberste stelle gestellt, das hinterfragen, das selber zu schlüssen kommen, er hat nix von lamas und gurus erzählt, die es braucht, um das zu verstehen, um was es ihm ging…
in der westlichen welt, wird über die insititution kirche gewettert, was das zeug hält, die legen auch aus, lehren die 2000 jahre alt sind, nacherzählt wurden, von anderen…
wo ist denn da ein unterschied zum buddhistischen system, das ist kein bißchen anders, außer dass ihm der vatikan fehlt, weil das drama um lasa statt fand.
wenn das krama – an das ich nicht glauben kann – weil das leben selbst dem widerspricht – tatsächlich existieren würde, was wird dann z.b. so ein drama um tibet gemacht, warum die ganzen storries befreit tibet, das gerede vom dalai lama, das ist doch dann auch nur alles karma und somit vorher bestimmt. es ist das karma der tibeter, dass es ihnen geht wie es ihnen geht. es karma des buddhismus, dass das so geschieht. warum dann das ganze gerede und gezeter, das rettet tibet, alles nur karma und muß damit so sein.
das ist alles hahnebüchen für mich und menschenverachtend.
demut den opfern gegenüber. einer der im kz saß, sagt dann danke, dass du mir die demut entgegen bringst, damit wird alles gut, oder was? das war mein karma, das ich erfüllt habe…
soviel menschenverachtung auf einen schlag, und nicht nur bei dem thema, das ist ohne worte für mich.
ich kann diese ganzen auffassungen im buddhismus nicht teilen, sie tragen den selben fundamentalismus in sich, wie alle anderen religionen der welt auch.
laß ich doch zuletzt, der buddhismus wäre das größte geschenk an den westen. krieg ich die tür nicht mehr. eine solche überheblichkeit, nicht zu fassen. was ist den daran ein geschenk, wenn es mit solch einem fundamentalismus daher kommt und den holocoast als karma bezeichnet. eine nicht zu übertreffende ingnoranz und überheblichkeit unserer kultur und geschichte gegenüber.
wo ist der respekt des buddhismus dem alten gegenüber? dem was schon da ist? dem was davon alltäglich ist, zum leben gehört, mit buddhismus nichts zu tun hat, sondern allgemeingut der menschheit ist, keiner religion gehört, sondern den menschen selbst, weil es zutiefst menschlich ist….
das ist doch schon wieder so eine kreuzzug gegen andersgläubige, nur mit anderen mitteln, gewalt kann auch in worten ausgeübt werden und in ignoranz. ich krieg da echt die krise.
Karma bedeutet Handlung, nichts anderes.
Den Rest den Du schreibst ziehe ich mir nicht an, dass hat nichts mit dem zu tun, was ich geschrieben habe. U.a. da Du Buddhismus als eine der Weltreligionen (oder als Religionsgemeinschaft) betrachtest was ich nicht tue, siehe meinen vorhergehenden Kommentar. Achja doch noch etwas, es gibt eine Art Vatikan im Zen-Buddhismus und wie Du evtl. zwischen den Zeilen gelesen hast, passt der mir nicht.
so wie mir das von einem anhänger der „europäischen buddhistischen line unter dänischer führung…“ erklärt wurde, wird unter karma: das gesetz von ursache und wirkung, verstanden…
laut wikipedia: Karma (n., Sanskrit: कर्मन् karman, Pali: kamma „Wirken, Tat“) bezeichnet ein spirituelles Konzept, nach dem jede Handlung – physisch wie geistig – unweigerlich eine Folge hat. Diese muss nicht unbedingt im aktuellen Leben wirksam werden, sondern kann sich möglicherweise erst in einem der nächsten Leben manifestieren.
unter diesem gesichtspunkt, das weltgeschehen, egal in welcher epoche, als karma zu bezeichnen, geht einfach viel zu weit.
ja, ich hab das schon aus deinen zeilen herausgelesen, das der institutionelle charakter dir nicht paßt.
dem kann ich mich echt nicht anschließen, Zitat:
Zum Meister-Schüler-Verhältnis: Ich kann mir Buddhismus ohne Meister-Schüler-Beziehung nicht vorstellen und finde dies etwas sehr schönes und großes. Früher gab es dies in Europa auch im Handwerk und in der Kunst und wurde langsam durch administrative Normen abgeschafft. Ganz ähnlich wie im klerikalen Buddhismus.
