Buddhismus Aktuell 1/2016: Achtsamkeit

M. Steingass —  21.2.16

Die Zeiten in denen hier auf diesem Blog der X-Buddhismus kritisiert und gegen ihn polemisiert wurde sind eigentlich vorbei. Mich persönlich interessierten am Buddhismus bestimmte Aspekte seiner Philosophie und Aspekte die man Techniken des Selbstes nennen könnte. In der Landschaft des X-Buddhismus ist dazu wenig zu finden. Um ganz kurz in Erinnerung zu rufen, was hier als X-Buddhismus bezeichnet wird: X-Buddhismus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er einen wichtigen – oder den wichtigsten – Aspekt einer asiatischen buddhistischen Philosophie ausser Acht lässt: das bedingte Entstehen – paticca-samuppada. (vgl. auch den Eintrag Buddhismus in unserer Heuristik)

Der X-Buddhismus redet zwar über dieses paticca-samuppada, zieht aber die eine überaus wichtige logische Konsequenz aus dieser Sichtwiese nicht: dass er selbst ein Produkt der Umstände ist. Der Buddhismus im Westen seit dem 19. Jahrhundert bis heute, hat, mit seltenen Ausnahmen, keinerlei Bewusstsein davon, welche Ursachen seine Strukturen haben. Er selbst setzt für sich als erste Ursache das Phantom eines Originals, das zum exakten Zeitpunkt des Buddhas selbst existiert haben soll (vgl. Der Protagonist in der Heuristik). Dabei wird aus der vermeintlichen Kenntnis dieses Originals ein Distinktionsgewinn gezogen, der – im Sinne einer auf individualistische Hochzüchtung des Subjektes zielende Gesellschaftsordnung – als symbolisches Kapital dem narzisstischen Selbst ausreichend Brennstoff für ein zeitlich begrenztes Überleben sichert.

Von paticca-samuppada und gleichzeitig von einem Original zu reden (in welcher Weise auch immer) ist allerdings ein Widerspruch in sich. Es kommt heute hinzu, dass in der Buddhismusforschung in Hinsicht auf das Original immer mehr Evidenzen zu Tage treten, denen zu Folge man diesem den Status einer Fantasie zuordnen muss (man vergleiche dazu beispielsweise den englischsprachigen Artikel von Linda Heuman Whose Buddhism is truest?).

Es gibt weitere Postulate des X-Buddhismus, die auf dem Begriff des Originales aufbauen. Einer davon ist Achtsamkeit – womit wir beim Thema wären.

Der Grund einmal wieder eine Buddhismus aktuell durchzusehen, ist der, dass man der so genannten Achtsamkeit zur Zeit nirgendwo mehr entgehen kann und dass besagte Zeitschrift ihr – ganz zeitgemäß – ein Themenheft widmet.

Dass die Achtsamkeit zur blossen Technik der Selbstoptimierung gemacht werde – wie Ursula Richard das im Editorial der aktuellen Ausgabe von Buddhismus aktuell formuliert – geht nun allenthalben auch den X-Buddhisten auf (vgl. dazu Tybalts Meditation und, noch älter, MBSR-Produktivkraft).  Achtsamkeit ist nun ein Modetrend und es erhebt sich daher die Frage, was denn die buddhistische Achtsamkeit von ihrer modischen Variante unterscheide? Schliesslich sollte vermieden werden, dass es hier zu Verwechslungen kommt. Daher bemüht man sich im Heft 1/2016, diese Unterscheidung durchzuführen – ein überlebenswichtige Unterscheidung, denn würde sie nicht existieren, wäre dieser Buddhismus schnell selbst als Trendprodukt entlarvt und fände sich bald im Orkus der Obsoleszenz wieder.

Die Strategie der Autoren dieses Heftes zur Differenzierung „Rechter Achtsamkeit“ von der modischen Achtsamkeit der Selbstoptimierung beruht, wie mir scheint, im Wesentlichen auf zwei Faktoren.

