Vorbemerkung
Am 8.12.2010 musste Eido Shimano als Abt der New Yorker Zendos Shoboji und Dai Bosatsu zurück treten. Der Grund war eine Jahrzehnte währende Abfolge von Affären des charismatischen Rinzai-Mönches mit Schülerinnen, die immer wieder zu schweren Konflikten in seiner Sangha führten. Trotz dieser Spannungen konnte sich Shimano über viele Jahre in der Position des unantastbaren und gewöhnlichen menschlichen Belangen überlegenen Rōshis halten. Mitverantwortlich dafür war auch sein großer Erfolg beim Aufbau einer Zen-Gemeinde an der amerikanischen Ostküste während des beginnenden Zen-Booms seit Mitte der 1960er Jahre.
Zum Sturz des Erleuchteten führte letztlich das Internet und die Möglichkeit dort wichtige Informationen für Jedermann leicht zugänglich bereit zu stellen. Dort ging im März 2010 das Shimano-Archive online. Dieses Archiv enthält ein Konvolut an Materialien, die über viel Jahre vom ersten amerikanischen Förderer von Shimano gesammelt wurden. Der 2010 verstorbene Robert Aitken war es, der Eido Shimano 1960 von Japan in die USA holte. Beide trennten sich vier Jahre später im Streit über Shimanos erste Affäre. Aitken hat nach dieser Auseinandersetzung den Weg Shimanos weiter verfolgt und Material über ihn gesammelt. Dieses wurden 2008 frei gegeben, von einem ehemaligen Schüler Shimanos aufbereitet und schließlich ins Netz gestellt.
Die Veröffentlichung dieser Papiere, hat zu einer bis heute anhaltenden Debatte im US-amerikanischen (Zen-)Buddhismus geführt. Im deutschsprachigen Buddhismus wurde der Fall Shimano bisher kaum zur Kenntnis genommen. Das liegt zum einen an fehlenden Darstellungen des Falles und zum anderen daran, dass man meint das Thema „Missbrauch Schutzbefohlener“ sei im deutschsprachigen Buddhismus nicht relevant. Dem Problem fehlender Darstellung abzuhelfen, ist Absicht des folgenden Textes. Dem zweiten Problemkreis dürfte schwieriger beizukommen sein, da es sich primär nicht um ein Problem mit Sexualität handelt (auf das man sich zumeist konzentriert). Es handelt sich um fehlendes ethisches Bewusstsein im Umgang mit Macht und im Grunde um das originäre Problem des X-Buddhismus. Dieser stellt ein in sich geschlossenes System dar, das per Definition nicht auf Hilfe von aussen angewiesen zu sein scheint. Dieses Problem ist im deutschsprachigen Buddhismus genauso ungelöst wie im US-amerikanischen und der Fall Shimano und sein Umgang mit ihm ist in dieser Hinsicht paradigmatisch.
Die Grundlage um sich mit diesem Problemfeld auseinanderzusetzen, ist ein ausführliche Darstellung der Vorgänge, die nicht auf hagiographische (Selbst)Darstellungen Betroffener angewiesen ist. Das Shimano-Archiv bietet eine ausgezeichnete und seltene Gelegenheit, buddhistischen Machtmissbrauch und die fehlende Kompetenz im Umgang mit ihm aus nächster Nähe über Zeugnisse aus erster Hand zu beobachten. Der folgende Text basiert auf Material und Daten dieses Archivs.
Ich schlage vor den Fall Shimano in zwei Phasen zu unterteilen. Die erste Phase betrifft die sehr erfolgreiche Tätigkeit Shimanos beim Aufbau des US-amerikanischen Rinzai-Zen. In dieser Phase konnte Shimano seinen Erfolg und seinen Nimbus als erleuchteter Zen-Meister, unter beinahe völligem Ausschluss der Öffentlichkeit, auch für seine privaten Interessen an hübschen, jungen Amerikanerinnen nutzen. Diese Phase setze ich von 1964 bis 1982 an. Die zweite Phase betrifft nicht mehr so sehr Shimano selbst, sondern die fehlende Antwort des amerikanischen Zen auf ihn. Diese Phase setzt 1982 ein und dauert bis heute an. Der folgende Text erzählt die erste Phase.
1964
„Was meine Meinung über den bei ihnen lebenden Mönch angeht, so denke ich, dass es keine vernünftigen Zweifel daran geben kann, dass diese Person, während sie intellektuelle und religiöse Dinge von höchstem Niveau diskutierte, Fräulein Schmidt [Pseudonym] verführte und mit ihr Beischlaf hatte. Das führte augenscheinlich zu einem ausgesprochen zerstörerischen Ergebnis. Die Angelegenheit legt nahe, dass der bei ihnen lebende Mönch die Philosophie und Religion die er oberflächlich vertritt, in keiner Weise repräsentieren kann. Es ist zu hoffen, dass Zen von den Entstellungen die dieser Mönch ihm antut, befreit wird.“
Dies schreibt ein Arzt der Psychiatrie, im Jahre 1964, über den damals in Honolulu lebenden Eido Shimano. Er schreibt es in einem Brief an Robert Aitken, der zu dieser Zeit Shimanos Gastgeber und Sponsor ist. Aitken hatte im Herbst 1959 in Honolulu die Diamond Sangha als Zen-Laie gegründet und Shimano steht dieser Zen-Gemeinde als leitender Mönch vor. Das Datum dieses Briefes – 8.8.1964 – bezeichnet für Robert Aitken den dramatischen Höhepunkt seiner Auseinandersetzung mit Shimano.
Begonnen hatte die Affäre mit Hinweisen an Aitken, Shimano habe möglicherweise mit zwei Frauen aus der Sangha sexuelle Beziehungen gehabt. Die Frauen waren nach Nervenzusammenbrüchen in die Psychiatrie eingewiesen worden.
Robert Aitken hat Eido Shimano 1957 in Japan kennen gelernt. Dort hatte er im Ryūtaku-Kloster einen Teil seines eigenen Zen-Trainings absolviert. Der Abt dieses Tempels war damals Nakagawa Soen Rōshi, Lehrer sowohl von Aitken, wie auch von Shimano. Aitken, auf Hawai aufgewachsen, spielt mit dem Gedanken in Honolulu eine Zen-Sangha zu gründen. Er will Shimano als leitenden Mönch für seine Sangha gewinnen. Er hofft dadurch Nakagawa eher davon überzeugen zu können, regelmässig zu jährlichen Klausuren nach Honolulu zu kommen und dort zu lehren. Shimano seinerseits bekundet deutliches Interesse daran in die USA zu kommen.
D.T. Suzuki beginnt Anfang der 1950er Jahre in den USA Seminare über japanische Kultur zu halten. Sie werden von Leuten wie zum Beispiel Erich Fromm, John Cage oder Allen Ginsberg besucht. Allen Watts‘ Way of Zen macht damals Zen erstmals einem weiteren amerikanischen Publikum bekannt. Jack Kerouacs Roman Dharma Bums sorgt ebenfalls für einen steigenden Bekanntheitsgrad des Zen. Es beginnt ein reger Austausch zwischen Japan und den USA und während Zen-Gelehrte wie Suzuki nach Amerika kommen, reisen Amerikaner nach Japan und in andere asiatische Länder, um die fernöstliche Religiosität und Spiritualität kennen zu lernen. Dies ist, ganz grob gezeichnet, das Tableau vor dem sich der erste Akt des Falles Shimano abspielt.
Shimano kommt 1960 nach Honolulu und bezieht Quartier beim Ehepaar Aitken. Robert Aitken war in Japan beeindruckt von Shimano als einem freundlichen und ernsthaften jungen Mann. In Hawai aber stellen sich schon bald markante Unterschiede zwischen beiden heraus. Aitken hat auf Grund seiner Erfahrungen mit anderen Zen-Mönchen die nach Amerika gekommen waren, einen bescheidenen und zurückgezogen lebenden Menschen erwartet. Shimano allerdings erfüllt diese Erwartungen nicht. Er kleidet sich wie ein Geschäftsmann, erwartet ein vergleichsweise beachtliches Gehalt und fordert andere Annehmlichkeiten wie etwa ein Motorrad für den Weg zur nur wenige Gehminuten entfernten Universität. Auch müssen die Ansichten der beiden über die Art ihrer Zusammenarbeit weit auseinander gelegen haben. Aitken schildert sich selbst als jemanden der anarchistischen und sozialistischen Ideen nahe steht und der demzufolge eher einen kollegialen und gleich gestellten Umgang erwartet. Shimano bringt ein an klaren Hierarchien orientiertes Denken mit in dem der ordinierte Mönch eindeutig eine Vormachtstellung und Führungsrolle gegenüber den Laien der Gemeinde einnimmt. Gleichzeitig schildert ihn Aitken als jemanden der den Kulturschock des Übergangs vom schlichten Leben in einem relativ abgeschlossenen japanischen Männerkloster, in die schillernde schöne neue Welt der USA mit ihrem Luxus und ihrer relativ großen Freizügigkeit, nur schlecht versteht. Aitken schildert, dass der Übergang sehr turbulent gewesen sei – wie eine Art Pubertät. Shimanos Urteilsfähigkeit in dieser Situation sei manchmal über die Maßen schwach gewesen. Allerdings gibt er auch zu bedenken, dass ihm erst im Rückblick und mit Wissen der Probleme die Shimano später verursacht, die ganze Problematik von Shimanos fragwürdigem Charakter klar geworden sei.
Die Probleme beginnen im Jahr 1963. Shimano hat zu diesem Zeitpunkt einen permanenten Aufenthaltsstatus. Ein großes Privileg, wenn man die Schwierigkeiten bedenkt die dafür bei der amerikanische Einwanderungsbehörde zu überwinden gewesen sind. In diesem Jahr kommt eine junge Frau nach Honolulu, um unter Shimano Zen zu studieren. Sie betrachtet ihn als erleuchteten Mönch und geht davon aus, dass er sie zu Kenshō führt – der ersten mystischen Einsichtserfahrung. Nur wenige Tage jedoch nach ihrer Ankunft verführt Shimano die junge Frau und beide werden ein heimliches Paar. Die junge Frau ist zunächst überrascht vom Gang der Dinge, akzeptiert ihn dann aber und glaubt dieses überraschende Verhältnis gehöre zu ihrem Weg zu Kenshō. Die Irritation der Frau verstärkte sich allerdings, als Shimano zu einer Weltreise als Dolmetscher für den prominenten Hakuun Yasutani aufbricht. Shimano hatte zunächst zu verstehen gegeben, dass er dauerhaft auf Hawai bleiben würde, nun aber verlässt er die Suchende für einige Monate, um erst im Februar 1964 zurückzukehren. Auf dem Rückweg über Japan verlobt sich Shimano mit seiner zukünftigen Frau Aiho, mit der er bis heute verheiratet ist. Sofort nach seiner Rückkehr nimmt er das Verhältnis zu der Suchenden wieder auf. Er berichtete nicht von seiner Verlobung. Noch dazu beginnt er parallel eine weitere Affäre zu einer zweiten Frau aus Aitkens Diamond Sangha.
Im Frühjahr 1964 erleiden die beiden Frauen aus der Sangha nervöse Zusammenbrüche und werden in die Psychiatriestation des Queens Krankenhauses von Honolulu stationär aufgenommen. Der zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslose Aitken schreibt darauf hin an den Leiter der Station und bittet um Rat, wie man sich besser auf derartige Fälle vorbereiten könne. Offensichtlich helfe hier das gewöhnliche Zazen nicht. Er bekommt die Empfehlung ein Volontariat auf eben jener Psychiatriestation zu machen, auf der sich die beiden Frauen befinden. Er überzeugt Shimano davon, dieses Volontariat ebenfalls zu machen. Sie würden so potentielle Problemfälle besser einschätzen lernen und früher erkennen können. Sie beginnen also beide ihre Arbeit auf der Psychiatriestation. Bald bemerkt jedoch eine der Schwestern dort, dass Shimanos Name – damals noch Tai San – prominent in Berichten zweier Patienten der Station auftaucht. Aitken wird darüber informiert: Man gehe davon aus, dass eine Liebesbeziehung zwischen Shimano und den beiden Frauen mitverursachend für deren Probleme seien. Der zunächst ungläubige Aitken ist bald überzeugt davon, dass Shimano tatsächlich mit diesen Frauen Verhältnisse hatte – parallel zu seiner Verlobung. An diesem Punkt beginnen sich die Dinge rasant zu entwickeln.
Wenige Tage nachdem Aitken im Juli von den Affären zum ersten Mal hört, entscheidet er nach Japan zu Soen Nakagawa zu fliegen. Nakagawa ist ihm ja persönlich bekannt und ist auch Shimanos Ordensoberer. Aitken will den Fall vortragen und erhofft sich eindeutigen Rat darüber, was zu tun sei. Absolute Priorität hat für ihn einen Skandal zu vermeiden. Er will unter allen Umständen Schaden vom sich entwickelnden Zen in Amerika fern halten.
Er fliegt am 31.7. nach Japan. Shimano sagt er, er besuche seine Eltern auf dem nordamerikanischen Festland. Er hat gehörigen Respekt vor dessen autoritärer Art hat und fürchtet ihn wütend zu machen. Er will daher seine Reise nach Japan inkognito absolvieren. Nakagawa bittet ihn dann aber ins Kloster Ryūtaku zu kommen, anstatt in einem namenlosen Gasthaus einzukehren. Sein Besuch wird sofort publik, so dass auch Shimanos Verlobte von ihm erfährt. Shimano daheim auf Hawai bekommt so ebenfalls Wind von der Sache. Er ahnt was vor sich geht und versucht auf Aitkens Frau einzuwirken, um sie davon überzeugen, dass an den Anschuldigungen nichts dran ist. Sie lässt sich tatsächlich von Shimanos Unschuld überzeugen und beginnt entsprechende Briefe an ihren Mann in Japan zu schreiben, während der dort versucht im Fall Shimano Rat von dessen Oberen zu bekommen.
Nakagawa und Aitken treffen sich zu einer Besprechung. Mit dabei ist auch Hakuun Yasutani, ebenfalls einer von Shimanos Oberen. Aitken versucht den Japanern in gebrochenem Japanisch, bzw. in Englisch, welches Nakagawa mehr schlecht als recht Yasutani übersetzt, den Fall zu schildern. Er ist zu diesem Zeitpunkt bereits davon überzeugt, dass er es bei Shimano mit einem pathologischen Fall zu tun hat. Seine Gesprächspartner allerdings kann er nicht überzeugen. Die glauben eher, Shimano habe ein wenig über die Strenge geschlagen und das Ganze würde sich schon wieder geben. Nakagawa nimmt Aitken das Versprechen ab die Sache zu bereinigen.
Am 10. August ist Aitken wieder in Honolulu und versucht sofort Kontakt mit Shimano aufzunehmen. Der aber ist stinksauer. Er weigert sich Aitken auch nur zu sehen. Aitken habe Vermutungen in Japan als Tatsachen dargestellt. Am 11. zieht er aus und verlässt die Diamond Sangha. Am 12. erreicht Aitken ein Brief, von einem der beiden an dem Fall beteiligten Psychiater, der ihn nochmals darin bestärkt, dass Shimano mit den Frauen liiert war. Es ist der Text aus dem eingangs zitiert wurde. Zum regelmässigen Treffen der Sangha am 13. kommt keines der regulären Mitglieder mehr. Während Aitken bis jetzt und auch in Zukunft über die ganze Affäre weitgehendes Stillschweigen bewahrt, verbreitet Shimano es habe zwischen ihm und Aitken Streit gegeben. Aitken versucht weiter ein Treffen mit Shimano zu arrangieren, um die Sache wie versprochen gütlich beizulegen. Shimano weigert sich.
Über die nächsten Monate bittet Aitken Nakagawa immer wieder per Brief um Rat, dieser jedoch meldet sich nicht. Während Shimano weiterhin, auch auf Reisen bis an die Ostküste, davon berichtet es habe Streit gegeben und Aitken dabei in schlechtem Licht darstellt, möchte man in Japan im Kloster Ryūtaku, dass niemand etwas erfährt. Schließlich ergeht dezent aber unmissverständlich die Aufforderung, man möge die Sache nun endlich auf sich beruhen lassen und stattdessen in die Zukunft sehen. Die Diamond Sangha erleidet einen herben Rückschlag durch den Weggang vieler alter Mitglieder, kann sich aber schlussendlich wieder aufrappeln. Shimano knüpft derweil Kontakte in New York. Schließlich siedelt er endgültig dorthin über. Dort kommt er am Neujahrsabend 1964 mit nur mit wenigen Habseligkeiten an.
Bis auf die unmittelbar Beteiligten – den Frauen, den Aitkens, den Ärzten, Hakuun Yasutani und Soen Nakagawa – erfährt lange Jahre niemand, was tatsächlich vorgefallen ist. Von Shimano selbst gibt es keine Äusserung dazu. Aitken bleibt dabei kaum jemand etwas über die Sache zu erzählen, da er negative Schlagzeilen für den Zen in Amerika fürchtet – es sei nichts weniger als der amerikanische Dharma, der hier zur Disposition stehe. Aber er ist ziemlich ernüchtert. Sein Versuch eine sofortige und möglichst offene Aussprache und Klärung zu erreichen, ist gescheitert. Er hat sich zum Teil ungeschickt verhalten, aber im Großen und Ganzen scheitert sein Bemühen am Schweigen der japanischen Beteiligten. Sein Urteil im Dezember 1964 über den Fall Shimano ist, im Rückblick, bemerkenswert hellsichtig. In einem Brief an eine der wenigen Personen, die er teilweise ins Vertrauen zieht schreibt er: „Es wird schlechter werden, bevor es besser wird.“
1982
Zumindest für Soen Nakagawa bewahrheitet sich diese Prophezeiung. Es wird schlechter. Sehr viel schlechter. Und zu seinen Lebzeiten auch nicht besser. Sein Schweigen hilft nicht.
Achtzehn Jahre nach Shimanos Flucht aus Hawai treffen sich der betagte und von einem schweren Unfall gezeichnete Abt von Ryūtaku und Shimano, inzwischen selbst Abt der florierenden und wohlhabenden Zen Studies Society (kurz ZSS), in New York zum letzten Mal. Es ist ein Sommerabend in Manhattan im Juli 1982. Im Gartenhaus der Remise der ZSS kommt es zu einer denkwürdigen Begebenheit. Zeuge ist Georges Zournas, Präsident des Verwaltungsrates der ZSS. Er ist seit 16 Jahren Shimanos Schüler.