Das Problem ist unlösbar, der Mensch kann wirklich nicht alleine denken und sich zu recht finden, dies wird ihm doch nur durch harte Arbeit an sich selbst langsam möglich.
Nach meiner Erfahrung im Leben, lernen Menschen sehr vieles von Gleich zu Gleich, im Austausch miteinander und vom Leben selbst.
Einem Meister-Schüler-Verhältnis fehlt die Ebenbürtigkeit. Wissen/Erfahrung/Leben unterscheiden sie je nach Mensch und bedingen nicht zwangsläufig eines Meisters sondern des Verständnisses.
Aus ihm heraus und Gleich zu Gleich ergibt sich sehr viel, oft auch auf spielerische Weise.
Es ist nicht anstrengend, es muß auch gar nicht anstrengend sein, es kann fast von selbst geschehen, wenn es (zu)gelassen wird.
Dazu braucht das menschliche Sein sich auch nicht mit Doublebinds auseinandersetzen, versuchen unvereinbares vereinbar zu machen, sondern kann es sein lassen wie es ist. Das ist einfach nur Leben, unanstrengendes Leben mit viel dazulernen, spielerisch…
Zum Thema Karma… und zum Thema: Was macht eine sinnvolle Aussage aus.
Karma: Wenn man wollte könnte man klar differenzieren zwischen einem hinduistischen Karmabegriff und einem buddhistischen. Hinduistisch ist der Karmabegriff, der von den allermeisten Buddhisten benutzt wird. Dass Handlungen auf ein und dieselbe Person, egal ob in dieser oder der nächsten Inkarnation, zurückfallen. Am stärksten ausgeprägt im tibetischen Buddhismus, da in ihm auch explizit von einer personalen Wiedergeburt ausgegangen wird.
Der buddhistische Karmabegriff bezieht sich auf Handlung und nicht auf eine Spekulation darüber was eine Handlung irgendwann in ferner Zukunft auslösen könne. Er bezieht sich auf das was einem Menschen überschaubar ist und auf das was ein Mensch der bei Verstand ist als verantwortbar einsehen kann. D.h. es geht um das Konkrete und nicht um das Spekulative. Damit geht es darum, was einen integeren Menschen ausmacht. Begriffe wie Integrität und Verantwortung kommen hier also schnell ins Spiel und wir sind sofort bei Problemen die auch schon im Westen lange bedacht wurden.
Weiter kommt man so zur Frage, was unsere Bewusstsein strukturiert, das uns ja überhaupt erst Situationen in bestimmter Weise wahrnehmen lässt und was entsprechend dann unsere Handlungen strukturiert. Demnach hätte Karma schon mit der Frage zu tun, was mich zu dem macht, was ich bin – nicht aber in Bezug auf vergangene Leben, sondern in Bezug auf die konkrete Umgebung in der ich mich bewege. Kultur, soziales Umfeld, Politik, Ökonomie… was strukturiert meine Handlung? Das ist die Frage. Und: Was ist verantwortliches, integeres Handeln? Hier kommen auch die anderen wichtigen Begriffe wie Annata und Paticcasamuppada zum tragen.
Karma als das Gesetzt von Ursache und Wirkung? Bei den meisten Buddhisten ist über diese Aussage hinaus nichts zu hören. Was aber sagt diese Aussage so allein in den Raum gestellt? Nichts. Jeder Mensch weiss, dass es im Alltag Ursachen und Wirkungen gibt. Ja und? Karma als „das Gesetzt von Ursache und Wirkung“ ist einfach nur eine Selbstverständlichkeit, gekleidet in ein esoterisches Kostüm mit dem man dann ein bisschen angeben kann.