  1. Buddhistische Achtsamkeit ist Teil eines Systems, welches den Menschen zu einem, wie wir heute sagen würden, verantwortungsvollen und sich seiner Rechte und Pflichten bewussten Wesens als Teil einer Gemeinschaft verändern will. Dies besonders unter dem Aspekt von paticca-samuppada. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dieser Aspekt, dass der Mensch zunächst blind ist für sein eigenes bedingtes Entstandensein. Daher muss es einen Übungsweg geben, der zur Bewusstwerdung dieser Bedingtheit führt und zu entsprechendem Denken und Handeln in ihr. Daher ist „Achtsamkeit […] als zentraler Bestandteil des buddhistischen Befreiungsweges eingebettet in ein komplexes System von Meditationsformen, ethischen Richtlinien und Verhaltensweisen.“ (vgl. S. 27)
  2. Da das Individuum unter dem Aspekt von paticca-samuppada betrachtet kein inhärentes Sein hat, nicht aus sich selbst heraus existiert, sondern in eine Sein geworfen ist, in dem es sich, wenn es Glück hat, irgendwann dieser Geworfenheit bewusst wird, muss es Wege finden, sich mit dieser Form der Existenz zu arrangieren. Dazu arbeiten Buddhistische Übungssysteme „auf die Erkenntnis hin, dass das erlebte Selbst einer Person, sowie die äusserlich erlebten Phänomene keine letztendliche unabhängige Existenz haben, und richten sich daher auf die Verwirklichung aller innewohnenden Qualitäten aus […].“ (vgl. S. 49, meine Hervorhebung)

Beide Faktoren ziehen sich mehr oder weniger durch alle Artikel, die Achtsamkeit zum Thema haben. Man versucht klar zu machen, dass die Achtsamkeit der Selbstoptimierung die ethischen Aspekte ausser Betracht lässt und lediglich dazu dient, dem stressgeplagten postmodernen Gemüt einen Freiraum zu verschaffen, aus dem heraus es sich hernach um so mehr der erneuten Fron widmen muss. Und man versucht klar zu machen, dass Rechte Achtsamkeit der zeitgemäße Weg ist, den Geist zu erforschen. Allerdings wird hier vor allem immer wieder vom eigenen Geist gesprochen – und in Bezug auf die buddhistische Ethik, von der Achtsamkeit ein Teil sein soll, bezieht sich alles ausschliesslich auf das eigene Verhalten.

Unter dem Begriff paticca-samuppada betrachtet, ist jedoch das Eigene vom Anderen, das Innere vom Äusseren, nicht zu trennen. Dies ist der zentrale Widerspruch, den kein Autor der Artikel zur Achtsamkeit zu sehen scheint. Da wo zum Beispiel von „innewohnenden Qualitäten“ gesprochen wird, wird vorausgesetzt, das diese nicht dem paticca-samuppada unterliegen. Sie sind einfach so da. Sich ihnen in dieser Form kritiklos zu widmen, ist nichts anderes als die Suche nach dem Original auf individueller Ebene (und es ist dies der maßgebliche Zug des deutschen Buddhismus seit Schopenhauer – vgl. dazu hier (pdf): Schopenhauer, der erste Esoteriker, S. 4 ff.). Ähnliches gilt dafür, sich der buddhistischen Ethik in Form des Achtgliedrigen Weges zu widmen indem man einzelnen Punkte aus ihr versucht auf sich selbst anzuwenden – als sei dieses Selbst eine einfache Gegebenheit – ohne den Versuch, zu analysieren, wie dieses Selbst überhaupt entstanden ist.

Die entscheidende Blindheit dieses Buddhismus ist immer noch die Tatsache, dass er jegliche Form der Analyse, wie das Selbst in einer bestimmten gesellschaftlichen Formation entsteht, unterlässt. Es wird zwar darauf verwiesen, dass der Achtgliedrige Weg (im Artikel von Peter Gäng, S. 27 f.) von rechter Sichtweise, rechter Absicht usw. zentraler Bestandteil einer buddhistischen Ethik sein muss. Aber was dieser Begriff „recht“ in unserer Situation heute bedeute wird nicht aktualisiert. Gerade das aber wäre das Nötigste, um auch der Achtsamkeit ihren entsprechenden Platz in diesem Weg zuzuweisen. Die Stichworte die Gäng in seinem Artikel gibt, sind lediglich Wiederholungen eins tausendfach repetierten Katechismus, der zur blossen Formelsammlung verkommt. Was aber heisst zum Beispiel rechtes Handeln, die Vermeidung von Gewalt, wenn man in einer Welt lebt, in der man praktisch automatisch in eine Struktur so genanter „Struktureller Gewalt“ eingebunden ist? Es herrscht hier eine tiefe Bewusstlosigkeit gegenüber dem Aspekt des paticca-samuppada dieser Welt in der wir leben.