Zournas, Shimano und Nakagawa treffen sich auf dem Höhepunkt einer schweren Krise, die die ZSS – zum wiederholten Mal – wegen Shimanos ausschweifenden Liebeslebens heimsucht. Zournas kennt Shimanos Eigenheiten und hat alle Aufregungen die durch die Liebschaften Shimanos entstanden sind, miterlebt. Immer wieder hat er auf Besserung gehofft und versucht in Shimano vor allem auch den begnadeten Lehrer zu sehen. Jetzt aber ist es soweit, dass er seinen endgültigen Rücktritt einreichen und seinen Lehrer verlassen will. Als er am Vormittag Shimano sein Rücktrittsschreiben überreichen will, bittet dieser ihn jedoch noch keine endgültige Entscheidung zu treffen. Man einigt sich auf ein weiteres Treffen am Abend und auf einen weiteren Versuch die Sache zu klären.
Man lässt sich in dem Gartenhaus nieder und beginnt das Treffen mit einer Reinigungszeremonie. Dann bittet Shimano Zournas vorzutragen was zu besprechen ist. Doch bevor dieser anfangen kann, springt plötzlich Nakagawa auf und schreit Shimano an. Shimano sei ein Lügner! Höchst zornerfüllt und offensichtlich völlig am Ende seiner Geduld, beschimpft Nakagawa seinen Schüler. Scheinbar glaubt er nicht mehr, dass noch irgendwas zu klären ist. Zournas ist völlig perplex und beobachtet staunend wie sich Nakagawa in Fudo My-o verwandelt – eine zornerfüllte, in Flammen gehüllte Gottheit, die Zeter und Mordio brüllend Shimano das finale Votum mitteilt: Lügner! Schließlich verlässt er das Gartenhaus und stampft japanische Schimpfwörter schreiend zum Haupthaus, um auch dort alle mit seinem Zorn zu schockieren.
Trotzdem folgt in der Nacht doch noch ein langes Gespräch zwischen Nakagawa und Shimano. Nakagawa berichtet Zournas davon am nächsten Morgen, vor seiner Abreise, per Telefon vom Flughafen aus. Die Situation bleibt aber tatsächlich hoffnungslos. Zournas soll seinen Rücktritt einreichen. Später sprechen die beiden noch wiederholt am Telefon. Bei einem dieser Gespräche sagt Nakagawa: „Ich hasse Eido und Yasuko [Schimanos Frau] nicht, aber ich hasse ihre Lügen und ihre Falschheit.“
Die Konsequenzen aus diesem letzten, dramatischen Zusammentreffen sind erheblich. Soen Nakagawa hat 1972 eine formale Dharma Übertragung auf Eido Shimano vorgenommen. Das wird in verschiedenen Berichten kolportiert und es gibt Dokumente die eine derartige Zeremonie belegen. Auch wird Ryūtaku zu dieser Zeit als „Mutter-Kloster“ (parent monastery) des New Yorker Zendos, dem Shimano vorsteht, bezeichnet. Allerdings taucht heute Eido Shimano nirgendwo in den japanischen Dokumenten über die Dharmanachfolger Soen Nakagawas auf. Der 1984 verstorbene Nakagawa hat vier Männer in seine Nachfolge gebracht. Diese können sich und ihre Tradition, in klassischer Weise, bis auf Hakuin und schließlich den Buddha selbst zurückführen können. Shimano ist nicht unter diesen Männern. Als Shimano zur Beerdigung seines Lehrers nach Japan reist, wird er nicht bei den anderen Dharmaerben Nakagawas platziert, sondern muss bei den gewöhnlichen Trauergästen Platz nehmen. Im Winter 2001/2002 besucht Shimano Ryūtaku und hat ein Treffen mit dem Abt Kyudo Rōshi, einem der Dharmaerben von Nakagawa. Dieser lädt ihn jedoch nicht als Seinesgleichen zum Essen im Quartier des Abtes ein – als Abt eines wohlhabenden und weithin bekannten Rinzai-Klosters der die Tradition Ryūtakus in den USA weiterführt –, sondern Shimano muss mit den gewöhnlichen Mönchen und Schülern aus dem Westen, wässrige Nudeln mit Chilipulver essen. Noch dazu gibt es respektable Stimmen, wie die von Jeff Shore beispielsweise, die Shimano und seinen Nachfolgern rundweg eine Rinzai-Praxis und eine Nachfolge in dieser Tradition absprechen. Die Konsequenz also aus jenem dramatischen Abend im Jahr 1982 ist, dass Shimano von japanischen Rinzai-Leuten nicht als ebenbürtig betrachtet wird und dass, in den drastischen Worten von Jeff Shore, mit Shimano niemals etwas stattgefunden habe, was einer Rinzai-Praxis auch nur nahegekommen sei. Jeff Shore in einem offenen Brief von 2012 den Fall Shimano betreffend: „Dort wo der Lehrer einer Organisation seine tiefe und anhaltende Störung ins Herz der Lehre trägt, passieren zwei Dinge: 1. Der Lehrer sucht Leute für führende Positionen auf Basis ihrer Dummheit bzw. ihres Schweigens zu seinem gestörten Verhalten aus; und 2. die Lehre wird ruiniert.“
Die Zen Studies Society
Als Shimano 1965 in New York seinen Neuanfang macht, hat er schon Kontakte zur Zen Studies Society geknüpft. Shimanos Hauptaufgabe ist zu dieser Zeit Hakuun Yasutani zu begleiten und diesem alten Zen-Mann der kein Englisch spricht, als Übersetzter zu dienen.
Die ZSS wurde 1956 gegründet um D.T. Suzuki bei seiner Arbeit zu helfen und um den Zen im Westen bekannt zu machen. Seit dem Tod ihres Gründers Cornelius Crane 1962, ist die Gesellschaft aber inaktiv. Für Yasutani und Shimano ist die ZSS ideal um in New York Fuss zu fassen. Shimano hat keine Mittel als er ankommt, aber durch seine ersten Kontakte mit der ZSS, ist ihm schon ein Dach über dem Kopf und ein Ausgangspunkt für seine Aktivitäten sicher.
Ab etwa Mitte des Jahres firmieren Shimano und Yasutani im Briefkopf der ZSS neben dem prominenten Dr. D.T. Suzuki – Yasutani als „adviser“ neben Suzuki und Shimano als „officer“. Shimano nimmt hier seinen Titel an: Eido Shimano. Der greise Suzuki im fernen Japan weiss von seinen neuen Kollegen zunächst nichts. Als er von ihnen erfährt, ist er nicht amüsiert. Vor allem von Yasutani hat er eine schlechte Meinung. Lieber wäre ihm, wenn die ZSS aufgelöst würde, als dass sie auf die „Yasutani-Gruppe“ übertragen wird. Man stört sich aber nicht an seinen Einwänden und noch mehrmals muss Suzuki darum bitten, dass man seinen Namen aus dem Briefkopf und damit aus der unliebsamen Nachbarschaft entfernt.
Das Ruder der ZSS liegt jetzt in neuen Händen. Es weht ein frischer Wind. Spätestens ab September des Jahres werden Teishō, Dokusan und Zazen angeboten. Einmal im Monat gibt es einen ganzen Tag Zazen. Für Anfänger werden ebenfalls spezielle Termine angeboten. Yasutani und Shimano haben die inaktive ZSS erfolgreich zu neuem Leben erweckt. Die ZSS ist damit eines der wenigen, wenn nicht sogar das einzige, Zendo in New York und an der Ostküste mit einem prominenten Meister aus Japan – Hakuun Yasutani – und einem regelmässigen Betrieb in dem man tatsächlich anfangen kann Zen-Praxis zu üben. Zur beginnenden Popularität mag Yasutanis Lehrstil beitragen haben der viel Wert auf Kenshō als eigentlichen Beginn des Weges legt. Damit ist man bei diesem Meister direkt an der Quelle der geheimnisvollen mystischen Erkenntnis des Zen. Shimano ist dabei unabkömmlich, da Yasutani ja kein Englisch spricht. Der junge gut aussehend Mönch und der alte Meister. Das perfekte Team, dem ein der Weisheit aus dem Osten zugewandtes Publikum im Big Apple erwartungsvoll entgegen blickt.
Shimano wird eine große Gabe attestiert Gönner zu motivieren und so für einen steten Strom an Einkommen für die ZSS zu sorgen. Zwei Jahre nach ihrer Ankunft in New York, bietet Chester Carlson – der Mann der den Fotokopierer erfunden hat und damit steinreich wurde – Shimano bzw. der ZSS an, ein neues Zendo zu finanzieren. Man war bisher auf die beengte Räumlichkeiten in 267 West 81. Strasse angewiesen. Nun beginnt die Suche nach einem geeigneten Objekt und man findet schließlich die Remise in der 67. Strasse, in der die ZSS auch heute noch residiert. Carlson ermöglicht Kauf und Umbau und am 15.9.1968 wird in einer feierlichen Zeremonie das New York Zendo Shoboji – der Tempel des wahren Dharma – zusammen mit 200 Gästen eröffnet. Bei der Eröffnung sind mit Soen Nakagawa und Hakuun Yasutani zwei wichtige – authentische – Repräsentanten des japanischen Zen anwesend. Shimano aber ist bereits derjenige der alle Fäden in der Hand hält. Sein Shoboji ist das erste Zentrum für Rinzai-Zen in den USA. Ein schickes, dreigeschossiges Haus an der Upper East Side von Manhattan – keine drei Jahre nach der Ankunft. Die Dinge laufen gut.
Und es wird noch besser. Die Gönner werden immer spendabler. Das Ehepaar Shimano verfügt bald auch über eine großzügige Wohnung in der 69. Strasse. Die ZSS hat längst einen ordentlichen Verwaltungsrat, der alle Angelegenheiten berät und regelt. Von Yasutani ist zu dieser Zeit nicht mehr die Rede – er stirbt 1973. Shimano firmiert als Geschäftsführer, seine Frau verwaltet die Finanzen und Soen Nakagawa Rōshi ist formal als Abt eingesetzt. Im Juni 1971 kann man der Gemeinde verkünden, dass die ZSS ein circa 550 Hektar großes Grundstück ausserhalb der Stadt erworben hat. Dort soll Dai Bosatsu entstehen – das erste Rinzai-Kloster der USA. Es wird in den Catskill Mountains liegen, nordwestlich von New York, knapp drei Stunden vom Shoboji entfernt. Mit der Planung wird sofort begonnen. Im September 71 findet dort schon ein erstes Sesshin statt. Dai Bosatsu wird der Ort der Klausur und des intensiven Trainings – als Komplement zum Zendo in Manhattan, das einen leichten Zugang zum Zen für die Stadtleute bieten soll. Eine Vielzahl von Aktivitäten beginnen sofort in einem alten Gebäude auf dem Gelände. Shimano trägt Nakagawa an, Abt von Dai Bosatsu zu werden. Dieser nimmt an. Für ihn hat der Name Dai Bosatsu eine besondere Bedeutung. Es ist der Name eines Ortes in seiner Heimat, auf dem er selbst gerne ein Kloster errichtet hätte. Doch daraus wurde nichts, weil dort schließlich eine Wohnsiedlung entstand. Dass nun in der malerischen Landschaft der Catskills doch noch dieser Traum wirklich werden soll, ist ein besonderes Zeichen für ihn. Das Kloster wird im japanische Stil inmitten von weitläufigen Wäldern entstehen. An einem See gelegen, weit genug von der Stadt, um in Ruhe und feiner Abgeschiedenheit in Klausur zu gehen, nahe genug um mit allem Notwendigen stets gut versorgt zu sein, vielleicht sogar ein Alterssitz, im goldenen Wind des Herbstes, Blätter die taumeln, zarter Schmerz des Vergehens, behütet und in Schutz genommen und von gewissenhaften Schülern umsorgt, im Winter von der Stille des Schnees umfangen, vom Schweigen das sich über den Wald legt, in der Halle sitzend, in der Kälte, für den Tod, mit gefrierendem Hauch und einem klaren Blick in das was ist.
Zu dieser Zeit ordiniert Nakagawa auch den ersten amerikanischen Mönch der New Yorker Sangha – Chuck Carpenter – der dann, zusammen mit zwei Assistenten, als Erster Dai Boisatu betreut. Und – eine sehr wichtige Entwicklung – Nakagawa bittet Shimano, den Titel eines Rōshi zu akzeptieren. Shimano erhält den Titel in der schon erwähnten Zeremonie am 15.9.1972. Diese Handlung, durchgeführt von Soen Nakagawa, ist diejenige biografische Landmarke, auf die sich Shimano berufen kann, wenn er sich als Dharmaerbe von Nakagawa sieht. Shimano ist nun offiziell Abt. Sein voller Titel ist jetzt Mui-Shitsu Shimano Eido Rōshi. Mui Shutsu bedeutet so viel wie Mann ohne Rang.
Shimano ist etabliert. Er hat Geld und Titel. Planung und Bau des Klosters Dai Bosatsu beginnen. Die offizielle Eröffnung ist zum symbolträchtigen Datum der Zweihundertjahrfeier der USA, am 4.7.1976, geplant. Im Winter 1974/75 ist der Rohbau fertig. Nakagawa kommt wieder in die USA. Im Sommer 1975 findet das erste Teishō mit ihm im neuen Gebäude statt. Alles scheint gut zu laufen. Alles was im Zen Nordamerikas Rang und Namen hat ist beim großen Eröffnungsfest zum zweihundertsten Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vertreten. Selbst Robert Aitken gehört zu den Gästen. Als die Einweihung stattfinden soll, in einem drei Million Dollar teuren Klostergebäude, im japanischen Stil, mit luxuriösen Interieurs, termingerecht fertig gestellt, auf einem ebenso teuren wie herrlichen Gelände in den Ausläufern der Apalachen, alles von reichen und wohlwollenden amerikanischen Sponsoren finanziert, für einen jungen Rinzai-Mönch der die sprichwörtliche Tellerwäscherkariere hingelegt hat – bettelarm in New York angekommen, nach zehn Jahren Abt eines wohlhabenden Klosters – geadelt von Gästen der jungen Zen-Elite Amerikas und von hochrangigen Vertretern aus Japan, als es endlich soweit ist fehlt nur einer: Mitta-Kuttsu Nakagawa Soen Rōshi. Shimanos Lehrer. Der, der ihn zum Priester geweiht hat, die wichtigste Person, bleibt der Einweihung von Dai Bosatsu aus Protest fern.
1975
„Das geht Euch nichts an,“ ruft Eido Shimano in seinem voll besetzten Zendo, als es 1975 zum Skandal wegen seiner verrückten Vögeleien kommt. Verrückte Vögeleien – so könnte man Fuck Follies übersetzen. Oder vielleicht: Verflixte Fickereien. Es ist damals der Ausdruck, der innerhalb der ZSS-Sangha scherzhaft für die offenkundigen Affären des Abtes benutzt wird. Seine geilen Tollheiten. Der Tor und sein Prügel. Teishō mit Zen-Häschen. Oder wie würden wir in Deutschland, Österreich oder der Schweiz es nennen, wenn wir Mitglied einer Sangha wären, deren ebenso charismatisches wie autoritäres Oberhaupt mit immer neuen Betthaserln anbandelt, ohne dass wir wirklich darüber hinwegsehen könnten? Ein getuscheltes „der Meister gibt Dokusan“ und ein vielsagendes Augenzwinkern? Kann man sich das vorstellen, im Buddhistischen Zentrum im Bayrischen Wald? Oder Im malerischen Felsentor über dem Vierwaldstätter See? In einer Zen-Klause im Waldviertel? Kaum?
1975, im Sommer des Jahres als das Kloster Dai Bosatsu fast fertig gestellt ist und als man dort erste Teishōs abhält, kommt es für die Zen Studies Society zum ersten Mal zum offenen Skandal in dessen Zentrum der Abt Eido Shimano selbst steht. Es gab in den Jahren vorher schon gelegentlich Getuschel – aus den Analen des Shimanoarchiv kann man das rekonstruieren – aber es passierte nie etwas größeres. Shimano kann immer alles erklären. Von verrückten Leute die ihm Übel wollten ist die Rede, von Hass und Eifersucht, von Unverständnis, und vor allem von Missverständnissen in Bezug auf den Dharma. 1975 aber ist das erste Mal, dass etwas richtig überkocht und alle es mit bekommen. Im Rückblick und an Hand der Dokumente kann man noch nicht sehr genau ausmachen, was zu diesem Zeitpunkt genau geschehen ist. Aber man weiss, es handelt sich um Affären des Abtes. Man weiss: Es geht um Sex. Um viel Sex. Und man weiss, dass Nakagawa über die Maßen empört ist über Shimanos Verhalten – so sehr, dass er nicht nur nicht zur Einweihung des Klosters 1976 kommt, sondern so sehr, dass er überhaupt nicht mehr kommen will und später überredet werden muss, überhaupt noch einmal New York zu besuchen.
