Es ist tatsächlich nicht besonders schwierig sich in eine tiefe meditative Trance zu versetzen und oder verschiedene Varianten der Beeinflussung des eigenen Bewusstseins durchzuspielen. Timothy Leary hat das schon in den 1970er Jahren in seinem genialen, aber aus heutiger Sicht esoterisch auch ziemlich verpeilten und überholten Text Exopsychologie erkannt. Dort geht es im so genanten 5. Schaltkreis um die autonome Beeinflussung des eigenen psychophysikalischen Seins. Sprich, es geht um die Fähigkeit Körper und Geist sinnvoll, selbstbestimmt und mit entsprechendem Know-How ausgestattet zu steuern. Die Idee Learys in ihrem zeitlichen Kontext ist auch deswegen interessant, weil sie neben den Forderungen nach mehr Selbstbestimmung im politischen, privaten und beruflichen Leben, den eigenen Körper zu einer Domaine des Wissens macht. Das heisst aus der Perspektive derjenigen, die diesen Körper lebt – nicht aus der Perspektive des Arztes, Lehrers, Vorarbeiters, Vorgesetzten, Befehlsführers etc. pp. Diese Selbstbestimmung, zunächst ganz neutral gesehen, ist damit Teil dessen was Gilles Deleuze als Kontrollgesellschaft bezeichnete.
Archive für 30.11.99
Eine Anmerkung im Asso-Blog erinnert mich daran, daß es nötig ist einmal darauf hinzuweisen um was es hier nicht geht.
Es geht nicht darum, irgend einen neuen Buddhismus zu erfinden. Es geht auch nicht darum den wahren Sinn in alten Sprüchen zu entziffern oder von irgendwelchen alten Texten den Staub zu pusten. Es geht auch nicht darum diesen oder jenen alten Buddhismus zu finden, der der echte sei.
Denken, nicht meditiern!
Diese Motto steht da nicht aus irgend einer Gedankenlosigkeit heraus oder als Witz. Es geht hier nicht um meditiern. Was ist damit wohl gemeint?
The english version of this essay you find here.
Dies ist die Übertragung der englischen Version eines Textes der schon im September 2011 entstand – kurz nachdem ich Glen Wallis‘ Speculative Non-Buddhism kennen lernte. Der Text ist ziemlich komprimiert und enthält eine Menge Stichwörter (mit Asteriskus versehen), die weiter ausgearbeitet werden müßten. Die wesentliche Aussage ist die, daß bestimmte Techniken die unter dem Stichwort „Meditation“ zusammengefasst werden könnten, bestenfalls eine Hilfestellung sind – eine Hilfestellung zur Verbesserung dessen das was den Menschen eigentlich ausmacht: Seine Erfahrung als soziales Wesen.
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Bewußtsein ist eher ein Tanz als ein Akt der Verdauung
Alva Noë
Es passiert eine Menge. Man ruht, man macht sich Gedanken, man hat Gefühle der Körper meldet sich. Es gibt das Durcheinander einer Vielzahl von Wahrnehmungen und es gibt offensichtlich ordnende Instanzen in unserem System die dafür sorgen, daß wir uns über all das explizit Gedanken machen können, ohne in der Fülle der Information unter zu gehen. Es gibt auch den Punkt nicht-gedanklicher Präsenz, das wandern der Aufmerksamkeit, physiologische Effekte und solche die sich vielleicht im Verhalten, in Einsichten, Ideen oder schlichter Ermüdung wieder spiegeln. Was es nicht gibt, ist Meditation.
Egal wo wir stehen und gehen, den größeren Teil unserer wachen Zeit ist unsere Aufmerksamkeit stets von Medien in Beschlag genommen. Das ist ein charakteristisches Merkmal unserer Zeit. Die addierte Zeit der Mediennutzung pro Tag und Individuum liegt bei über acht Stunden, die TV-Nutzung in Europa und den USA liegt bei ca. 4 Stunden pro Tag, Werbung ist buchstäblich allgegenwärtig und die Inhalte denen wir derart ausgesetzt sind, werden nicht bewußt verarbeitet, sondern sind eher ein kontinuierlicher Fluß in dem eine Menge Köder nach unserer Aufmerksamkeit angeln.
Mir geht es hier aber nicht um die beworbenen Produkte und die Reklame als solcher mit ihrem permanenten letzten Schrei und ihrem plastikbunten Allerlei, sondern um die Werte, die uns multimedial eingeflößt werden. Ein bestimmtes Ideal von Schönheit zum Beispiel wird in den Konsumenten über diese stetige Infusion eingeschrieben. Das ist einer der offensichtlicheren Punkte. Was aber ist mit moralischen Werten, was mit Erwartungen dem Leben gegenüber, welche Ziele strebt man an und wie versucht man sie zu erreichen, was ist faires Verhalten gegenüber meinem Partner, Nachbarn, Kollegen, Konkurrenten oder gegenüber meinem Feind? Die Frage ist auch, wie dieser stetige Zustrom aus den Medien unser Bewußtsein auf einer grundlegenderen Ebene beeinflusst? Verändert er Fähigkeiten wie „deep attention“ oder die Aufmerksamkeitsspanne, und wie machen sich diese Einflüsse auf der synaptogenetischen Ebene bemrekbar (der der neuronalen Entwicklung des Kindes) – auf ein Kind, keine zwei, drei Jahre alt, das diesem niemals schlafenden Einflüsterer mit seinem Ich-will-alles-und-zwar-jetzt ausgesetzt ist? Wenn man ein kleines Kind vor dem Fernseher sieht, weiss man wie die Aufmerksamkeit abhängig gemacht wird.