Hinzu kommt, dass die durchgängige Aufforderung den eigenen Geist zu erforschen ebenso unter dieser Bewusstlosigkeit leidet. In dem obigen Zitat aus Seite 49 wird das ganze Dilemma klar, das sich in diesem Buddhismusverständnis auftut. Das Äusserliche wird zwar als bedingt entstanden verstanden, die Reaktion ist dann aber ein Rückzug auf ominöse „innewohnende Qualitäten“, die diesem Entstehungsprozess nicht mehr unterliegen sollen. Das aber ist heute nicht mehr haltbar. Wenn man schon nicht gleich so weit gehen will, die Begriffe Innen und Aussen aufzulösen, so müsste man wenigsten fordern, alles, also auch die Innerlichkeit, dem Begriff des paticca-samuppada zu unterstellen – mit voller Wirksamkeit. Da wo das ausbleibt, kann man nicht von einer zeitgemäßen Aktualisierung buddhistischer Philosophie sprechen, da haben wir es mit dem X-Buddhismus zu tun.

Den Autoren scheint diese Spannung zum Teil bewusst zu sein und sie versuchen entsprechend Argumentationswege zu finden, sie aufzulösen. Symptomatisch hier Karl-Heinz Brodbeck. Er versucht nachzuweisen, dass Innerlichkeit und damit Achtsamkeit „eine zutiefst soziale Dimension“ besitzt. Zu diesem Zweck postuliert er einen leeren „Raum der Achtsamkeit“, der weder ein Produkt individuellen Denkens, noch eines des Gehirns sei. Da wir als Menschen alle die Sprache teilten und mit ihr gemeinsam in diesem leeren Raum der Achtsamkeit lebten, seien wir alle zutiefst innerlich und äusserlich verbunden. Daher führe die Praxis der Achtsamkeit in diesem Raum „der immer da ist“, zu unserer wahre Natur und so entstehe Mitgefühl als „innerstes Wesen“ (vgl. S. 37 f.).

Das Problem: Brodbeck siedelt paticca-samuppada (er übersetzt mit „gegenseitige Abhängigkeit“) innerhalb des leeren Raums der Achtsamkeit an. Er führt damit eine Transzendenz ein und paticca-samuppada wird zu deren Inhalt – was mit Blick aus Perspektive eines klassischen asiatischen Buddhismus schlicht und ergreifend Blödsinn ist. Der zutiefst soziale Aspekt aber, den er der Achtsamkeit gerne zuschreiben würde, wird damit zum Effekt einer Transzendenz. Das ist nichts anderes als Jenseitsglaube. Damit ist aber das scheinbar Zwingende seines zutiefst soziale Aspekts von Achtsamkeit wieder nur eine Konstruktion.

An diesem Beispiel wird besonders deutlich, dass die Autoren zwar das ehrbare Unternehmen in die Wege leiten, der Achtsamkeit einen Platz innerhalb buddhistischer Ethik zuzuweisen und sie damit der neoliberalen Achtsamkeit der Selbstoptimierung entgegenzusetzen, dass sie aber an den Widersprüchen und/oder Auslassungen ihrer Sichtweisen scheitern.

Der Versuch der Unterscheidung von Rechter Achtsamkeit und einer Achtsamkeit der Selbstoptimierung funktioniert also nicht. Bei beiden wird nicht klar, in wie wie sie Produkt der Umstände sind, in denen sie auftreten. Sie unterscheiden sich lediglich darin, dass unterschiedliche metaphysische Prinzipien postuliert werden – hier absolute innewohnende Qualitäten, da Arbeit und Selbstoptimierung als alleinigen Lebenszweck – aber sie unterscheiden sich nicht in der ihnen fehlenden Kritik solcher metaphysischen Konstrukte.