Auf jeden Fall ist es gut 10 Jahre nach den Vorfällen auf Hawai soweit, dass Nakagawa nicht mehr schweigt, bzw. dem Geschehen tatenlos zusieht. Adam Fisher formuliert einige Jahre später in einem offenen Brief vom 29.3.1979 an seinen Lehrer Shimano einige Erinnerungen:
Dann kam 1975 und das was wir später scherzhaft die „Fuck Follies“ nannten. Es kam alles so peu a peu raus: Der Lehrer hatte eine ganze Reihe an Bettgenossinnen aus der Sangha gehabt und bei anderen gab es Annäherungsversuche. Eine Weile lang glaubte ich es nicht. Du warst verheiratet, du warst der Lehrer, du hast dich dem Gebot moralischen Verhaltens verschrieben. Ich dachte: „Der Rōshi bumst, Ich bumse. Der Rōshi und ich haben was gemeinsam.“ Dann sprach ich mit einigen deiner Liebhaberinnen. Die Geschichte war nicht so einfach, wie ich mir das vorstellte. Jede dachte sie sei „die Einzige“. Jede wurde irgendwann kurzerhand abserviert. Ich hörte von Auseinandersetzungen zwischen dir, deinem Lehrer, deiner Frau und einem Sanghamitglied. Ich hörte davon, dass dein Lehrer davon ausging, du würdest während einer öffentlichen Veranstaltung eine Beichte ablegen. Aber als es dann soweit war mit deiner Botschaft an die Sangha, an eines der drei Juwelen, an deine Schüler, hörte sich das so an: „Es geht euch nichts an!“
Georges Zournas, zu der Zeit schon Verwaltungsratsmitglied der ZSS, schildert es in seinen Erinnerungen vom 27.10.1982 so – ebenfalls in einem Brief an Shimano:
Als der Skandal 1975 ausbrach, war Soen Rōshi empört von deinem Verhalten aber ich habe bei ihm Fürsprache für dich gehalten, genauso wie ich es bei anderen Verwaltungsratsmitgliedern und bei der ganzen Sangha getan hatte. Ich habe versucht, dein Verhalten zu rationalisieren indem ich sagte, du seist immer noch ein junger Mann und ein Fremder in einem fremden Land […]. Viele Leute waren geschockt, als Soen Rōshi nicht zur Einweihung von Dai Bosatsu kam. Aber selbst da noch hielt ich an meinem Glauben fest, dass er eines Tages wieder kommen würde, um der Welt zu zeigen, dass er dir immer noch vertraute.
Es gibt im Shimanoarchiv noch viele andere Belege und Schilderungen für diese Vorfälle. Zu viele, als das man sagen könnte, es handele sich um hysterische Reaktionen unerleuchteter, frustrierter Menschen die vielleicht das harte Zen-Training nicht durchgestanden haben. Zu viele ausserdem, die die Vorfälle unabhängig von einander und aus verschiedenen Blickwinkeln schildern. Je mehr man liest, desto mehr zeigt sich ein Mosaik. Nicht das Bild eines Mannes von Rang, sondern das Bild eines Zen-Priesters, der immer wieder regelmässig, ausdauernd und seine Position ausnutzend, Frauen seiner Sangha verführt, ihnen Anträge macht, sie nötigt, sie zwingt ihr Verhältnis geheim zu halten und sie gnadenlos fallen lässt, wenn sie versuchen sich zu distanzieren oder er kein Interesse mehr an ihnen hat. Es ist nicht das Bild eines Mannes, der einmal ein Liebschaft hat weil er die leuchtenden Augen junger, attraktiver Frauen die in ihm einen Heiligen sehen, als Zeichen sexuellen Begehrens missversteht. Eines Menschen, der einen Lernprozess durchmacht und sich dieses Missverständnisses, dieser Form von Übertragung und Gegenübertragung, irgendwann bewusst wird. Nein, vielmehr ist es das Bild von einem, der sich weigert zu lernen. Von einem der leugnet, verschleiert, verdreht, Kritiker in Ungnade fallen lässt und sich generell auf den Standpunkt begibt sein Liebesleben als Abt ginge niemanden etwas an.
Es geht hier um einen grundsätzlichen Vertrauensverlust.
1975 führte der dazu, dass mehr als die Hälfte der Sangha das Zendo verlässt. Die, die ein solches Verhalten nicht mit dem eines Zen-Priesters vereinbaren können, können gehen. Die Unmündigen, Ahnungslosen und dem Charisma verfallenen bleiben. So wird die Ruhe in der Sangha wieder hergestellt.
Da kaum etwas an die Öffentlichkeit dringt, bleibt Shimanos Charisma und sein Status quo als Shooting-Star des amerikanischen Zen unangetastet. In dieser Zeit ist eine kritische und rationale Haltung gegenüber dem Zen noch völlig undenkbar. Die öffentliche Meinung über die populär werdende buddhistische Lehre ist unisono positiv. Das spiegeln Artikel in Zeitungen mit großer Reichweite, wie etwa in der New York Times vom 24.8.1975: Buddhist Center Rises in the Catskills. Das entstehende Klosteranwesen wird hier dem neugierigen Publikum in den wärmsten Farben nahe gebracht. Seine Schönheit, Exklusivität und Exotik wird im Detail beschrieben. Und vor allem gibt es das Versprechen auf eine endgültige Antwort. Dass der Abt dort reihenweise Frauen verführt, passt einfach nicht ins Bild.
Derartig von einer verzerrten Wahrnehmung unterstützt, füllen sich die gelichteten Reihen der ZSS schnell wieder mit neuen Schülern. Der Nimbus des Meisters bleibt unangetastet.
Das ist die Kulisse vor der sich Soen Nakagawa Rōshi entscheidet, nicht zur Einweihung des ihm gewidmetem Klosters zu kommen. Es ist nicht klar was er im Detail wusste und ob jemand ihn so präzise einweihte wie das Aitken 1964 getan hatte. Klar aber ist, dass das was er erfährt, reicht um die Klosterweihe zu boykottieren. Und eines ist auch klar: Obwohl es der 1976 in Dai Bosatsu versammelten amerikanischen Zen-Gemeinde nicht verborgen bleiben kann, dass dieses Zeichen nicht irgend eine Kleinigkeit bedeutet, nicht zu diesem Zeitpunkt, an diesem Ort und bei dieser wichtigen Feier – wozu legt man im Zen soviel Wert auf das Zeremoniell, wenn es, bzw. seine Nichterfüllung, so viel Bedeutung hat? – so wird sie noch Jahrzehnte brauchen, um auch nur zu beginnen, sich mit den Problemen die sich hier zeigen zu befassen.
1976 jedenfalls unterstützt ein weiterer großer Artikel über Dai Bosatsu den Traum von Reinheit, Weisheit und Erleuchtung des Zen. Im Oktober bringt die New York Times wieder einen Bericht über Dai Bosatsu. Diesmal ist es sogar eine Cover-Stroy in ihrem Magazin. Der Titel ist The Violence of ‚Just Sitting“. Es geht um den „stillen Zenboom“. Nochmals steigert sich also das Ansehen Shimanos und seines Klosters. Zen hat es auf das Cover des renommierten Magazins geschafft. Es ist zwar nicht Shimano persönlich der groß auf dem Cover abgebildet ist, aber es geht um sein Kloster, es geht um Zen und um seine ganz persönliche Leistung. Das ist etwas was im pragmatischen Nordamerika anerkannt wird: Die Fähigkeit mit geringsten Mitteln etwas aus dem Boden zu stampfen. Der Artikel erzählt genau diese Geschichte. Vom kleinen Apartment in New York wo alles anfing, bis zum gediegenen, authentischen Kloster, in welchem man reinen, japanischen Zen leben kann. Und es erzählt diese Geschichte in einem Ton, die es jedem ernsthaft Suchenden leicht macht zu glauben, dass hier in den Catskills, tatsächlich die Einsicht in die Dinge wie sie wirklich sind möglich wird. Hier kann man den wahren Dharma kennen lernen. Wobei der Autor – Lawrence Shainberg, selbst ein schon ein langjähriger Zenübender – keinen Zweifel daran lässt, dass es dabei um harte Arbeit geht. Das passt gut zum amerikanischen Traum. Man muss zupacken, das ist klar, aber selbst die Erleuchtung ist jetzt in greifbarer Nähe. Es ist die ideale Kombination in dieser Zeit: die Materie ist bis ins Atom verfügbar gemacht und nun wird auch der Geist bis in seine intimsten Regungen durchforscht und wahrhaft verstanden. Dai Bosatsu trifft diesen Aspekt des Zeitgeistes im Kern. Dabei notiert der Autor, dass der Buddha selbst die Ankunft seiner „Vision“ im Westen vorhergesagt hat. Es handelt sich also um eine notwendig geschichtliche Entwicklung. Es geht um ein historisches Ereignis, das sich, wie von einem Naturgesetzt bestimmt, entwickelt. So gesehen wohnen wir hier in den 70er Jahren der Formulierung des modernen Gründungsmythos des Buddhismus im Westen bei. Wer seinen Teil zu diesem geschichtlichen Ereignis beitragen will muss allerdings gewaltig arbeiten und nicht nur einfach sitzen. Der Titel des Artikels sagt es doch in aller Klarheit: The Violence of ‚Just Sitting‘. Es ist eine Gewalt mit der man es zu tun bekommt. Es ist ein heroischer Akt, ein kontrollierter Absturz aus den vertrauten Regionen des zivilisierten Selbstes, das darauf vertraut für alles eine Lösung zu finden, in die Unsicherheit der finalen Lösungslosigkeit. Es ist ein „Anschlag“ auf alles was uns lieb und teuer ist und wer sich in dieses Zendo begibt, lässt jeden gewöhnlichen Massstab hinter sich. Shainberg macht das unmissverständlich klar. Sein Artikel ist dabei differenziert und kritisch. Keineswegs schreibt er einen der naiven Texte, wie man sie heute aus einer inflationär aufgeblähten Buddhismusbücherproduktion kennt. Er schreibt für ein anspruchsvolles Publikum, das den Zen noch wirklich als Träger einer ernsthaften Antwort auf die Fragen einer bis ins Kleinste durchtechnisierten Gesellschaft, auffasst. Zu den Leuten die das lesen und und die mit der ZSS in Verbindung stehen und sie finanziell fördern, gehören wohlhabende Industrielle, Professoren und Kulturschaffende. Das heisst, Zen ist ernst zu nehmen. Und wir finden hier schon alles, was heute an Gemeinplätzen über Zen im Umlauf ist: Man verlässt das Profane und begibt sich schutzlos in unbekanntes und gefährliches Gebiet. Man ist Forschungsreisender auf einer Suche in unbekannten Räumen. Gleichzeitig gibt es authentische Traditionen, die das Wissen bereitstellen, mit dem man diese gefährliche Fahrt ins Unbekannte meistern kann. Diese Traditionen gehen auf eine historische, allwissende Person zurück, die das endgültige Ziel allen Strebens erfahren hat. Dieses Streben ist dabei aber kein gewöhnliches Streben, sondern ein Paradox, welches sich im Einfach-Sitzen manifestiert. Es geht dabei aber nicht um Lösungen. Man setzt sich buchstäblich hin und damit hat es sich. Es gibt auch kein Streben nach Glück, Zen ist daran nicht interessiert. Und schließlich ist jeder Mensch schon vor der Erleuchtung erleuchtet. Mit anderen Worten, so Shainberg, Erleuchtung ist kein Zustand den man sich aneignen müsste, sondern eine fundamentale menschliche Verfassung: Erleuchtung zu suchen, bedeutet per Definition sie zu negieren.
Wenn wir diese zwei Seiten der Geschichte betrachten – den Schürzenjäger und die Erleuchtung – haben wir die Dialektik des Zen vor uns: Fehlbares Leben und Vollendung. Hätte es in Eido Shimano eine Synthese dieser beiden Pole gegeben, wäre Soen Nakagawa zur Einweihung seines Klosters erschienen.
Ironie des Schicksals
Wie wir bereits wissen, kommt Nakagawa nach den 1975er Fuck Follies 1982 dann doch noch einmal nach Amerika – zu jenem denkwürdigen Augenblick, in dem er sich in einen tollwütigen, funkenstiebenden Gott des Terrors verwandelt und seinen ehemaligen Schüler degradiert. Später muss der Shimano der Beerdigung seines Lehrers dann buchstäblich als Mann ohne Rang beiwohnen – als Mui Shutsu – was seine Degradierung noch einmal öffentlich belegt. Ob beabsichtigt oder nicht, Nakagawas Namen für den jungen Abt erweist sich als treffend. Weniger treffend ist seine Entscheidung für eine erneute Reise zur ZSS.
Nach dem 75er Krach ist die Sangha zwar dezimiert und relativ junge Mitglieder mit relativ wenig Praxis und Erfahrung finden sich plötzlich mangels Alternativen als ranghohe Entscheidungsträger im Verwaltungsrat der ZSS wieder, während die beiden Zendos in New York und in den Catskills bald von neuem gefüllt sind. Aber Shimanos Liebeleien, seine Avancen, Übergriffe und Nötigungen hören keineswegs auf, obwohl er dem Verwaltungsrat nach den Fuck Follies versprochen hatte, die Hände von den Frauen in der Sangha lassen. Merry White Benezra – Autorin von Special Karma, einem Buch in dem sie ihre Erfahrungen mit Shimano schildert – erinnert sich, dass, als sie im July 1976 nach Dai Bosatsu kam, Shimano ein sexuelle Beziehung zu einer Schülerin hatte. Im September dann, während eines Kesseis, sei sie von Shimano in einem Fort angemacht worden. Es sei geradezu ein „Trommelfeuer“ gewesen. So schildert sie es in einem Brief vom 20.2.1979. Es sei während Dokusan vorgekommen, während der Sesshins, während einer ernsten Krankheit seiner Frau Yasuko und bei weiteren Gelegenheiten.
Auch Adam Fisher, ein weiteres langjähriges Mitglied der Sangha, erinnert sich in einem Brief an Shimano vom 1.11.1982:
„Und dann war da noch Jane Smith [Pseudonym]! Erinnerst du dich? 24. Dezember 1977, Zimmer 1100A im Statler Hilten nach dem Dinner im Mama Leone? Erinnerst du dich wie der Verwaltungsrat das zu vertuschen suchte, […] dass Jane nur von einer Affäre mit dir geträumt hätte?
Im Februar 78, so wiederum Merry White Benezra, sei es zu einem besonders schlimmen Ereignis gekommen. Ein sehr hübsche junge Frau sei zu einem kurzen Aufenthalt gekommen. Sie sehr unglücklich gewesen und habe „wirklich Zuflucht“ gesucht. Shimano, der sie bis dahin nicht kannte, sei bei ihrer Ankunft weg gewesen, habe aber noch in der Nacht als er zurückkam, versucht sie zu verführen. Die Frau habe das Kloster sofort wieder verlassen.
Im Laufe desselben Jahres beginnt Shimano eine weitere Affäre mit einer Schülerin. Nach einiger Zeit jedoch versucht die Frau sich wieder aus der Beziehung zu lösen und sucht Hilfe bei einem Therapeuten. Dieser rät ihr ein Notizbuch anzulegen, um Träume und Gedanken zu notieren. Die Frau bleibt weiterhin in Dai Bosatsu, beginnt aber sich Notizen zu machen, unter anderem über ihre Affäre mit dem Abt. Eines Tages, im Januar 1979, muss sie wegen eines Krankheitsfalles in der Familie überraschend abreisen und lässt das Tagebuch zurück. Ein Mönch findet es beim saubermachen. Zusammen mit einem Freund schreibt er einen Brief an den Verwaltungsrat, in dem sie beide dem Rat den Inhalt mitteilen. Die Formulierungen in dem Schreiben vom 30.1.1979 lassen erkennen, dass es sich hier nicht um einen überraschend entdeckte einmalige Sache handelt. Es heisst u.a.:
Eido Rōshi hat ohne jeden Zweifel seine Rolle als Lehrer schändlich missbraucht und das Vertrauen seiner Schüler verraten indem er wiederholt sexuelle Verhältnisse mit Frauen der Sangha einging. […] Trotz dieser bedauernswerten Handlungen und der tiefen Besorgnis unserer Sangha, hat Eido Rōshi wiederholt jede Verstrickung geleugnet und eine Haltung eingenommen als ob er Immunität besäße und nicht befragt werden dürfe. Wir denken, es ist an der Zeit Fragen zu stellen.
Es ist klar, dass unser Lehrer seine Glaubwürdigkeit verloren hat und dass diese Dinge Kreise nicht nur in unserer eigenen Sangha ziehen sondern auch in anderen Zentren. Letztlich werden sie die Zen-Praxis selbst herabwürdigen. Wir sind alle beschämt und verletzt, wenn wir zusehen müssen wie ordinierte Mönche und ernsthafte Schüler die Sangha verärgert und empört wegen des Hochmutes und des Egoismus von Eido Rōshi verlassen. Darüber hinaus wurden viele weibliche Schüler durch seine offenen sexuellen Avancen entmutigt, ihre Zen-Praxis weiterzuführen. Wie ist es möglich diesen …“Gerüchten“… [sic] ein Ende zu machen wenn die Taten weiter gehen.
Der Verwaltungsrat reagiert umgehend mit ein paar wenigen Zeilen an die Sangha. Er spricht Eido Rōshi sein Vertrauen aus. Gerüchte werden gestreut, dass die Frau um die es gehe, labil sei und die Aufzeichnungen über eine sexuelle Beziehung zu Shimano lediglich Träume. Auch über diese Sache ist bald Grass gewachsen.
Georges Zournas ist zu diesem Zeitpunkt Präsident des Verwaltungsrates. Er kennt die Sangha seit 1966. Er muss viel erlebt haben im Hinblick auf Shimanos Eskapaden. In einem Brief vom Oktober 1982, nach seiner Demission, indem er alles noch einmal Revue passieren lässt, kann er sein loyales Verhalten über die vielen Jahre nur damit begründen, dass er als Mahayanabuddhist seinem Lehrer gegenüber unbedingte Treue zu zeigen gehabt hätte. Zu den Ereignissen 1979 schreibt er, dass er nach ihnen zutiefst davon überzeugt gewesen sei, dass Shimano sein Verhalten und seine Haltung gegenüber der Welt radikal geändert habe. Ob erneute Rationalisierung oder ehrliche Veränderung auf Seiten Shimanos, hier nun beginnt das Schicksal wie in einer griechischen Tragödie seinen Lauf zu nehmen. Einen Lauf, der die Ereignisse auf eine aufs Äusserste zugespitzte Pointe hin ausrichtet.
Wir haben Shimano nun seit 1964 verfolgt und man sieht das Muster: Immer wieder Frauen aus der Sangha. Naive, hilfe suchende, fallen gelassene, verwirrte, auch wirklich in ihn verliebte und langjährig treue Frauen, die ihn erst verlassen als sie merken, dass auch sie betrogen werden. Dann immer wieder der Skandal. Und, getragen von Shimanos Charisma und Eloquenz, das Leugnen jeglicher Verwicklung. Das Leugnen der Verantwortung. „Es geht euch nichts an“. Dazu Förderer, Verwaltung und Subalterne die nicht wagen, irgendetwas ans Licht der Aussenwelt kommen zu lassen. Dem Zen in Amerika darf nicht geschadet werden. Und last not least jene Aussenwelt, die zu dieser Zeit völlig dem malerischen Ideal vom makellosen weisen Mann des Zen verfallen ist.