Dazu kommen noch andere Problem. Eine rein (in der Zeit) lineare Betrachtung für schnell zu Widersprüchen (in Feedbacksystemen z.B. wirkt die Wirkung auf die Ursache zurück). Nagarjuna wehrt sich sowieso gegen „Ursachen“, da er hier wieder eine Essenz ausmacht, die ebenfalls zu Wiedersprüchen führt.
Dieses „Gesetzt von Ursache und Wirkung“ ist esoterisch wohlfeiles Gerede.
Gut finde ich den Satz des historischen Buddha, der nach 49 Tagen unterm Baum gesagt hat: „Ick bin jetzt erwacht und des janze Universum ooch“.
Das ist so mein Leitmotiv zum Thema Karma.
Karma, also Handlung oder vielleicht noch besser, Wirkung.
Die Idee der individuelle Seelenwanderung ist ja mal echt die Billigversion von Karma. Schliesst der Buddha ja wie oben gesagt aus: „Meine Wirkung findet im ganzen Kosmos statt und in mir wirkt der ganze Kosmos.“ Und wie Matthias gesagt hat, durch Raum und Zeit hindurch.
Wenn man bddh.-Unterweisungen nur auf Wikipedia nachliest, kann das ein bischen dünn sein, es gibt da ja immer welche die Niveau für ’ne Handcreme halten und dann irgend was halbverstandenes vom kleinsten gemeinsamen Nenner reinposten. Aber es gibt viele Niveaus im Buddhismus und Interpretationen und so.
Das selbe gilt für Meister-Schüler-Beziehung, da wird ja derzeit auch gerne gewettert, weil man denkt da würde man auf die falsche Spur gebracht oder so was. So à la Bildzeitung die dann den feisten Yogi in der Hängematte ablichten und daneben seine Schüler im weissen Gewand.
Aber wie ist denn die Unterweisung von Indien hierhergekommen? Per UPS? Neee, Buddhismus ist ja auch eine der ältesten mündlich überlieferten Traditionen auf diesem Planeten – ham‘ die Christen nicht, die müssen Bücher lesen (was wir ja dazu auch noch können).
Wie auch immer, die Fragen die Matthias im Absatz 3, zum Bewusstsein und zur Strukturierung stellt finde ich gut. Das beschäftigt mich derzeit auch.
Aber was ist Annata und Paticcasamuppada, Matthias?
PS – Das einzige Buch, das ich über Karma gelesen habe war „Die Stimme des Tals“ von Deshimaru, ziemlich geil, vor allem in der 2. Hälfte.
Schönen Gruss in die Runde, an alle ;)
Also mit dem „historischen Buddha“… da hätte ich einen Einwand. Das wird eines der nächsten Themen sein die ich mich vornehme. Komme darauf zurück.
Das mit der Meister-Schüler-Beziehung ist auch so ein Thema. Ist auch im Fall Shimano wichtig (siehe vorherigen Kommentar an thigle). Das kann man auch ein wenig differenzieren. Würde sagen, auch ein Schüler sollte ein gewisses Mindestmaß an gesundem Menschenverstand mit bringen. Leider setzt der im Buddhismus halt häufig völlig aus. Mein Text „Der Zauberer“ behandelt übrigens einen Aspekt dieses Themas….
Annata und Paticcasamuppada? Das genetisch-soziale Selbst und die radikale Kontingenz. Die Ahnung des frühen Buddhismus, dass die Person und das Sein essenzlos sind und auf einer Vielzahl von Bedingungen beruhen. Eine Ahnung die heute durch unser Wissen vielfach und sehr differenziert bestätigt wird. Gleichzeitig das große Vergessen des X-Buddhismus, der aus dem woraus kein Kult zu machen ist letztlich doch wieder einen macht.