Fazit. Den X-Buddhisten geht nun endlich das Licht auf, das ihr Alleinstellungsmerkmal Achtsamkeit genauso der kapitalistischen Verwertungslogik zum Opfer fällt wie alles andere in dieser Welt auch. Diese Erkenntnis zieht sich durch das ganze Heft und das lässt hoffen. Das Problem ist und bleibt die fehlende Analyse dessen was als Subjekt in unserer Gesellschaftsform auftritt. Man spricht zwar dauernd von einem Ego das nicht wirklich existieren soll aber anstatt dann die tatsächlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, fällt man nur immer wieder auf eine ominöse tiefste Innerlichkeit, eine wahre Natur und dergleichen transzendente Begriffe zurück. Da hilft es auch nicht, wenn man von Prozesshaftigkeit und Ähnlichem spricht. Bleibt die tatsächliche explizite Analyse der Subjektgenese innerhalb eines Universums ohne Transzendenz aus, bleibt alles bei einer Form des guten Wollens, das auf Grund seiner Unwissenheit zwangsläufig mit dem Bösen paktiert – mit einem gesellschaftlichen Zustand, der von einem wieder erwachenden Rassismus über brutale jahrelange Bürgerkriege in nächster Nachbarschaft bis zur drohenden globalen Ökokatastrophe reicht. Zu dieser Analyse müssen Entwürfe hinzukommen, die eine buddhistische Ethik, wie sie grob umrissen im Achtfachen Pfad angelegt ist, auf moderne Art und Weise aktualisieren. Das Rechte wird leicht zu Unrecht, wenn es sich nicht darüber im Klaren ist, was es konstituiert.

Der Appell muss also sein, dass Leute wie zum Beispiel Ursula Richard, die Herausgeberin von Buddhismus aktuell, die das Heft in den vergangenen Jahren wenigsten etwas moderner gemacht hat, dazu übergehen, diese Analyse von ihren Autoren einzufordern.

9 Antworten zu Buddhismus Aktuell 1/2016: Achtsamkeit

  1. 

    Mein Lieblingszitat aus deinem Text:

    ‚Bleibt die tatsächliche explizite Analyse der Subjektgenese innerhalb eines Universums ohne Transzendenz aus, bleibt alles bei einer Form des guten Wollens, das auf Grund seiner Unwissenheit zwangsläufig mit dem Bösen paktiert – mit einem gesellschaftlichen Zustand, der von einem wieder erwachenden Rassismus über brutale jahrelange Bürgerkriege in nächster Nachbarschaft bis zur drohenden globalen Ökokatastrophe reicht.‘

    Diese Form der Analyse, welche über die momentane Analyse, wie sie im Buddhismus aktuell betrieben wird hinausgeht, scheint mir das Kernstück politischen Handelns zu sein.

    Hinzu kommt auch, die Bedingtheit dessen zu sehen, was als angemessenes bzw. rechtes Handeln angesehen werden kann. Gewalt kann in diesem Fall nicht per se ausgeschlossen werden, sondern kann eine legitime Reaktion auf die gegebenen Umstände sein. Ein Ausbrechen aus den Strukturen der von der herrschenden Klasse forcierten Subjektgenese.

  2. 

    Ich möchte Dich dazu ermutigen, einen Beitrag für die Buddhismus aktuell zu schreiben. Es wäre unendlich schade, wenn diese Gedanken nicht vermehrt in die buddhistische Szene einfließen würden. Gut wäre es, wenn Du den Artikel so schreiben würdest, dass auch „Nicht-Akademiker“ ihn verstehen. Alles Gute!

  3. 

    Kernstück politischen Handelns

    Hallo Matthias, ich will die Ansprüche für das was auf diesem Blog geschieht, und vielleicht auch durch dieses, nicht zu weit spannen, aber irgendeine Form von Bewusstsein, wie der Mensch, als den man uns heute bezeichnet, entstand, muss schon entstehen. Das wäre schon politisches Handeln. Wenn wir im sprachlichen Dualismuskäfig bleiben in den wir hineingezwungen sind, muss man meiner Meinung nach sagen, dass wir auf der individuellen wie auch auf der gemeinschaftlichen Seiten diese Analyse betreiben müssen. Viele Linke betreiben diese aber nur auf der gemeinschaftlichen Seite und blenden sich selbst aus, als ob die Gegebenheit ihres eigenen individuellen Seins nicht auch zu hinterfragen sei. Was dabei herauskommt, habe ich in den letzten Jahren mit Staunen beobachtet: Linke Theoretiker die – wenn man ihr Benehmen allein betrachtet – wie der sprichwörtliche Spießbürger erscheinen. Das Individuum muss sich aber selbst bilden, sich über seine Werdung klar werden und eine Ethik des Denkens entwickeln das den persönlichen Konsequenzen im Denken nicht aus dem Weg geht. Vielleicht fängt da schon die Gewalt an. Auf jeden Fall wäre das für mich angemessenes Handeln…