In diesem Setting glaubt Geoges Zournos nach dem 79er Tagebuchskandal, als leidgeprüfter Verwaltungsratspräsident der Zen Studies Society, dass Shimano endlich geläutert ist.
1979 begibt er sich auf eine Reise nach Japan. U.a. in der Hoffnung Soen Rōshi zu treffen, um ihn zu überreden doch noch einmal nach Amerika zu kommen. In seiner Erinnerung vom Oktober 1982 heisst es:
Das Glück war mir hold und Soen Rōshi kam gerade aus einer Klausur. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm. Nach vielen Gesprächen versprach er mir schließlich, wieder nach Dai Bosatsu und Shoboji zu kommen.
Somit hat er die letzte Wiederkehr Nakagawas vorbereitet. Im Jahre 1982 begeben sich Shimano und Zournos (und eine weiterer Mönch aus New York namens Bugyo) auf eine Reise nach Japan um Nakagawa Soen Rōshi abzuholen und erneut nach Amerika mit zunehmen. Zournas:
Das war wirklich die größte Freude für mich und in der Tat einer der Höhepunkte meines Lebens als im Juni [1982], nach einer Feier in Ryutakuji, Du, Bugyo und ich mit Soen Rōshi nach Amerika zurück flogen. Dann aber ging die Bombe hoch.
Die Bombe, das ist der Brief einer Journalistin, den Nakagawa erhält kaum dass er in New York angekommen ist. Es geht um Shimanos jüngsten sexuellen Angriff.
Eine mutige junge Frau
Monate vor der Reise nach Japan sitzt Shimano mit einer jungen Frau bei einem Tee im New Yorker Zendo. Er und Robin Westen hatten sich bei einem Sesshin in Dai Bosatsu kennen gelernt. Westen hatte während dieses Sesshins Kenshō. Zumindest wird ihr das von Shimano während eines Dokusans gesagt. Shimano lädt sie am Ende des Sesshins nach New York in die Zen Studies Society zu einem Treffen ein. Westen hat keinerlei Ahnung von Shimanos aggressivem Sexualverhalten und geht ohne Vorbelastung dorthin. Auf Grund ihres vermeintlichen Kenshōs erwartet sie ein Gespräch über ihre spirituelle Entwicklung. Überraschend für sie ist dann allerdings, als der Rōshi ohne Weiteres damit beginnt über Sex zu reden:
Die beste Zeit mit einer Frau Sex zu haben, ist direkt nach dem Sesshin, dann wenn sie richtig sexy aussieht. Könnte ich tun was ich wollte und würden die Leute wirklich verstehen wie es ist, nicht anzuhaften, alle würden in der Nacht nach dem Sesshin miteinander vögeln.
Westen erwägt ob er mit ihr flirtet. Aber sie ist unsicher. Zen ist oft so rätselhaft, man weiss nicht was ein Zen-Meister mit sowas tatsächlich sagen will. Es gibt so viele verrückte Frage-Antwort-Spielchen im Zen – zum Beispiel: Was ist Buddha? Antwort: Clopapier! – hinter den Worten des Rōshi muss eine tiefere Bedeutung liegen. Doch der belehrt sie schnelle eines Besseren:
Gegen die Couch gelehnt löst er den Gürtel seiner fliessenden weissen Robe, tätschelt sich den Bauch und lächelt. Er hatte ein unglaubliches Leuchten in den Augen. „Hast du schon den Tempel unseres New Yorker Zendos gesehen?“ flüstert er. „Komm.“
Ich sitze mit gekreuzten Beinen auf einem kleinen runden Kissen. Meine Beine sind völlig eingeschlafen, eine Folge meiner erst einjährigen Zen-Praxis denke ich.
Er steht auf und streckt mir seine Hand entgegen.
Ich greife unbeholfen nach ihr aber bevor ich wieder Gefühl in die Beine bekomme reisst er mich vom Boden hoch, zieht meinen Körper an den seinen, beginnt meine Brüste zu betatschen, berührt meinen Mund mit seiner Zunge und langt schließlich unter meinen Rock zwischen meine Beine.
Einen Moment lang bin ich zu überrascht um zu reagieren. Dann stosse ich ihn zurück und halte ihn auf Armeslänge von mir weg. Ich sehe im geradewegs ins Gesicht. Er starrt zurück. Er tut, als sei nichts passiert. Er lächelt immer noch.
Anders als viele Frauen vor ihr, ist Robin Westen kein ängstliches und hilfloses Mädchen. Die allermeisten Frauen bisher waren nicht in der Lage den Konflikt zwischen tiefer, vertrauensvoller Zuflucht, in einen vermeintlich erleuchteten Meister und dem Treffen auf einen geilen Bock aufzulösen. Nicht so Westen. Während bisher alle Konflikte dieser Art von einem treu ergebenen Verwaltungsrat, von bereitwillig an „das wahre Dharmaauge“ des Meisters glaubenden Akolythen, von einer von den eigenen Wunschträumen geblendeten Öffentlichkeit bzw. von einer ängstlich den Zen vor Beschmutzung schützenden wollenden amerikanischen Zen-Gemeinde, in Schach gehalten wurden, bleibt es diesmal dabei. Robin Westen geht die Sache frontal an.
Westen ist Journalistin und arbeitet bei einem Fernsehsender. Sie macht sich sofort daran Leute aus der Sangha zu interviewen und sie auf ähnliche Vorfälle hin zu befragen. Aktuelle und ehemalige Schüler machen deutlich, dass Shimano Frauen dutzendweise verführte während er als ihr spiritueller Führer agierte. Sie erfährt von psychischen Zusammenbrüchen, Hospitalisierungen und Geschlechtskrankheiten und sie erfährt, dass es über einen langen Zeitraum regelmässig immer wieder die gleichen Problem gab. Sie nimmt auch mit Robert Aitken Kontakt auf. Was sich ihr zeigt, ist langjähriger und regelmässiger „Missbrauch Schutzbefohlener“.
Aitken wird selbst wieder aktiv und während Westen an einem ausführlichen Artikel arbeitet – Zen und die Kunst der Verführung –, entwirft er einen offenen Brief an führende amerikanische Zen-Leute. „Der pathologische Fall“, so Aitkens Einschätzung schon 1964, scheint diesmal fällig zu sein. Man habe gehofft, so schreibt Aitken, „Ereignisse“ in der New Yorker Zen Studies Society würden Shimanos Verbindung mit dem amerikanischen Zen „zu einem natürlichen Ende“ bringen. Da dies aber nicht eintrete, wolle man nun dem Eindruck entgegentreten, das eigene Schweigen sei ein Zustimmung zu Shimanos „Aktivitäten“. Aiken schickt den Entwurf an Maezumi Rōshi und Baker Rōshi, mit der Bitte um eine gemeinsame Diskussion des Falles. Was Aitken noch nicht weiss ist, dass beide mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben wie Shimano – wobei bei Maezumi nach starker Alkoholismus dazu kommt (und später im Vollrausch Tod durch Ertrinken in einer Badewanne).
Auf jeden Fall ist spätestens ab diesem Zeitpunkt die Katze aus dem Sack. Ab 1982 kann, wer im amerikanischen Zen Rang und Namen hat, sich nicht mehr damit herausreden man habe es nicht gewusst. Robin Westens Recherche wird weit herum bekannt und im Laufe des Sommers beginnen viel Leute damit zu rechnen, dass ein ausführlicher Artikel von ihr über den Fall Shimano in einer großen Zeitung erscheinen wird. Aitken schreibt einen ausführlichen Artikel der parallel zu Westens Text die Zen-Gemeinde im Detail aufklären soll.
Zunächst aber sendet Westen per Einschreiben zwei Briefe an das New York Zendo und an Dai Bosatsu. Sie beschreibt den Vorfall den sie mit Shimano im New Yorker Zendo erlebte und die zahlreichen Interviews mit Frauen die ähnliche Situationen erlebt haben. Eine Woche später erhält Westen einen Anruf von Nakagawa persönlich. Er kennt den Brief. Man vereinbart einen Termin für ein Treffen in Dai Bosatsu. Von Seiten der leitenden Mönche in Dai Bosatsu versucht man das Treffen zu verhindern. Man sagt Westen, Nakagawa sei nicht mehr ganz richtig im Kopf, er sei senil und im übrigen habe alles über Shimano persönlich zu laufen. Das Treffen findet trotzdem statt. Westen kommt nach Dai Bosatsu. Unbehelligt kann sie das Kloster betreten. Sie trifft Nakagawa: einen kleinen, gebrechlichen, alten Mann mit wachen und aufgeweckten Augen. Nakagawa berichtet er habe den Brief Shimano vorgelegt und um eine Erklärung gebeten. Shimano habe keine befriedigende geben können. Nakagawa sagt zu Westen über Shimano:
„Er ist ein Lügner.“
Am selben Abend hat Westen ein langes Telefongespräch mit Zournas. Sie schildert ihm was passiert ist. Am nächsten Morgen erhält Westen einen Anruf vom Geschäftsführer von Dai Bosatsu, David Schnyer. Zukünftige Interaktionen seien über den Anwalt der ZSS abzuwickeln. Wie Westen von anderer Seite erfährt, rumort es hinter den Kulissen mächtig. Nach Jahren kommt Shimanos Lehrer endlich wieder in das Kloster, um sein neu gewonnenes Vertrauen zu zeigen: Und nun das! Shimano versucht die Sache wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Robin Westens Aktionen aber haben zu viel Staub aufgewirbelt – zumindest innerhalb der ZSS. Und vor allem verfehlen ihre Recherchen nicht ihre Wirkung auf Nakagawa. Am 24.7.1982 treffen sich verschiedene Mitglieder des Verwaltungsrates, Zournas, der noch immer dessen Präsident ist, Shimano und Nakagawa zu einem Gespräch in Dai Bosatsu. Zournas schildert sein Telefongespräch mit Westen und dessen Inhalt – den sexuellen Übergriff Shimanos auf sie im Shoboji. Shimano versucht sich rauszureden. Er entgegnet, dass alles ein Komplott sei. Er nennt Namen anderer Zenleute die auf ihn eifersüchtig seien. Wegen des Reichtums seiner Zendos, wegen was auch immer. Nakagawa greift ein:
„Lügner!“
Das Gesicht wird nicht mehr gewahrt. Lehrer und Schüler sind im offenen Streit. Alle müssen zusehen. Zournas schildert es in seinem Brief vom 27.10.1982. Er schildert wie Soen Rōshi vor aller Augen seinen Zögling der Lüge bezichtigt. Shimano habe ihn 1964 angelogen und er würde heute lügen.
Der letzte Akt findet eine Woche später an jenem Sommerabend in Manhattan statt. Als Soen Nakagawa Rōshi Shimano zum dritten Mal beim Namen nennt:
„Lügner!“
Postscriptum
Damit ist der Stab über Shimano endgültig gebrochen. Doch obwohl diesmal sehr viel Staub aufgewirbelt wird, bleibt Shimanos zentrale Position in der ZSS wieder einmal unangetastet. Nakagawa reist zurück nach Japan und Zournas verlässt die ZSS nach 16 Jahren. Es gibt noch einiges Hinundher zwischen Zournas und anderen Dissidenten auf der einen Seite und dem shimanoloyalen Verwaltungsrat und dem Rōshi selbst, auf der anderen. Es ist die selbe Prozedur wie immer: Die denen die Augen aufgegangen sind gehen, der Rest bleibt und rückt in der Hierarchie aufwärts. Eine Öffentlichkeit gibt es, entgegen allen Erwartungen, immer noch nicht. Die gelichteten Reihen füllen sich wieder. Westens Artikel erscheint nicht, weil die Verleger wegen möglicher teurer Rechtsstreitigkeiten kalte Füsse bekommen. Aitkens offizielle Stellungnahme gegenüber der amerikanischen Zen-Sangha verschwindet wieder in der Schublade. Baker und Maezumi äussern sich nicht zu dem Entwurf. Aitkens Artikel, der parallel zu Westens Text erscheinen sollte, bleibt ebenfalls unveröffentlicht.
Shimano schreibt eine offizielle Erklärung, in der er sich von allen Anschuldigungen rein wäscht. Ausserdem erklärt er sich am 19.10.1982 offiziell als unabhängig von jeglicher anderen Organisation. Mit diesem Schritt hat er die Zen Studies Society und ihre beiden Institutionen, das Shoboji in Manhattan und das Kloster Dai Bosatsu in den Catskills, konsequenter Weise von ihrer Mutterinstitution, dem Ryutakuji in Japan, losgesagt. Die ZSS und ihr Ansehen, ihre Tradition und ihre Werte stehen und fallen nun mit Eido Shimano allein.
Aber trotz dieser neuerlichen, allgemeinen Vertuschung, ist seit 1982 diese Geschichte, die Geschichte der Realitätsverleugnung des Zen in Amerika. Zu viel ist zu diesem Zeitpunkt bekannt, als dass man davon sprechen könne etwas zu wissen sei unmöglich gewesen. 1983 werden die Probleme von Baker und Maezumi publik. Eins und Eins zusammen zu zählen wäre ein Leichtes. Aber die vielen Probleme – ob mit Sex, Drogen oder Geld, oder allgemeiner gesagt, die mit Charakteren die der Hybris verfallen – werden vom Zen in Amerika und vom gesamtem Buddhismus bis heute nicht in adäquater Weise behandelt. Beobachtet man die Diskussionen, zuletzt die über den greisen Sasaki, sieht man ein geschlossene Gesellschaft, die keinerlei Hilfe von aussen in Betracht zieht. Ethikrichtlinien die in vielen sozialen Berufen dafür sorgen, dass Schutzbefohlene vor Übergriffen bewahrt bleiben – und dass die Schützenden sich völlig klar darüber sind, was angebracht ist und was nicht –, sind immer noch unbekannt. Buddhistische Priester und Institutionen führen sich immer noch auf, als lebten sie in einer gesellschaftliche Enklave, in der das edle Gesetzt des Dharma dafür sorgt, dass alles Geschehen, egal wie verwerflich in den Augen eines modernen säkularen Publikums, rechtens ist.
Dass es weitere 28 Jahre bis 2010 braucht, bis Shimano von seiner Vormachtstellung in der ZSS zurücktreten muss, ist dieser Realitätsverleugnung geschuldet. Diese Weigerung sich einer Realität zu stellen, die die Assimilation des Zen in Amerika zumindest in Teilen als kindliches Wunschdenken entlarvt, ist nun der Makel den viele Beteiligte immer verhindern wollten. Mit Aitken angefangen wollten sie immer nur verhindern, dass ein schlechtes Licht auf Zen fällt. Doch gerade durch diese Vogelstrauss-Strategie ist er unglaubwürdig geworden.
Die andere Geschichte die es also zu erzählen gibt, ist die derjenigen, die ihren gesunden Menschenverstand für ein Märchen verkaufen. Es ist die Geschichte derjenigen, die Integrität gegen ‚einfach nur Sitzen‘ eintauschen – gegen das Aussitzen.
Und ausgesessen wird weiter. Als es 1993 mal wieder zu einem Skandal kommt, passiert das Übliche. Eine hübsche Frau im Zendo die bereits verlobt ist. Ihr Zukünftiger praktiziert ebenfalls im Zendo. Eido verführt sie: Kensho, Dokusan und ab ins Bett. Die Frau bekommt Gewissensbisse ihrem Verlobten gegenüber. Shimano befiehlt ihr zu lügen, falls jener Verdacht schöpfen würde. Schließlich kommt die ganze Sache doch ans Licht und der ZSS-Apparat beginnt einmal mehr mit seiner Verdrängungsarbeit.
Diese Verdrängung, die auf einer tieferen Ebene auf das eigentliche Problem verweist, ist in diesem Fall zumindest in seiner Symptomatik, besonders gut dokumentiert.
Zwölf Frauen treffen sich ihm Dai Bosatsu zu einer Klausur um den neuerlichen Skandal zu besprechen. Diese Frauen sind intime Kennerinnen der ZSS. Unter ihnen sind Gattinnen von Verwaltungsräten und auch die heutige Äbtissin und Nachfolgerin von Shimano, Roko Sherry Chayat. Letztere kennt die ZSS seit 1974. Das Protokoll ihrer Gespräche ist ein eindrucksvolles Beleg darüber, dass sie durchaus in der Lage sind über ihren Rōshi Klartext zu reden. Sie beginnen mit einer Liste der ihnen bekannten Skandale.
1967, 1975, 1979, 1982, 1986, 1993
Dem wäre lediglich noch 1964 für Hawai hinzuzufügen und ein Faktor X für die Dunkelziffer.
Dann kommen sie zur Einschätzung ihres Meisters. Hier eine Auswahl:
Viele Frauen die mit Rōshi zu tun hatten, wurden von der Erfahrung traumatisiert – manche für Jahre. Roshi scheint von diesen Beziehungen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, die Frauen sind es.
Rōshi hat den Ruf, sie zu lieben und sie dann einfach fallen zu lassen.
Rōshis Annäherungsversuche an Frauen sind Anzeichen von emotionaler Unreife, Gedankenlosigkeit und Unsicherheit.
Rōshi hat eine triebhafte Sucht [compulsive addiction], die geheilt werden muss.
Rōshi wird sein Verhalten nicht ändern, um das Problem zu lösen. Er weigert sich Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen.
Rōshi hat den Ruf manipulativ und unseriös zu sein.
Frauen die in die ZSS kommen, sollten im Voraus vor Rōshi gewarnt werden.
Und was den Zen allgemein angeht ist den Frauen auch klar, was die Stunde geschlagen hat:
Zen in Amerika hat einen fürchterlichen Ruf wegen Skandalen über Sex, Drogen und Geld.
Wie man sieht, sehen die Frauen die Dinge durchaus realistisch. Das Treffen endet am 24.10.1993. Das Protokoll darüber ist vertraulich. Mit gleichem Datum schreiben die Frauen einen kurzen Bericht über ihr Treffen an Shimano, den Verwaltungsrat und die Sangha. Merkwürdigerweise ist er sehr allgemein gehalten und listet nur pauschal auf, was man diskutiert hat. Nur für Insider – d.h. für die, die vom laufenden Skandal wissen – ist überhaupt zu entziffern weshalb man sich traf. Man bekundet Liebe und Dankbarkeit für Eido Rōshi. Dann folgen sechs nichtssagende Punkte. Der Letzte geht mit einem einzigen dürren Satz auf das ein, was die Frauen so klar im Blick hatten:
Wir haben Fragen des Vertrauens und der Verantwortlichkeit besprochen.
Das ist alles was übrig bleibt – vom Blick auf die Dinge, wie sie wirklich sind.
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Bildnachweise: Tuschezeichnung To America aus Namu Dai Bosa; Senzaki, Nakagawa, Shimano; New York 1976. Dai Bosatsu 1975 ebd. Shimano 1976 aus The Violence of ‚Just Sitting‘; Laurence Shainberg; New York Times Magazine 10.10.1976. Nakagawa & Shimano, Baustelle Dai Bosatsu, Winter 1974/75 aus einer Broschüre zum 30. Geburtstag des Klosters. Vignette Hans im Glück aus Houshold Stories; Lucy und Walter Crane; London 1882. Nicht bezeichnet Illustrationen sind verlinkt.
Quellen: The Shimano Archive (english); einige ins Deutsche übersetzte Quellen des Shimanoarchivs.
Ausführlichere Quellen- und Materialhinweise hier.
Eine tolle Leistung! Ich bin auf den nächsten Teil gespannt. Vielen Dank.
Hallo Christopher. Mal sehen wie der nächste Teil aussehen wird. Ich weiss es noch nicht. Am ehesten wird es eine Erzählung der weiteren Geschehnisse, wie sie aus dem Archiv herauszulesen sind. Eine Geschichte des Rinzai in Nordamerika seit 1982 und sein Verhalten mit und gegenüber Shimano, selbst eine partielle, ist aber ein paar Nummern zu groß. Auf jeden Fall kommen noch ein, zwei kleiner Texte. Ich würde auch gerne mehr von den Leuten wissen, die sich heute noch im deutschsprachigen Bereich zu Shimano bekennen. Vielleicht haben sie ja akzeptable Gründe. Man scheint sich da aber eher wegzuducken. Werde wohl ein wenig nachhaken müssen.
Eindrückliche Aufklärungsarbeit.
Eigentlich reicht schon die Lektüre des Briefes von Dr. Stanard Smith an Robert Aitken (1964).
Ab den Ereignissen in Hawai wird dieser zweiunddreissigjährige Rinzai-Lehrer, der anscheinend schon von seinen Lehrern in Japan entweder falsch eingeschätzt, oder wider besseren Wissens, (oder absichtlich ?) zur „Missionstätigkeit“ nach Amerika ausgesandt worden ist, immer wieder von allen gedeckt, angefangen mit Robert Aitken.
Es wurde ganz klar konstatiert, dass dieser Zen-Lehrer seinen Sexualtrieb nicht kontrollieren konnte und auf zerstörerische Weise ausgelebt hat, – also ein Fall für den Arzt/Psychiater und für den Richter war. Er war unfähig, auf „normalem“ Weg auf einvernehmliche Art und Weise Sex zu bekommen.
Man könnte nun einwenden, ja er ist halt gerade in die Hippie-Zeit und der „make love not war“-Epoche in die USA gekommen und hat sich eben rücksichtslos bedient.
Ein Verhalten, das er sich, wäre er in Japan geblieben, niemals hätte erlauben können, und das wohl auch nicht möglich gewesen wäre in diesen streng hierarchisch ausgerichteten Rinzai-Klöstern.
Konnte sich dieser Zen-Lehrer sich so benehmen, als würde ausserhalb jeglicher „weltlicher“ Verantwortlichkeit stehen, weil er sich innerhalb der Rinzai-Hierarchie (in Japan) wähnte und von dort gedeckt wurde, einer religiösen Institution, die sich selbst direkt auf Buddha zurückführt und sich deshalb eigentlich auch ausserhalb der weltlichen Rechtssphäre sieht?
Es ist zu vermuten, dass er sich durch seine Erfahrungen mit Zen „gewisse Fähigkeiten und Einsichten“ erworben hat, die ihn in den Augen der meisten als unantastbar erscheinen liessen, obwohl sie gleichzeitig Zeuge einer manipulativen und ausbeuterischen Anwendung dieser „gewissen Fähigkeiten und Einsichten“ auf der Lehrer-Schülerin-Ebene wurden.
Und fünfzig Jahre lang ist nichts passiert, wird er gedeckt – und nicht angezeigt!
Das ist in der Tat sehr rätselhaft.
Ein Lehrstück der besonderen Art.
Zunächst möchte ich feststellen, dass ich gegen sexuelle Beziehungen von Zen-Lehrern zu ihren Schüler(inne)n bin. Die Gründe möchte ich jedoch benennen, da sie nicht selbstverständlich sind, wie wir etwa an Brad Warners Position erkennen, der einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen für in jedem Fall vertretbar zu halten scheint. Ich würde mich ihm anschließen, gäbe es nicht in der von Dir benannten Zenhierarchie, einem Meister-Schüler-Verhältnis, ein von vornherein bestehendes Gefälle, das bei anderen Beziehungen (etwa intergenerationellen) viel weniger offensichtlich oder nachweisbar sein kann. Außer im Tantrismus obliegt es dem Zenlehrer nicht, den körperlich-sexuellen Reifeprozess eines Menschen anzustoßen oder zu begleiten, sondern vielmehr, sich um dessen geistig-spirituelles Wohlergehen zu sorgen. Es ist allerdings denkbar, dass ein Lehrer von vornherein eine andere Tradition pflegt und das offen darlegt, denn diese Offenheit ist ein wesentliches Kriterium spiritueller Meisterschaft. Eido Shimano musste ja seine Beziehungen nicht verbergen, weil sie illegal waren, sondern weil er damit andere – etwa seine Ehefrau – verletzt hätte und seinem Ruf geschadet. In der Presse gilt ein solcher Widersinn von ethisch anspruchsvollem Amt/Anschein und Gebaren als Rechtfertigung für kritische Berichterstattung mit Namensnennung. Ein gewöhnlicher Mönch etwa wäre kaum so in die Schlagzeilen geraten.
Ein anderer Grund ist mir wichtig. Es gibt, besonders in dieser genannten Presse, gewisse Selbstläufer. Mit einem allgemeinen Werteverfall unserer Gesellschaft hat sich die Lust an der Demontage Einzelner (siehe unser ehemaliger Bundespräsident) in den Medien gesteigert. Der Fall Shimano ist auch dafür ein Beispiel. In Deinem Artikel wird etwa der Ausdruck „Nötigung“, ein strafrechtlich relevanter Begriff, auf Shimano bezogen – doch ist Dir bekannt, dass Shimano je deshalb verurteilt wurde? Deshalb: Man sollte es denen nicht zu leicht machen, die nur darauf warten …
Aitken hat zwar über Dekaden ein Archiv über seinen Intimfeind angelegt, aber an die Öffentlichkeit gelangte es wesentlich erst nach seinem Tod, frei gegeben wurde es zwei Jahre zuvor, als Aitken bereits demenzkrank war. Wir können davon ausgehen, dass Aitken selbst zu seinen eher lichten Lebzeiten nicht den entscheidenden Mut dazu aufbrachte, z.B. juristische Gegenangriffe fürchtete. Das sagt uns auch etwas über Aitken, zumal die Besessenheit, die hinter seinem Archiv steckt, einen weiteren Charakterzug offenbart – und zwar einen, der sich gut mit dem Demontagewillen der Boulevardpresse verträgt und schlecht mit der Zenübung des Loslassenkönnens.
Verantwortlich für das Timing der Offenbarungen ist vor allem jedoch Kobutsu Malone, seinerseits lange aktiv im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. Malone setzt sich vor allem für Strafgefangene und gegen die Todesstrafe ein und hat sich schon darüber beschwert, dass ein zum Zen bekehrter und von ihm ordinierter Mörder bei der Hinrichtung nicht seine Robe tragen durfte. Er sorgte für die Veröffentlichung des Shimano-Archivs infolge eines handfesten Streits mit Shimano.
Nach meinem Beobachten ist die Anzahl seelisch kranker Menschen in buddhistischen Übungsstätten höher als, sagen wir mal, in einem Hörsaal. Die Frauen, mit denen Shimano zunächst Sex hatte, waren wahrscheinlich nicht allein deshalb zusammengebrochen, weil er sie nicht über alle seine Lebensumstände aufgeklärt oder überrumpelt hatte, sondern weil ihre biografische Vorgeschichte dazu führte.
Wundern darf man sich über Aitkens anfängliche Naivität, denn weder ist es überraschend, dass ranghöhere Zenmönche aus Japan – zumal aus Eidos Generation – einen gehobenen Lebensstatus, noch dass sie bevorzugt eine traditionelle Ehe (mit einer Japanerin) anstreben. Verbreitet ist ebenso, einen einstmals ganz ordentlich als Dharma-Erben Eingesetzten wegen späterer Konflikte zu ignorieren oder aus den Büchern zu streichen (so verschweigen z.B. die meisten Lehrer aus dem Umfeld Taisen Deshimarus, dass dieser einen rechtmäßigen Dharma-Erben einsetzte – bloß weil dieser Japaner sich später nicht mehr ums Zazen scherte).
In einem großen Teil des Shimano-Archivs (und Deinem Artikel) wird also über nichts anderes berichtet als die in den Augen einer Mehrheit wohl unmoralischen, aber (wahrscheinlich) legalen und verbreiteten Gelüste eines Mannes. Wäre dieser Mann ein Yogalehrer an einem amerikanischen Community College gewesen, hätte er den Weg in die New York Times nicht geschafft, selbst wenn ein Typ vom Schlage Aitkens stalkerhafte Züge angenommen hätte und von ihm besessen gewesen wäre. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass in der japanischen Zentradition eben nicht – wie etwa regelmäßig bei vietnamesischen Zengemeinden im Westen – sexuelle Askese zur Imagepflege vorgeschoben werden muss, diese entsteht eher aus der Erwartungshaltung der in diesem Falle durchschnittlich prüden Amerikaner oder der japanischen Gesellschaft (Ikkyu, ebenfalls ein Rinzaimönch, ist das klassische Beispiel für die im Zen vertretbare sexuelle Freizügigkeit). Kennt man die Zenliteratur über Jahrhunderte, so lässt sich erst über die Verdrehungen der Tradition im Westen eine zunehmend sexualkonservative Auslegung des Dharma belegen, die dann die (im Theravada) wörtlich nur auf den Ehebruch bezogene Regel z.B. auch auf Promiskuität auszudehnen sucht.
Insofern wurden die Schüler Shimanos zunächst Opfer ihrer eigenen Illusionen, was in dem Satz „Jede dachte, sie sei die Einzige“ hervorragend dokumentiert ist und zugleich einen typischen Makel im weiblichen Denken offenbart (einer Frau zu sagen, sie sei einzigartig, ist noch heute kulturübergreifend einer der besten Türöffner für jeden Verführer). Und was Soen Nakagawa nach seinem Unfall mit Kopfverletzung 1967 so tat, das dürfen wir insgesamt hinterfragen, da er selbst meinte, er sei danach nicht mehr derselbe gewesen. Insofern macht der Satz „Hätte es in Eido Shimano eine Synthese dieser beiden Pole [Fehlbarkeit und Erleuchtung] gegeben, wäre Soen Nakagawa zur Einweihung seines Klosters erschienen“ keinen Sinn. Soen Nakagawa hatte zu dieser Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach einen leichten Dachschaden. Und Zen ist nicht der Dialektik Schopenhauers gleich, in der synthetisiert wird, sondern behauptet klassischerweise: Erleuchtung und Fehlbarkeit SIND eins. Wer die Angelegenheiten Shimanos so betrachtet, mag durchaus Empathie mit seiner Frau und den Getäuschten empfinden, aber er wird sich nicht mit der Feststellung eines wertenden Widerspruchs begnügen. Dann nämlich begibt man sich gedanklich in die gleiche Illusionshaftigkeit der Getäuschten, indem man meint, ein „Meister“ des Zen könne oder dürfe bestimmte Dinge nicht tun. Das ist die eigentliche Falle. Die Frage, die sich der Einzelne stellen sollte, ist, ob er diesen Meister braucht und wofür.
Den Satz „Es geht euch nichts an“ hat auch der Meteorologe Kachelmann nach seinem Skandalprozess oft Journalisten gesagt. Und er hat im Grunde recht. Mit Shimano hat er das Belügen seiner Gespielinnen gemein. Ein Zenlehrer sollte natürlich um die Bedeutung seines Amtes wissen und kommen sehen, dass es zumindest die Öffentlichkeit seiner Sangha angeht, was er mit den ihren treibt. Um diese Öffentlichkeit zu erweitern, könnte man strafrechtlich den gleichen Maßstab an spirituelle Lehrer anlegen wie an Therapeuten, denen der Sex mit ihrer Klientel bereits untersagt ist. Das ist hierzulande im Moment offenbar nicht der Fall, es bedarf dann zumindest Schüler(inne)n, die glaubhaft machen können, dass sie nicht selbst den Sex gewollt haben. Davon ist offenbar im Fall Shimanos nichts aktenkundig (weshalb mir auch Kommentare wie der von G.K. zu weit gehen). Sieben außereheliche Affären, hier: „Skandale“, in 30 Jahren sind bei einem, der möglicherweise nicht auf die Dienste von Prostituierten zurückgriff, sich jedoch Geld und Status verschafft hatte, in meinen Augen nichts Außergewöhnliches. Und der Rat, einen Verlobten über eine Affäre zu belügen, könnte sogar von einem Paartherapeuten kommen – ich hörte mal einen im TV sagen, der Partner müsse nicht alles wissen, zu viel Offenheit könne der Beziehung schaden.
Auch wenn ich Dir in mancher Kritik zustimmen kann („Aussitzen“, Wegschauen, Abducken), den gesamten Tenor des Shimano-Bashings kann ich nicht teilen. Wer sich fragt, ob Eido als Zenlehrer etwas zu sagen hatte, der kann sich antiquarisch „Der Weg der wolkenlosen Klarheit“ (1982) mit seinen Unterweisungen besorgen. Ich komme wegen Umzug im Moment nicht an das Buch heran, kann mir aber vorstellen, dass mir im Gegensatz zu seinem alten deutschen Verlag ein Reprint möglich wäre. Auch dem von Dir zitierten Jeff Shore ist diese Lektüre zu empfehlen. Oder eher die von „Golden Wind“ oder „Points of Departure“ (1992). Wenn er glaubt, dass solche Lehrreden ohne „authentische“ Zenpraxis möglich sind, welche Bücher könnte dann er erst schreiben?
2008 hat Shimano einer Frau, Sherry Chayat, die er einst auch traute, zu einer seiner Dharma-Erben gemacht. Ihre Sicht findet sich hier: http://sweepingzen.com/shinge-roko-sherry-chayat-interview/
Wenn man runterscrollt zu „Hoitsu Suzuki“, dem Sohn von Shunryu Suzuki, der von diesem sagt, er sei ein großer Lehrer, aber kein guter Vater gewesen, dann liest man Sherrys These, die besten Zenlehrer seien überlebensgroß, könnten sich aber nicht unseren sozialen Normen anpassen. Die Frage, die sich diese Lehrer stellen sollten, sei einfach: Wie kann ich es vermeiden, anderen Leid zu bringen?
(Guido Keller)
@ dooyen
Es war zu erwarten, dass Du auf Grund Deiner „Zen-Affinität“ diesen Zenlehrer in Schutz nehmen würdest und, wenn es sich anders nicht vermeiden lässt, ihn wenigstens als „Don Juan oder Casanova des amerikanischen Zen“ durchgehen lassen möchtest … :)
Zitat:
„Ein anderer Grund ist mir wichtig. Es gibt, besonders in dieser genannten Presse, gewisse Selbstläufer. Mit einem allgemeinen Werteverfall unserer Gesellschaft ….“
Aus dem Archiv geht unter anderem auch hervor, wie „ängstlich“ sich die Presse in Bezug auf diesen Fall lange Zeit verhalten hat und sich nicht getraut hat, die Dinge schonungslos auf den Tisch zu legen.
Deine Argumentation in diesem Punkt nun kommt mir ein bisschen vor, wie das Eindreschen auf den „Überbringer der schlechten Nachricht“.
Das war in feudalen und vor-säkularen Zeiten üblich, aber zum Glück nicht mehr heute.
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die „Karriere“ dieses Lehrers im Westen bereits in Hawai zu Ende gegangen wäre, wenn die beiden Fälle dort via Presse an die Öffentlichkeit gelangt wären.
(Schon klar, das letzte sind „hätte – wäre – wenn“-Gedanken.)
Zitat:
„Nach meinem Beobachten ist die Anzahl seelisch kranker Menschen in buddhistischen Übungsstätten höher als, sagen wir mal, in einem Hörsaal. Die Frauen, …. sondern weil ihre biografische Vorgeschichte dazu führte.“
Dieser Argumentation kann ich ebenfalls überhaupt nicht folgen. Das heisst etwa: Die sind selber schuld, wenn sie sich in ihrer körperlich-seelische-geistigen, kranken Verfassung in ein Zen-Dojo gewagt haben, da geht es zur Sache, da läuft der Lehrer mit einem „harten Knüppel“ hinter einem her ….
Wieso fällt es Dir so schwer, einfach von Missbrauch von „Schutzbefohlenen“ zu sprechen? *
(… Zuflucht nehmen zum Buddha, zum Dharma, zu Sangha …)
Ich gehe davon aus, dass Dir etwas von den „Zuständen“ bekannt ist, in welche die Sitzenden je nach „Veranlagung“ schon in den ersten Stunden geraten können, geschweige denn von den während mehrerer Tage dauernden Sesshins sich ereignenden „Dammbrüchen“.
Und das passiert so ziemlich jedem, auch denen, die sich im übrigen gesund wähnen, sicher unterschiedlich schnell, und unterschiedlich stark. Nenn es Aufgerissenheit, nenn es Abgehobensein. Etc. Zustände eben.
Ich wünsche einfach jedem Menschen, ob Mann oder Frau, dass er/sie in solchen wahrlich existenziellen und zugespitzten Lebenssituationen einen anleitenden Menschen zur Seite hat, der selber KLAR im Geist und Herzen ist.
Da kannst Du nun noch zum x-ten Male mit dem verrückten Ikkyu und andern „freigeistigen“ Zen-Meistern kommen. Das war einmal.