    Hallo Joachim, ja, vielleicht probier ich es mal eine Text von 2000 oder 2500 Worten zu schreiben, der die Problematik (mit dem Original z.B.) anreisst. Non-Buddhismus für Dummmies sozusagen. Mal schaun was noch so passiert. Vielleicht ist die Zeit reif für ein paar Vorstöße gegen einen quetistischen Kleinbürgerbuddhismus. In Buddhismus aktuell gab es ja inzwischen einiges in der Richtung….

  4. 
    Matthias M. 28.2.16 um 13:04 UTC

    Hi Matthias,
    wie würdest du den sprachlichen Dualismuskäfig, von dem du sprichst, definieren? Meinst du damit die im europäischen Denken strikte Trennung zwischen Individuum und Gemeinschaft?

  5. 
    Matthias M. 28.2.16 um 17:28 UTC

    P.S.: Wie wär’s mal mit Hypnose statt Achtsamkeit?
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  6. 

    meinst du damit die Trennung zwischen Individuum und Gemeinschaft

    Nicht nur, ich meine Laruelles Entscheidung – im Wesentlichen nichts anderes als das hier. Die Spaltung des Immanenten in empirisches Datum und transzendentes Faktum. Und es ist nicht die Dualtität von Körper und Seele, sondern der Fakt, dass beide immer schon auf einer Spaltung beruhen. Der Begriff vom Körper selbst ist Ergebnis einer Spaltung, eines Dualismus, eines Phantoms welches im dualistischen Sprachknast (oder war’s der sprachliche Dualismuskäfig?) entsteht. Übrigens, die Rede vom Immanenten selbst findet in diesem Sprachknast statt. Man kommt zum Teufel nochmal nicht heraus. Es ist eine Art Hochsicherheitstrakt – allerdings einer der suggeriert, alles sei in bester Ordnung.

  7. 
    Withold Ch. 29.2.16 um 14:13 UTC

    @ M. Steingass

    Schön, wieder mal hier so was zu lesen.

    … Mich persönlich interessierten am Buddhismus bestimmte Aspekte seiner Philosophie und Aspekte die man Techniken des Selbstes nennen könnte. …

    Das dürfte auch bei vielen X-Buddhisten so sein. Berücksichtigt man nun, dass die meisten von ihnen eine „soteriologisch christliche Prägung“ aufweisen, sollte als Drittes noch die Ethik und Moral erwähnt werden, und als x-Buddhist möchte man erst recht ein besserer Mensch sein, bedient sich folgelich der Achtsamkeit zur Konstruktion eines neuen Exosuits, ohne den Shangri-La (Paradies) nicht erreicht werden kann.

    … Der Buddhismus im Westen seit dem 19. Jahrhundert bis heute, hat, mit seltenen Ausnahmen, keinerlei Bewusstsein davon, welche Ursachen seine Strukturen haben …

    Da ist es wohl ähnlich, wie bei der wissenschaftlichen (Radikal)Kritik an der christlichen Religion: Diese Erkenntnisse bleiben bei einigen wenigen akademischen Wissenschaftlern hängen und kommen nicht beim Kirchenvolk an oder werden ihm bewusst vorenthalten.
    So kümmern sich viele X-Buddhisten auch zu wenig um eine kritische Lesart der Sutren und Kommentare, wenn sie nicht schon vorher ob ihrer eigenen Ratlosigkeit ermüdet sind und sich lieber an mystifizierenden und legendenhaften Projektionen erlaben.