Wenn ich Dich recht verstehe, plädierst Du im Grunde für ein „Sonderrecht“, für Privilegien, die doch bitte auch heute noch den ehrwürdigen Meistern zugestanden werden sollten – weil sie einfach mehr sind als die einfachen Menschen, die sich noch heute wundern über die Fussstapfen, die ein Mensch in Nordindien vor zweieinhalbtausend Jahren hinterlassen haben soll.
Und man solle sich doch nicht zu sehr darüber aufhalten, wenn einer dieser „Meister“, im Versuch, diese Fussstapfen auszufüllen, ins Stolpern gerate.
Zitat:
„ … dann liest man Sherrys These, die besten Zenlehrer seien überlebensgroß, könnten sich aber nicht unseren sozialen Normen anpassen. Die Frage, die sich diese Lehrer stellen sollten, sei einfach: Wie kann ich es vermeiden, anderen Leid zu bringen?
Welch grossartige Einsicht!
Dieser Lehrer im Westen, das war ein kolossales Missverständnis, auf beiden Seiten.
(* Psychoanalytisch gesehen würde man von einer gescheiterten, aus dem Ruder gelaufenen Gegenübertragung sprechen – aber eben, in den Augen mancher ist ein spiritueller Lehrer nicht an das Gebot der Abstinenz gegenüber seinen Schüler/innen gebunden …)
Hallo G.K.
Ich würde den Brief von Dr. Stanard Smith isoliert nicht überbewerten, im Zusammenhang mit dem restlichen Archiv bekommt er aber ein besonderes Gewicht. Oder auch schon im Zeitraum den die Dokumente bis etwa Ende 1965 abdecken. Mit diesen Dokumenten wird eine erste Charakterzeichnung Shimanos möglich: Shimano ist nicht der ehrliche und verlässliche Kerl, den man gerne hätte, wenn es darum geht existentiell wichtige Dinge zu bewältigen. Man müsste allerdings immer noch den Vorbehalt einschieben, dass er sich vielleicht gebessert hat. Diese Frage kann man aber, wenn man das gesamte Archiv anschaut, verneinen.
Nicht jeder muss allerdings dazu alles lesen, es reicht das kürzlich erschienene The Zen Predator of the Upper East Side von Mark Oppenheimer. Dort wird klar, dass Shimano tatsächlich (immer noch) ein Charakter ist, mit dem man als intelligenter Mensch nichts zu tun haben möchte. Eine Kritik etwa wird von Shimano als nicht relevant bewertet, weil sie von einem Schwulen kommt. Einem Kritiker wird kurzerhand ein Aufenthalt in der Psychiatrie unterstellt, um ihm die Relevanz zu nehmen. Oder die Frau mit der Shimano bis 2010 ein zweijährige Beziehung hatte, wird mit dem Argument abgewertet sie sei von Beruf Schauspielerin.
Die Passagen aus denen das hervor geht zeigen meiner Ansicht nach, dass Shimano schlicht und ergreifend nicht besonders helle ist. Er äussert sich in der bezeichneten Art im Beisein seines Anwaltes, einer Assistentin Oppenheimers und des Autors selbst. Das muss man sich mal vorstellen: Shimano macht vor einem jungen Journalisten in New York im Jahre 2013 homophobe Äusserungen! Im Beisein von Zeugen. So dämlich muss man erstmal sein.
Der zeitgeschichtliche Kontext (make love not war) und jeweilige kulturelle Gegebenheiten spielen im Fall Shimano sicher auch eine Rolle. Genauso wie die jeweiligen Partnerinnen und die Sangha. Überhaupt denken wir ja heute psychologisch eher in Systemen. Und es geht dabei um die Frage warum ein System so funktioniert, wie es funktioniert und was es tatsächlich tut. Darüber kann man noch viel sagen. Das Vertuschungsverhalten der Sangha hat z.B. durchaus Ähnlichkeiten mit der Co-Abhängigkeit von Partnern, Verwandten, Freunden etc. von Suchtkranken.
Das bringt mich zu Dooyens Kommentar. Ich muss mich für diesen bemerkenswerten Beitrag bedanken. Ich werde jetzt aber nur ganz kurz darauf eingehen. An anderer Stelle mehr.
Lieber Dooyen, der Schwerpunkt meiner Betrachtung liegt ganz eindeutig nicht auf den sexuellen Handlungen. Das ist dir offensichtlich völlig entgangen. Sie sind ’nur‘ der Anlass. Es könnte auch Betrug sein oder Drogensucht. Es geht hier um den Charakter eines Menschen. Und es geht um eine Gemeinschaft die nicht in der Lage ist, diesen Charakter als das zu sehen was er ist. Ein Lügner.
Die Gemeinschaft um die es hier geht, besteht zu einem grossen Teil aus dem Zen (und den Buddhismus) im Westen. Die Charakteristika um die es hier geht, können wir sehr häufig beobachten – dein Kommentar ist ein schlagender Beleg.
An dieser Stelle aber nur noch so viel: Jede erwähnte Sache in meinem Text kann ich auf eine Stelle im Shimano-Archiv zurückführen und entsprechend belegen. Ich erwarte in dieser Diskussion von anderen das Gleiche. Über die Einschätzung von Aussagen kann man streiten, nicht aber darüber das Menschen bestimmte Aussagen machten
Du behauptest Aitken sei „demenzkrank“ gewesen, Aitken sei „besessen“ gewesen, er sei „naiv“ gewesen. Ich bitte um Belege.
Genauso wie zu anderen Aussagen über „einen großen Teil des Shimano-Archivs“.
Zum Schluss noch einmal ganz prägnant um was es geht: Der Fall Shimano ist ein Exempel für das Versagen des Buddhismus im Westen.
Nun wendet man ein, ja aber seht doch mal was der Mann tolles „authentisches“ geschrieben hat. Der Weg der Wolkenlosen Klarheit zum Beispiel. Da frage ich dann gegen, bitte schön, wenn der Mann ein so gescheiter Lehrmeister ist, dann zeige man mir im Shimano-Archiv auch nur einen einzigen Fall, in dem diese wolkenlose Klarheit dazu beigetragen hätte, denjenigen zu helfen, die in diese Schlamassel verwickelt waren.
P.S. Dooyen. Ich bitte um Relevanz. Um anderer Leser Willen. Kachelmann interessiert nicht.
G.K.: In deinem Beitrag sehe ich diverse Missverständnisse. Zum einen bzgl. der Presse. Sie berichtet, insofern sie seriös ist, nicht nach Gerüchtelage, sondern – je nach Bekanntheitsgrad der Betroffenen und allgemeinem Interesse – wenn die Staatsanwaltschaft ermitteln lässt. Das war hier offenbar nicht der Fall. Insofern muss man den Vorwurf tatsächlich an die Betroffenen zurückgeben. Gutes aktuelles Beispiel ist der Abt aus der vietn. Pagode in Frankfurt, da reichen sogar eidesstattliche Versicherungen von Betroffenen nicht aus. Das führt uns zu Punkt 2, es liegt nämlich kein „Missbrauch von Schutzbefohlenen“ vor, denn der ist juristisch anders definiert, wie Du googeln kannst. Darum rede ich auch nicht davon, weil ich nicht Begriffe verwirren will. Die Betroffenen können jedoch ggf. auch in den USA wegen Nötigung bzw. sexual assault klagen. Statt sich auf ein Offizialdelikt zu berufen, dass ggf. nicht vorliegt, gilt es also, selbst als Betroffene(r) tätig zu werden.
„Er war unfähig, auf „normalem“ Weg auf einvernehmliche Art und Weise Sex zu bekommen.“ Aha, hast du mit seiner Frau gesprochen? Genau diese Unterstellungen verraten doch mehr über dich als über Shimano, selbst wenn das normal in Gänsefüßchen steht.
Der von Matthias genannte Mark Oppenheimer hat nicht nur das Buch, sondern auch den NY Times-Artikel über Eido Shimano geschrieben. Das war 2010. Shimano gibt immer noch Sesshin und verdient sein Geld damit. Man darf die Macht der Presse auch nicht überbewerten.
G.K.: „Und das passiert so ziemlich jedem, auch denen, die sich im übrigen gesund wähnen, sicher unterschiedlich schnell, und unterschiedlich stark.“ Nein, das ist ein Gerücht, das besonders durch das Buch von Kapleau (Drei Pfeiler des Zen), einem ebenfalls im Alter Verwirrten, der dann bevorzugt über die Wiedergeburt spekulierte, genährt wurde. Diese „Zustände“, wie du sie nennst, geschehen in der Regel bipolaren Menschen, also denen, die nicht ins Dojo, sondern in fachmedizinische Behandlung gehören, oder Träumern, die sich schon vorher denken, was passieren muss. Wishful thinking.
Matthias: „Zum Schluss noch einmal ganz prägnant um was es geht: Der Fall Shimano ist ein Exempel für das Versagen des Buddhismus im Westen.“
Nein, ist er nicht. Er ist ein Exempel für das Versagen der Beteiligten. Ausserdem ist Shimano kein Beispiel für Buddhismus im Westen, sondern eines für den traditionell in Japan Ausgebildeten, den man nur gen Westen schickte. Bei Janwillem van de Wetering, der ebenfall in einem Rinzai-Kloster lernte (und später erfolgreich Krimis schrieb), kann man schon nachlesen, dass am freien Montag die Schüler mit dem Geld ihrer Eltern ins Bordell gingen. Auch im tibetischen Buddhismus gab es legitimierten Sex von Mönchen und Priestern, und ich kenne einige deutsche Frauen, die mir offen sagten, dass sie sich darum zu tibetischen Mönchen hingezogen fühlen. Die erste deutsche Nonne überhaupt, mit der ich je sprach, weil ich mich für ihr ehemaliges Leben im jap. Zentempel interessierte, sagte, es sei in ihrem Tempel üblich gewesen, dass sich die Mönche die anwesenden Frauen einfach nahmen. Das war Mitte der 80er. Das Verhalten von Shimano „im Westen“ entspricht also dem Verhalten vieler Zenlehrer im Osten, und außer Shimano haben sich auch etliche andere in den Westen Entsandte ähnlich verhalten, Maezumi und Sasaki zum Beispiel.
Man kann natürlich auch einfach sagen, das Verhalten entspricht dem von Männern, die eine Macht- und Statusposition haben, eben genau WEIL sie so leichter an Frauen herankommen (was diese wie gesagt oft mitzuverantworten haben). Oder ihre Position bringt sie irgendwann drauf. Dieses Phänomen beschränkt sich ja nicht auf den institutionellen Buddhismus.
Die Belege für Aitkens Demenz waren auf aitkenroshi.org, dort konntest du vor ein paar Jahren einen Spendenaufruf finden, weil seine Sangha 10.000 USD monatlich für die Pflege brauchte. Wenn du heute auf wiki schaust, kein Wort von seinem schleichenden Siechtum, als wäre er bloß an einer Lungenentzündung gestorben. Aber es waren ja Leute die letzten Jahre dabei, die man anschreiben kann. Ich habe mich damals über dieses unverschämte Budget für einen alten Zenlehrer in meinem Blog lustig gemacht.
Ist Eido Shimano dumm oder ist er einfach frei genug, einem schwulen Journalisten gegenüber so daherzureden? Fändest du es besser, er würde sich verstellen? Nach meiner Erfahrung ist es kein Kennzeichen von Freiheit, keine Abneigungen mehr zu haben (das glauben allerdings die buchstabengläubigen Theravadin), sondern zu seinen Abneigungen frank und frei zu stehen, ohne von ihnen bestimmt zu werden. Alles andere ist Heuchelei.
„Es geht hier um den Charakter eines Menschen. Und es geht um eine Gemeinschaft die nicht in der Lage ist, diesen Charakter als das zu sehen was er ist. Ein Lügner.“
Soso. Die Wissenschaft hat allerdings herausgefunden, dass wir alle ständig lügen. Das ist also nun wirklich nichts Besonderes. Und dass ich erkannt habe, dass es dir auch darum geht, hast du ja gelesen, als ich sagte, dass beim Fremdgehen selbst einige Psychologen dazu raten, nicht alles dem Partner offenzulegen.
„dann zeige man mir im Shimano-Archiv auch nur einen einzigen Fall, in dem diese wolkenlose Klarheit dazu beigetragen hätte, denjenigen zu helfen, die in diese Schlamassel verwickelt waren.“
Mir hat er geholfen, mindestens einem seiner Schüler, den ich kenne, ebenfalls. Aber ich schreibe nicht im Shimano-Archiv und mache auch nicht den Fehler, mich Lehrern auszuliefern.
Dass du Kachelmann nicht für relevant hältst, ist befremdlich. Es ist dieser Typus Mann, sexbesessen UND verlogen, um den es hier geht. Die Verlogenheit Shimanos bezieht sich in erster Linie auf seine sexuellen Ausschweifungen, darum hängt das zusammen. Das ist keinesfalls egal, denn Drogensucht (etwa der Alkoholismus Deshimarus) löst solche Skandale ebenso wenig aus wie Betrug (wofür Sasaki Roshi in Japan ja schon im Knast saß). Nein, ohne Sex kein solcher Skandal. Es geht dabei immer auch um die Verdrängungen der Skandalmacher, um ihre eigenen Entbehrungen.
Ich empfehle ergänzend einen Blick auf Shimanos Auftritte im letzten Jahr.
1) http://vimeo.com/67518043 Hier besonders min. 3:28 f., 4:36 f. und 7:22 bis 7:45, wenn man nicht die Geduld für das ganze Video hat. Dies ist die Art, wie Shimano lehrt und mit den Vorwürfen umgeht. Es ist deshalb auch bedauerlich, dass Christopher Hamacher ihn mit Dr. Zernickow in einen Hut geworfen hat. Zwischen den beiden liegen Welten, abgesehen davon, dass es einen Unterschied macht, wenn einer auch noch Arzt und sogar Gynäkologe ist und Therapiesitzungen für seine Schülerinnen anbietet. Der bedeutendere Fall ist der vietn. Abt aus Frankfurt, weil er nur halb so alt ist, sich die Abstinenz auf seine Tempelfahnen geschrieben hat, junge Männer in einem teils noch labilen Alter begehrt(e), keinen tieferen Zen-Background hat, aber gleichzeitig einer großen Diaspora-Gemeinde, nämlich vietnamesischen Buddhisten, vor die Nase gesetzt wird.
2) http://vimeo.com/68649445 Hier besonders 54:35 f., 58:40 f., wo man Shimano über seinen Lehrer reden hört, also den, der ihn als „Lügner“ bezeichnet haben soll, und 1:06:36.
Dooyen.
Was ist Relevanz? „Fakten, Fakten, Fakten und dabei an die Leser denken.“ Es gibt viele andere Leser, die sich für deine Anekdoten nicht interessieren.
Es ist bemerkenswert, dass du beim Thema Sex bleibst, obwohl es primär garnicht darum geht. Ich wiederhole nochmals meine These.
Man kann es tatsächlich auf den einfachen Begriff der Integrität bringen der in unserer Kultur wohlbekannt ist. Eido Shimano ist keine integere Persönlichkeit wenn er z.B. jemanden und dessen Argument auf Grund seiner sexuellen Orientierung abwertet. Das ist blödestes ad himonem. Über sowas soll man noch diskutieren? Mein Gott, was ist das für ein Niveau…
Überhaupt Niveau. Du konterst die Kennzeichnung Shimanos als Lügner mit der Aussage: „Soso. Die Wissenschaft hat allerdings herausgefunden, dass wir alle ständig lügen.“ Was soll man dazu noch sagen?
Ja Niveau. Du beschäftigst dich nicht mit Aitkens Tätigkeiten sondern versuchst seinen Charakter abzuwerten. „Besessenheit“ attestierst du ihm, „Demenz“, „Demontagewillen“ wie in der Boulvardpresse. Auf Belege angesprochen, verweist du auf irgend etwas, was vor Jahren mal im Internet gestanden haben soll. Das ist nicht ernst zu nehmen.
Ich wiederhole nochmals meine Bitte hier Material zu liefern. Und nochmals: Man weise Material aus dem Shimanoarchiv vor, welches zeigt, wie Menschen von Shimanos Rinzai profitiert haben, um Krisen, wie sie von ihm provoziert wurden, besser zu verstehen und zu bewältigen.
Eine weitere These:
Eine Bitte noch: Übersetze die deiner Ansicht nach relevanten Teile der Shimanovideos die du oben verlinkt hast für deutschsprachige Leser. Danke.
Ich übersetze die Videos nicht. Aber vielleicht publiziere ich mal ein Buch von Shimano. Ich halte die Leser hier für intelligent genug, Englisch zu verstehen und etwa die Demenz Aitkens herauszugoogeln oder per email zu erfragen, so seine Sangha diese im Netz nun verschleiern will (2010 gab es in meinem Assoblog dazu einen Beitrag). Das macht man z.B. so: Eingabe bei Google.de „Robert Aitken sick“, und schon findet man: http://thebuddhistblog.blogspot.de/2009/05/dana-for-robert-aitken-roshi.html und die Worte Hirnschlag (stroke), Parkinson, erheblicher Pflegebedarf usf. (alles von 2009 mit Hinweis auf die zurückliegenden gesundheitlichen Probleme). Auch die Biografie von Soen Nakagawa und seinen Unfall 1967, bei dem er 3 Tage verletzt oder gar bewusstlos im Zenwald lag, kann man recherchieren, ohne dass ich Linksammlungen erstelle, etwa bei Wiki.
Ich habe mich mit Aitken beschäftigt. Er hat ein konservatives Buch über die buddhistische Ethik verfasst. Mag sein, dass er in seinem Leben nie fremdging und andere Frauen belog, aber das geht mich nicht besonders an. Jedenfalls hatte er in meinen Augen nicht die Zenkompetenz von Shimano. Zumindest wird er aber auch, um es mit deinen Worten zu sagen, autoritätsgläubige Menschen unter sich gehabt haben. Du willst hier also unter dem Deckmantel der Autoritätsgläubigkeit die Bessessenheit des einen (autoritären) Zenlehrers (das Archiv) gegen die des anderen (Promiskuität) ausspielen. Das kann mich nicht überzeugen.