    Ein Beispiel: Wie soll ich einen Text von Thogme Sangpo, 37 Praktiken der Bodhisattvas, aus dem frühen 14. Jahrhundert lesen und verstehen, den ich letzthin an einem Vortrag kennengelernt habe. Von Ratlosigkeit, Kopfschütteln, Widerwille über Ablehnung zu einem ersten vorsichtigen Interesse, Staunen und Aha ist ein weiter Weg, falls „wir“ das heute und hier noch nachvollziehen können und möchten.

    Oder im Palikanon, die Feuer-Predigt, Āditta-Pariyāya-Sutta, wo es ganz schnell „zur Sache“ geht:

    „… Dort sprach der Erhabene zu den Mönchen: „Alles brennt, ihr Mönche …“

    Es stellt sich immer wieder die Frage, können die buddhistischen Darstellungen der Welt denselben Status haben wie die Beschreibungen durch die aktuelle wissenschaftliche Forschung, oder die eigene Erfahrungen?

    … auf eine ominöse tiefste Innerlichkeit, eine wahre Natur und dergleichen transzendente Begriffe …

    Das gehört nun mal zur Praxis dieser fernöstlichen Alchemie … :-)

    Aber, wie kommen wir nur los vom „ich weiss, worin du irrst“ und „ich habe erfahren, wovon du bloss träumst“?

    Bringt uns unablässiges Pendeln zwischen kritischem Wissen und ruhiger Praxis voran?

    Wie gesagt, der Text gefällt mir und ist wieder in hohem Masse anregend. Bin gespannt, ob „Buddhismus Aktuell“ in diese Richtung weitermacht.

    @ Mathias M. # 5

    Ja, die Hypnose ist ja sozusagen auf unserem „eigenen Mist gewachsen“ …
    Einige der hier angebotenen Praktiken und Erklärungen sind sehr hilfreich.

  8. 
    Matthias M. 29.2.16 um 16:37 UTC

    Die Rede vom Immanenten selbst findet in diesem Sprachknast statt. Man kommt zum Teufel nochmal nicht heraus. Es ist eine Art Hochsicherheitstrakt – allerdings einer der suggeriert, alles sei in bester Ordnung.

    Scheisse, ich muss da aber raus. Dann muss es wohl ohne Reden gehen, sondern durch Tun. Versuch über Versuch.

    Deinen Kommentar bin ich gedanklich gerade noch am Durcharbeiten.

  9. 

    Hallo Withold,

    Mich persönlich interessierten am Buddhismus bestimmte Aspekte seiner Philosophie und Aspekte die man Techniken des Selbstes nennen könnte. …

    Das dürfte auch bei vielen X-Buddhisten so sein.

    Ja, aber ich denke, der Unterschied ist wohl der, ob man sich Gedanken über das macht was man präsentiert bekommt oder ob man es unkritisch einfach übernimmt. Das unkritische Übernehmen gehört wohl zum Standard und führt in trivialste Terrains. Es stimmt schon, dass anders geartete Erkenntnisse

    bei einigen wenigen akademischen Wissenschaftlern hängen bleiben und nicht beim Kirchenvolk ankommen oder ihm bewusst vorenthalten werden,

    aber man muss sich ja nicht mit dem Kirchenvolk befassen. Man macht einen Fehler, wenn man sich mit dem zu intensiv beschäftigt (hab ich auch gemacht). Zum Teil ist es aber auch so, dass sich das Kirchenvolk dazu berufen fühlt, Dinge zu kommentieren und zu kritisieren, von denen es keine Ahnung hat (hier auch passiert). Auch da sollte man die Diskussionen minimieren (hab ich viel zu lange nicht getan).

    … auf eine ominöse tiefste Innerlichkeit, eine wahre Natur und dergleichen transzendente Begriffe …

    Das gehört nun mal zur Praxis dieser fernöstlichen Alchemie … :-)

    Die Frage ist, ob wir’s wissen, dass das so ist? Mein Einwand ist ja, dass wir unter Umständen, das was da aus diesen anderen Kulturen kommt, völlig missverstehen, weil wir es durch eine spezifische Struktur unseres okzidentalen Denkens betrachten….

    Bringt uns unablässiges Pendeln zwischen kritischem Wissen und ruhiger Praxis voran?

    Definitiv ja!