In den Videos spricht Shimano z.B. über unsere gegenläufigen Interessen (Minderwertigkeitskomplex und Stolz), auch in Bezug auf Soen, seinen Lehrer. Er sagt, er sei stets Gastgeber gewesen, nun aber sei er der Gast (eine Anspielung auf seinen Rausschmiss aus der anderen Sangha), er spricht davon, dass Gedanken Materie schaffen (wobei er einen in Geldnot Geratenen Künstler zitiert, der nach dieser Erkenntnis durch das Ändern seines Denkens offenbar seine materiellen Probleme überwand). All dies sind geradezu klassische Zenlehren. Ein weiterer wichtiger Satz: Es ist unser Körper, der sich ans Wesentliche erinnert (aha!), „not the memorandum“, also das, was wir uns dazu einbilden. Es gibt eine körperliche Wahrheit. Ich bin mir sicher, dass Shimano sensibel genug ist, zu wissen, dass ihm Trottel, die nichts von Zen verstehen, gerade jetzt diese Worte anlasten möchten. Ich bin also sicher, dass er sie ganz bewusst zu dieser Zeit sagte und dass sie auch an einige jener Frauen gerichtet waren.
Beweise hingegen für den Umgang von Sotetsu alias Zernickow mit seinen Kritikern finden sich auch im Netz, im Blog Buddhistische Sekten. Der versucht es z.B. über andere durch leere Drohungen per email. Shimano macht das so: http://playfulmoon.com/EidoRoshi/LtrtoSangha070413b.pdf Auf Deutsch: „Ich lasse mich nicht auf diese Verdrehungen und Lügen bzgl. meiner Person ein.“ Stattdessen: Es ist Shimano, der die Sangha verklagt hat, nicht umgekehrt, denn sie schuldet ihm offenbar eine Rente (im Moment wird ein Schlichter gesucht).
Und ja, es gibt teure Veranstaltungen mit ihm, aber Shimanos Eintagessesshin gibt es schon ab 5 Dollar, siehe hier: http://playfulmoon.com/EidoRoshi/eventarchive.html
Du kannst noch so oft sagen, dass es um etwas anderes geht, ich glaube dir nicht. Die Gegenfrage lautet: Nenne mir einen Zenskandal von Bedeutung, der nichts mit Sex zu tun hatte.
„Was soll man dazu noch sagen?“ Ganz einfach. Jeder, der hier mitliest und selbst mehrere Frauengeschichten nebeneinander hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Frauen anlügen. Was soll dieses mit dem Finger auf andere zeigen? Ich kenne hier in Deutschland einige Leute, die sich gern als Zenkenner darstellen und auf die Gelübde verweisen, ohne zu kapieren, dass man diese überwunden haben muss, um als „Meister“ zu gelten. Nur ein buddhistischer Anfänger oder Volltrottel kann annehmen, dass sich ein Zenlehrer nach dem Buchstaben richtet. Wenn die Leute aus dem Archiv was gelernt haben, dann hoffentlich das. Man geht zu einem Zenlehrer, um was von Zen zu lernen, und nicht, um Sex zu haben. Wird man bedrängt, geht man weg. Will man dennoch Sex, darf man sich hinterher nicht derart beschweren. Kann man nicht weggehen, muss man sich an die eigene Nase fassen (wobei man natürlich den Bedränger outen darf). Aus den Archiven geht auch hervor, dass Lehrerinnen wie Shayat, die von Eido authorisiert wurden, offenbar ein ganz rechtes Leben führen. Da hast du das erste Beispiel für die, die durch Eido verwirrt wurden (Standardcharakteristikum der Rinzai-Ausbildung, siehe Koan) und was daraus gemacht haben.
„Eido Shimano ist keine integere Persönlichkeit wenn er z.B. jemanden und dessen Argument auf Grund seiner sexuellen Orientierung abwertet.“ Mark Oppenheimer ist kein integrer Journalist, wenn er einen Zenlehrer wegen dessen Sexbessessenheit einseitig darstellt. Der folgende Beitrag ist gut geschrieben, aber er missachtet Shimanos Kraft als Zenlehrer: http://www.theatlantic.com/national/archive/2013/11/from-zen-buddhism-to-preying-on-vulnerable-women/281475/
Hier spricht sogar Oppenheimer von einer Besessenheit (obsessive grudge), in diesem Fall von Kobutsu Malone gg. Shimano. Grund meines Erachtens: Malones Exfrau hatte zur Zeit der Ehe mit ihm und davor Sex mit Shimano. Offenbar hat sich Malone aufgerieben: Kettenraucher, fünf Herzinfarkte, zwei Gehirnschläge, dreifacher Bypass (behauptet er), aber auf dem Tisch noch immer die Akte Shimano, und das alles wohl nur, weil Malone auf seinem Zenweg nicht gelernt hat zu teilen (nun gut, ob Shimano das mit seiner Frau könnte, weiß ich nicht). Ob er wohl seiner Ex-Frau die gleichen Vorwürfe der Heuchelei macht wie Shimano? Malone, der offenbar Wert auf sein Macho-Image legt, gibt natürlich einen anderen Grund an, nämlich den, dass Shimano ihn in einer Anfrage bzgl. seiner Person praktisch verleugnete oder kleinmachte. Malone hat dieses Egoproblem, wie man auf seinen eigenen Websites erkennt (ich zitierte schon den Fall des Mörders, der nicht in einer Robe sterben durfte).
Im gleichen Artikel diese dumme Aussage Aitkens: „“The whole thing hinges on the matter of mental health. If the girls had come to their priest in search of sex, and had found sex, then surely there would have been no mental breakdown afterward.“ Wer glaubt, dass Frauen, die Priester für Sex aufsuchen, danach keinen Nervenzusammenbruch erleiden können, befrage die psychologische Fachliteratur. Es gibt zig Beispiele, wo im Nachhinein Frauen einen einst einvernehmlichen Sex zu einer Belastung erklärten. Ausserdem gilt die Aussage gar nicht für Frauen, die keine mental health von vornherein haben, also nicht ganz klar im Kopf sind.
Die Ironie der Geschichte ist, dass weder die langjährige Sangha von Aitken noch die von Shimano allein in der Lage sein woll(t)en, ihre alten Meister durchzufüttern. Es geht also nicht nur um Sex, sondern auch um Geld. Wie immer.
Dooyen
Dass ich z.B. nach Belegen für eine Behauptungen über Aitken frage, hat nichts damit zu tun Aitken gegen Shimano auszuspielen. Es geht mir, wie gesagt, um Fakten die Behauptungen belegen. Diese Fakten verweigerst du weiterhin.
Was besagt z.B. der Link zu Aitkens Erkrankung und dem Hilfeersuchen um den Greis pflegen zu können? Dass er mit „Bessesenheit“ und der Inbrunst eines Boulevardjournalisten Shimano ein Leben lang verfolgt hat? Wohl kaum.
Was sagt Shimano im Video tatsächlich? Man mache den Test, transkribiere alles und gebe es allen möglichen Lesern ohne den Namen Shimano zu nennen und sehe, was die darin finden. Will sagen, du siehst in dem Text etwas, weil du an Zen glaubst – an das Wahre Dharmaauge des Meisters. Das was der Meister sagt, ist nämlich nichts, wenn man das ganze transzendentale Brimborium weg lässt.
Oder Kobutusu Malone. Ich kenne seine Geschichten. Ja und? Dass seine Frau mit Shimano gevögelt hat, vor und nach seiner Heirat mit ihr, was ändert das an dem was wir aus dem Shimanoarchiv lernen? An dem zum Beispiel was wir dort über Roko Sherry Chayat erfahren, Shimanos Nachfolgerin als Äbtissin der ZSS? Dass sie nämlich Shimano nicht einfach simpel der Sexbesessenheit bezichtig, wie du, sondern der „emotionalen Unreife“, der „triebhaften Sucht“, der Unfähigkeit Verantwortung zu übernehme, der „Unsicherheit“, dessen, „manipulativ und unseriös“ zu sein, und dass sie schließlich mitunterschreibt, dass Frauen die in die ZSS kommen „im voraus vor dem Roshi gewarnt werden müssen“ (siehe letzten Abschnitt im Text). Was lernen wir daraus, dass hier ein Charakterbild gezeichnet wird, dass keineswegs einfach nur einen Sexmaniac bezeichnet, sondern einen Menschen, dem man nicht trauen sollte?
Und ist es wirklich so, dass Roko Sherry Chayat als das leuchtende Beispiel für Shimanos „authentische“ Lehre bestehen kann? Dazu wäre einiges zu sagen. Das z.B. was Jeff Shore zu ihr sagt: Rinzai hat mit diesen Leuten nie stattgefunden!
Aber bevor das hier endgültig ausartet: Ich beteilige mich nicht an diesem Streit. Rinza ja oder nein, Soto oder Rinzai, Zen oder Theravada? Was auch immer, es ist uninteressant. Das ist ein intraökumenischer Streit sozusagen. Mich interessiert die geschichtliche Perspektive.
Was hat Zen gemacht? Wie kommt er in den Westen? Wie funktioniert er? Was bewirkt er? Und obwohl ich nicht abstreiten will, dass Zen vielleicht hie und da gut funktioniert, in dieser Geschichte blamiert er sich.
Was die Funktion des Zen angeht, kann ich nur sagen, deine Abwehr einer Dekonstruktion Shimanos, Dooyen, erinnert fatal an die Strategie die vom ersten Tage an im Fall Shimano von Shimano angewendet wurde. Argumente zählen nicht. Der Gegner muss schlecht gemacht werden. Lügen, denunzieren, abwerten, durch den Dreck ziehen, verleumden.
Ist das Zen? Und wenn nein, was lehrt Zen über das hinaus, was uns der Fall Shimano zeigt? Was lehrt Zen?
Ich finde diese Diskussion sehr lehrreich. Gerade dooyens Aussagen über Shimanos angebliche Zen-Größe zeigen, dass manche für das klassische Zen-Spiel immer noch zugänglich sind und dass meine Arbeit angebracht war. Sex hin oder her, die soziopathischen Zügen von Shimano und Zernickow sind inzwischen genügend dargelegt worden. Matthias‘ Frage, was man von solchen offensichtlich gestörten Menschen noch lernen möchte, ist berechtigt.
Zum Thema Video habe ich übrigens Shimano oft genug live erlebt. Er ist schlicht sehr manipulativ und sagt genau das, was sein Publikum hören möchte.
@ dooyen
In der Tat, zwischen uns türmt sich ein Berg von Missverständnissen auf. Wie gut, dass die Sonne wandert und abwechslungsweise beide Seiten erhellt, – aber immer fällt so auch der Schatten auf einen von uns … :)
Als ich den thread von Matthias zum ersten Mal durchgelesen hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich mich da zu Wort melden möchte. Unglaubliche Story!
Oder es doch besser mit dem etwas saloppen Gedanken bewenden lassen: Hat der Mann aber Schwein gehabt!
Oder auf bairisch: A Hund isser scho!
Oder es mit Goethes Hilfe zu paraphrasieren: Er ist ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
Oder ganz tief aus dem „christlichen Seelengrund“ hervorgeholt: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
Nein, wenn man von diesem Fall Kenntnis nimmt, ist Empörung bei den meisten wohl die erste Reaktion. Erst viel später entsteht vielleicht Bedauern über das Vorgefallene, über die Betroffenen, etwas anderes ist letzten Endes nicht angebracht.Viel Leid ist verursacht worden.
Oder dann doch Stellung beziehen und einfach mal den gesunden Menschenverstand walten zu lassen.
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Zur Rolle der Presse so viel:
Es stimmt, leider fehlt in diesem „Theater“ die Rolle des mutigen, investigativen Journalisten, der durch seine Recherche vielleicht hätte bewirken können, dass der Staatsanwalt aktiv geworden und die Sache vor einem Gericht gelandet wäre. Schade.
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Zitat:
„Zunächst möchte ich feststellen, dass ich gegen sexuelle Beziehungen von Zen-Lehrern zu ihren Schüler(inne)n bin.“
Diese Feststellung zu Beginn Deines ersten Kommentars ist ja schon mal gut, – mal auf Nummer sicher gehen.
Nur was dann folgt, – da fällt es mir schwer, Deine Argumentationen nachzuvollziehen. Ständiges relativieren. Um Verständnis heischen für ein Verhalten, das jeder, der sie noch alle auf der Reihe hat, nur ablehnen kann.
Also genau so weiterfahren, wie all die Jahrzehnte von 1964 bis 2010, so wie all Zen-Leute im New Yorker-Dojo, – man muss es als eine Form von „perverser Toleranz“ bezeichnen.
Unfähig, Standards und Masstäbe zu formulieren und durchzusetzen.
Wieso nicht mal die Ereignisse unter diesem Gesichtspunkte diskutieren?
Das führt zur Grundfrage: Kann uns der Zen-Buddhismus überhaupt eine Ansicht darüber liefern, wie das Leben in dieser Welt zu führen sei, die hier und heute überhaupt noch akzeptiert werden kann, und konkret, wie gross ist seine Bereitschaft, sich an hier und heute für richtig befundene Normen zu halten?
Gibt es im Zen so was wie eine „Führungsidee“, also eine akzeptable (ohne Übergriffe!) Ansicht darüber, wie Menschen zu Beginn des 21. Jhts., die sich „meditativen Zuständen“ hingeben möchten, angeleitet und geführt werden sollen?
Wenn nur dieser Zenlehrer in New York für Zen stehen würde, müsste man sagen, Zen ist eine Anleitung zu „so tun als ob“, dann käme man zum Schluss, Zen ist ein lächerlicher Export aus längst vergangenen Zeiten Japans, der aber immer noch das Potential hat, die Leute verrückt zu machen.
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Zitat
“Er war unfähig, auf ’normalem‘ Weg auf einvernehmliche Art und Weise Sex zu bekommen. Aha, hast du mit seiner Frau gesprochen? …“
Sorry, ich finde es nicht normal, wenn ein Zenlehrer eine Schülerin im Rahmen eines Sesshin, eines Dokusan, etc. um Sex anbaggert.
Nur das meine ich.
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Zitat
„Nein, das ist ein Gerücht, das besonders durch das Buch von Kapleau …“
Das war dumm von mir, von „Zuständen zu sprechen“. Ich habe inzwischen gegoogelt, im Zen geht es ja tatsächlich um NICHTS, – also, das hätte ich wissen müssen …
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Irgendwie scheinst Du da wirklich über den Dingen stehen, und wir begreifen einfach nicht, worum es geht.
Meinst Du, wir dürften noch hoffen, dass dieser Lehrer in den Staaten doch als heiliger Mann in die Geschichte eingehen wird?
Matthias, es ist mir klar, dass es für dich offenbar keinen Zenlehrer geben kann, der DIR irgendetwas Sinnvolles zu sagen hat. Du lauscht lieber meditierenden Philosophieprofessoren. Ja, man transkribiere Shimano – genau wie die Professoren – und wende ihn vor allem an. Wenn man es nicht tut, wird man kaum empirisch nachweisen können, ob da was dran ist, dass z.B. Geist Materie schafft oder was das heißen kann.
„Diese Fakten verweigest du weiterhin“. Fakten, die Behauptungen belegen … Du bist zu unkonkret – und zu faul, wenn dir was nicht passt. Ich habe dir Links genannt, aus denen Aitkens Schwere der Krankheit hervorgeht. Ich demontiere Aitken nicht, wenn ich einen Kranken krank nenne. Das Anfertigen eines solchen Archivs nenne ich „Bessessenheit“. Beispiel: Ich fertige kein Archiv über Thien Son an. Das entspricht nicht meiner Zenpraxis des Loslassens. Seltsamerweise haben aber sowohl andere Buddhisten wie auch meine eigene Mutter so etwas vermutet. Eben, weil sie nicht wissen, wie man Zen praktiziert. Aitken wusste das auch nicht (mehr, wenn man die verbreitete parkinsonsche Demenz unterstellt, die sich mit Beschreibungen seines Tuns zu seinen Lebzeiten auf der Sanghaseite deckt), sonst hätte er verhindert, dass man in seinem Namen 10.000 Dollar für seine Pflege zu sammeln sucht. Wie Thien Son sich erledigt, das kann ich mir denken. Mit einem Archiv oder Oppenheimer geht das nicht (hinreichend), wie wir am Fall Shimano sehen werden. Aitkens Archiv ist also Beleg für eine Fehleinschätzung der Macht eines solchen Archivs und ein Beweis dafür, dass er von dieser Sache nicht mehr lassen konnte. Sicher, wir Menschen brauchen solch Hartnäckige, fragt sich nur, in welchen Bereichen. Unter Aitkens Wiki-Eintrag findest du seine zahlreichen Nachfolger. Mal in 20 Jahren sehen, wie die sich gegen die gute Handvoll von Shimano machen.
Jeff Shore ist doch selbst ein Heuchler, mehrmals versuchte Sherry zu klären, warum Shimano nicht in den jap. Büchern steht, wo sie doch selbst bei seiner Dharma-Übertragung dabei war. Und Jeff, der an der Hanazono-Uni der Rinzai ist und genau weiß, dass man in Japan, sobald solche Skandale aufkommen, die Verbindung zu den Lehrern zu vertuschen sucht, erzählt ihr nicht, was er weiß, dass diese Hosenscheißer immer das Gleiche machen, wenn man dort anfragt, nämlich diejenigen nicht mehr kennen oder nicht antworten, wenn sie meinen, es sei was im Busch. Soll ich dir mal sagen, wie die Antwort bzgl. Hamachers Zenlehrer Kuwahara ausfiel? KEIN Dharma-Nachfolger von Omori Sogen. Nicht, dass er das behauptet, aber bei Shimano sieht das anders aus, und auch wenn es dich nicht interessiert, ich frage mich schon, warum sich wer da wo engagiert. Aber offenbar interessiert es dich doch, da du ja die unvollständige Abstammungslinnie in deinen Beitrag eingebaut hast.
„in dieser Geschichte blamiert er sich.“ Das ist nur Rhetorik. Das Zen, das Shimano lehrt, blamiert sich nicht. Vielleicht blamiert er sich in Bezug auf Frauen, aber das tun viele. Ich habe den von ihm zuletzt ernannten Dharmanachfolger vor ein paar Jahren ein wenig kennengelernt. Es ist für mich nicht überraschend, dass er wohl als einziger der Dharmanachfolger versteht, was dies bedeutet. Die anderen meinen, sie müssten sich von ihm lossagen. Das heißt, sie haben gar nicht verstanden, was die Zenloyalität von Meister und Schüler beinhaltet. Ich kann sagen: Meister, wie du mit Frauen umgehst ist scheiße. Aber wenn ich sage: Ich breche die Verbindung zu dir vollkommen ab (Zusatz: sobald auch die anderen da draußen Bescheid wissen), dann heißt das: Zieh die Robe aus, Sherry (Alan, Genjo usf.) und fange irgendwo von vorne an. Das ist so wie einen Freund nach Dekaden von Freundschaft im Stich zu lassen, weil er vor Gericht steht. Insofern hat Sherry womöglich recht, Shimano war vor allem naiv, er hat, wie so viele, reihenweise die Falschen zu Dharma-Erben gemacht, denn keiner von ihnen besitzt offenbar hinreichende Loyalität. Dieses durch Dick und Dünn-Gehen ist Voraussetzung für die Nachfolge. Wenn man das nicht kann (ich habe darum selbst Lehrer abgelehnt, weil ich ihnen nicht vertraute), dann soll man es lassen. Aber all diese Leute haben sich selbst dafür entschieden und brechen jetzt den Vertrag. Wenn man Shimano dann in den Videos sieht, ist man zunächst einmal überrascht, dass ein angeblich kein Zen Lehrender (laut Jeff Shore) diese typische Zen-Abgeklärtheit verwirklicht und einfach woanders weiter unterrichtet, gelassen, witzig, wenn auch hörbar gesundheitlich angeschlagen.
„deine Abwehr einer Dekonstruktion Shimanos“. Ich habe den Fall kritisch in meinem Blog erwähnt, wohl noch bevor er hier ein Thema war. Der Fall ist nicht im Mindesten so bedeutend wie der von Zernickow oder Thien Son, aber Shimano ist Japaner und prominenter und lebt in der größeren englischsprachigen Welt. Hätte ich nicht diese Videos gesehen von dem Sesshin, das er als „kein gewöhnliches“ bezeichnete, sondern als eines, in dem er sein ganzes Sein und Wissen offenbare, und hätte ich nicht von hinten nach vorn gehört und mir das Gleiche gedacht, noch bevor er dies am Ende des ersten Teishos sagte, ich hätte mir nicht wieder die Finger wund geschrieben. Shimano ist ein echter Zenmeister. Man muss sich Zenmeistern, die solche Charakterfehler haben, nicht nähern (wie es offenbar selbst Hamacher mal glaubte), um von ihnen lernen zu können. Das sage ich immer wieder. Wir haben ihre Schriften, wir haben die Video-Aufzeichnungen. Du sollst dir kein Bild machen, du sollst nicht vergöttern, du sollst hinhören und praktizieren. Anwenden. Ich rege mich über diejenigen auf, die das tun, was Shimano tut, aber nicht mal was auf der Pfanne haben, die mit Namen um sich werfen, aber keine hinreichende Ausbildung haben, Blender, denn die betrügen die Schüler auch um Zen, und das ist schlimmer. Shimanos Lehre ist kräftiger als die von Nakagawa, und er hat das Glück, nicht im Alter schon geistig angeschlagen zu sein. Damit macht er wahr, was er ebenfalls lehrte: Der Schüler müsse den Meister übertreffen (und das erklärt er am Beispiel der Kopie von der Kopie, wo immer etwas verloren geht). Ich bin gespannt wie es mit der nächsten Generation wird.
„Was lehrt Zen?“ Du willst es ja gar nicht wissen. Shimano lehrt z.B. (und dass mit Hinweis auf einen Künstler, nicht mal auf sich), dass du deine Geldsorgen loswirst, wenn du verstehst, dass Geist Materie schafft. Es ist eine Metapher für das rechte Denken bzgl. der Materie. Ich habe so zwei Mal einen Offenbarungseid abgewendet. Du verstehst nur, was Zen lehrt, wenn du es übst, anwendest, verwirklichst. Eine rein gedanklich-theoretische Verweigerung bringt dich nicht weiter. Vielleicht lernst du ja auch, dass das alles Humbug ist. Aber du kannst es erst sagen, wenn du es versucht hast. Ich sage es nicht mehr. Es gibt immer wieder Momente in meinem Leben, in denen etwas geschieht, dass ich anders einordne als meine Kumpels, und wo ich mich innerlich vor den Lehrern verneige, die mich darauf vorbereitet haben. Das ist ein Moment des Glücks, so wie man sich freut, wenn man selbst einen kaputten Fahrradschlauch reparieren kann, weil es der eigene Vater einem beibrachte – und mit einem Lächeln an den toten Vater zurückdenkt. So ist das, wenn man loslassen kann, z.B. wenn man von einer Frau versetzt wird, während die Kumpels bei sowas ins Rotieren kommen. Und darum kann einer, der das praktiziert hat, was er lehrt, auch im Gegensatz zu Zernickow oder Thien Son den Schlichter akzeptieren oder auf leere Drohungen verzichten.
G.K.: „Kann uns der Zen-Buddhismus überhaupt eine Ansicht darüber liefern, wie das Leben in dieser Welt zu führen sei, die hier und heute überhaupt noch akzeptiert werden kann“? Ja, und das kannst du eben auch von Shimano erfahren. Shimano bringt der Sangha nicht bei, wie man Frauen verführt oder belügt, das, was er zu sagen hat, ist etwas anderes. Wenn du das nicht mehr wahrnehmen kannst, obwohl du gar kein Schüler von ihm und nicht in Gefahr bist, verführt oder betatscht zu werden, dann ist das bedauernswert. Deshalb: Transkribiere, wie Matthias vorschlägt, aber, und das wirst du mittranskribieren, wenn du genau zuhörst, praktiziere auch, d.h. wende an. Zen ist nichts ohne Anwendung. Shimano spricht auch von den von Dir erwähnten Polen, die in einem selbst sind und die es zu versöhnen gilt, indem man mit ihnen zu leben lernt. Der Minderwertigkeitskomplex und der Stolz des Mannes, die im Clinch liegen. Wenn man den Clinch nicht durchschaut, benimmt man sich wie Malone.
„Zen ist eine Anleitung zu „so tun als ob“.“ Du meinst also, bei den Sesshin hat da nur ein Dummy von Shimano gesessen. Du meinst, wenn er lehrt, dann ist das nur „als ob“. Wenn du Hamachers Lehrer und Shimano auf eine Bühne bringst, zusammen mit dem besten Aitkenschüler, und sie machen einen klassischen Zen-Disput, dann setze ich alles auf Shimano.
Übrigens, Hamacher beantwortet diese Frage hier bisher nicht. Was er von seinem Lehrer gelernt hat. Was man vom Zen lernen kann. Aber Hamacher lehrt selbst, im Gegensatz zu mir. Hamacher ist Teil dieses Glaubens daran, man müsse einem Menschen physisch nahe kommen, um etwas von ihm zu lernen, in diesem Fall ihm, da er offensichtlich das Dojo von Kuwahara übernommen hat. Was hat also Hamacher vom Zen gelernt?
Da ist es ja. Mit einer alternativen Abstammungslinie:
http://der-asso-blog.blogspot.de/search?q=eido+shimano
Hier erzählt Genjo, einer von Shimanos Dharma-Nachfolgern, was ER aus der Sache gelernt hat (1. Beitrag auf der Seite).
Nicht mehr funktionierende Links meines Blogs, z.B. den Spendenaufruf für Aitken Roshi, findet man über web archive, indem man die Links eingibt. Daraus folgt [2008 und 2009]
[Hier eine genaue Beschreibung der Dana for Aitken-Kampagne]
Leider findet man nicht mehr alle Seiten.
[redigiert, Steingass]
Man könnte die ganze Geschichte auch anders schreiben. Mit anderem Fokus.
1.Man könnte sich mit dem Verhältnis von Presse und öffentlicher Wahrnehmung zu Shimano befassen.
2. Man könnte sich damit befassen, welche Gründe die Frauen die mit Shimano liiert waren angeben, warum sie eine Beziehung mit ihm eingingen.
3. Man könnte sich mit der Geschichte einzelner Personen näher befassen. Mit der von Sherry Chayat z.B., Nachfolgerin von Shimano. Oder der von Aitken, Malone, Zournas, Westen, Genjo und den anderen Dharmaerben …
4. Man könnte sich auch mit der Frage über die Dharmanachfolge (Inka) genauer befassen (siehe Diskussion auf die Dooyen verweist).
5. Man könnte die jeweiligen (immer gleichen) Abläufe genauer betrachten, wenn jeweils eine Auseinandersetzung in der Sangha ausbrach und dieses spezielle Muster der Bewältigung näher analysieren.
6. Man könnte sich ansehen, welche Strategien Einzelne anwenden wenn das idealisierte Bild des Meister nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.
7. Man könnte Shimanos Strategien der Verteidigung genauer analysieren.
In meinem Text ist ein Schwerpunkt tatsächlich Inka. Eido Shimano hat diese Qualität verloren. Es geht dabei nicht um irgend einen formalen Vorgang. Es geht um die Qualität eines Menschen. Das ist gewiss nicht immer ein einfaches Thema. Aber wir können uns diese Frage nach der Qualität auch unnötig erschweren. Ich habe das Stichwort Integrität gennant. Integrität ist keine Frage einer formalen Anerkennung. Es ist eine Frage des Umgangs miteinander. Es ist auch keine Frage hehrer philosophischer Erörterungen sondern des Alltages (obwohl der ‚Alltag‘ natürlich kein naturgegebenes Etwas ist, das kritiklos als Maßstab zu akzeptieren sei).
Es geht bei Integrität z.B. um Ehrlichkeit. Sagen wir mal ganz simpel, ein Zenlehrer bietet etwas an. Er bietet einen Weg an, der damit zu tun hat, dass der Mensch mit sich etwas machen will. Der Mensch möchte z.B. heraus finden, um was es in seinem Leben eigentlich geht. Der (Zen)Buddhismus sagt, er habe eine Antwort darauf. Nur die Antwort erschöpft sich in den meisten Fällen damit, die Frage einfach an den Suchenden zurückzugeben. Sieh selbst! Das ist nicht ehrlich wenn man davon ausgeht, dass ein Anderer an den man sich wendet, mehr weiss als man selbst. Dieser Mehrwissende muss etwas sagen können, da er etwas zu bieten vorgibt.
Trotzdem erschöpft sich die Strategie eines Shimano, einer Roko Sherry Chayat, eines Genjo und auch eines Guido Kellers alias Dooyen immer in dem Hinweis „Sieh selbst!“
Nichts anderes sagt Dooyen hier:
Das ist alles. Und wenn man nach konkreten Anwendungen fragt, dann ist „einfach sitzen“ Zen, oder einfach alles ist Zen, oder das nationalistische Japan bis 1945 ist Zen, Bushido ist Zen, Möhren schnibbeln ist Zen, scheissen natürlich auch – das ist dann ganz besonders radikales Zen –, oder eben Kensho und Dokusan dazu zu nutzen um Frauen zu verführen ist auch Zen.
Das läuft auf nichts anderes hinaus als Zen = Zen. Die Autorität desjenigen der trotz dieser Antwort als Autorität betrachtet wird beruht nicht auf Integrität. Sie beruht auf anderen Effekten die ich z.T. in Made in Dresden und Der Zauberer beschrieben habe.
Shimano ist in diesem Sinne nicht integer. Seine vermeintliche Autorität beruht darauf, dass man voraussetzt er habe eine. Der ganze Zauber ist ein Zirkelschluss. Das zu Beweisende wird vorausgesetzt.
Wenn man das nun hinterfragt, tritt der typische Reflex dieser Pseudoautorität auf. Da sie ja kein Argument hat, wird als letztes Mittel die Persönlichkeit des Gegenübers angegriffen. Er ist schwul, verrückt, dement, Schauspieler oder sie ist, wie Guido Keller pauschal über mich sagt, „zu faul“.
Damit hat man zwei wesentliche Charakteristika des X-Buddhismus herauskristallisiert:
Dooyen exemplifiziert das hier mit aller Deutlichkeit.
Ob Koan, Kensho, Satori und einfach nur sitzen nicht doch bedeutungsvoll und auch nützlich sein können ist eine andere Frage.
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Da die Selbstreferentialität des x-buddhistischen Systems dazu führt derartige Diskussionen mit ewig neuen Varianten des Immergleichen endlos fortzuschreiben, werde ich Dooyens weitere Beiträge moderieren.
Nun ja, ist dein System nicht selbstreferentiell? Hast du nicht Shimano gerade zu einer minderwertigen Persönlichkeit erklärt (das liegt mir mit dir übrigens fern, ich finde es jedoch nicht richtig, sich bei der Beurteilung eines Mannes ausschliesslich auf ein Archiv zu berufen, dass man ja auch „Anti-Shimano-Archiv“ nennen könnte, ohne ihm selbst mal zuzuhören). Ich sehe ein, dass dir Metaphern, Analogien, Beispiele meiner Art nicht so liegen, kann darauf zur Verdeutlichung aber nur schwer verzichten.
1) Die gewöhnliche AUTORITÄT eines Zenlehrers besteht in seinem Wissen um die Zenlehre, seiner Fähigkeit, diese umzusetzen.
Denken wir uns einen Geschichtslehrer, der Mädchen seiner Schule anbaggert, antatscht und verführt, jedoch ein verdammt guter Lehrer in der Vermittlung seines Stoffes ist. Wäre es nicht schade, ihn ganz aufzugeben? Zumal wir heute übers Internet und andere Medien auch ganz anders Unterricht haben können. Man kann so jemanden an eine Jungenschule schicken, so wie man Shimano beim Dokusan usf. nicht allein lassen muss mit Frauen.
2) Die SPEZIELLE AUTORITÄT, die gemeinhin Menschen von einem Zenlehrer erwarten (auch du, wie man hier sieht), also eine überdurchschnittliche INTEGRITÄT und Moral, liegt in der Natur der Sache begründet – der Zenlehrer selbst und diese Tradition verlangen vom Schüler in der Regel ein Sichausliefern in einem psychologisch sensiblen Bereich. Ich sage hier jedoch, dieses Ausliefern ist (in vielen Fällen) nicht nötig, wenn man von solchen Lehrern etwas mitnehmen will. Damit zeige ich einen Weg auf, wie man ihnen Manipulationsmöglichkeiten entzieht und ihre „besseren Seiten“ stärker zur Geltung kommen können. Ich bezeichne jene Erwartung der Schüler als ebensolchen (Charakter)fehler wie der Lehrer einen haben kann. Hier sollte sich also tatsächlich das überlieferte autoritäre und hierarchische System der „Ausbildung“ ändern. Zwingt man die Lehrer dazu, wird das auch geschehen. Dazu gehört eben auch, ihnen die materielle Zuwendung einzuschränken, damit sie einem entgegenkommen. Für einen traditionell aufgewachsenen Japaner wie Shimano wird das nicht leicht werden.
3) Der integre Lehrer ist also eine Idealvorstellung. Es dürfte nicht allzu viele davon geben, in welchem Bereich auch immer. Jeder, der einen kennt, darf sich also glücklich schätzen. Es ist sinnvoller, zu erwarten, dass nicht alle Lehrer, die einem was beibringen können, auch integer oder „ehrlich“ sind, wobei einem klar sein sollte, dass die Menschen sich darüber nicht einig sind, wie weit diese Ehrlichkeit und Integrität zu gehen hat (mein Beispiel war hier, dass auch das Abwenden der Dharma-Erben nicht integer ist, jedenfalls nicht für mich, es gibt also unterschiedliche Wertesysteme unter uns, und darum nicht nur eine mögliche Antwort auf das Problem). […]
4) Es gibt diese unterschiedlichen Anschauungen auch in Bezug auf die Zen-Thematik. Du sagst, Shimano habe die „Fähigkeit“ inka verloren. Inka ist jedoch in meinem Verständnis die Dharma-Übertragung. Was ist die Dharma-Übertragung im Zen? Nicht dasselbe, was ein Theravadin oder Tibeter sich darunter vorstellen mag. Im Zen heißt es z.B., dass es nichts zu übertragen gibt. Für dich wohl ein typischer Zirkelschluss, für den Lehrer vielleicht der Maßstab, wann einer so weit ist – nämlich dann, wenn er etwa erkannt hat, dass die Phänomene keine Substanz haben, und das überzeugend verwirklichen kann, Jemand, der z.B. in Kategorien von „guter Sex“, „schlechter Sex“ usw. denkt, ist noch nicht so weit. […]
[…]
[Der Beitrag ist gekürzt, M. St.]
Dooyen
Was ist „selbstreferentiell“? Ein System ist in dem Sinn selbstreferentiell, indem es sich ausschließlich auf sich selbst bezieht. Die bekannteste und kürzeste Form das darzustellen ist die Aussage: Dieser Satz ist falsch. Dazu könnte man einiges interessante sagen, nicht aber hier in diesem Kontext.
Thema Autorität: Ok, was ist die Zen-Lehre, wenn Zen-Autorität darin besteht, diese umzusetzen?
Integrität und Autorität: Integrität ist nicht einfach ein „spezielle Autorität“. Es hat keinen Zweck einen Begriff einfach durch einen anderen zu übersetzen.
Jemandem Manipulationsmöglichketen entziehen: Die Forderung an die integere Persönlichkeit ist, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen, bzw. sie überhaupt als Handlungsmöglichkeiten von vorne herein zu verwerfen. Das ist der springende Punkt. Nicht, dass das potentielle Opfer sich vor einem möglichen Angriff zu schützen hat.
Die integere Persönlichkeit ist keine „Idealvorstellung“. Die integere Persönlichkeit kann durchaus Fehler machen. Die Frage ist, wie geht sie damit um. Mit der „Idealvorstellung“ ist man unversehens bei unserem platonischen Erbe und man beginnt an dieser Stelle auch zu sehen, wie es unsere Buddhismusrezeption beeinflusst (was ist ein Ideal wenn man es mit Nagarjuna denkt?).
Inka: Die ganze Übertragungs-Sache im Buddhismus ist korrumpiert. Warum sich mit einer fiktionalen Ahnenreihe bis auf einen Buddha zurückversichern (der sowieso selbst eine Fiktion, bzw. lediglich eine literarische Figur ist)? Glaube an den Weihnachtsmann? Shimano hat beides nicht: Weder die Verbindung zu Soen Nakagawa und Ryutaku und damit zu Hakuin und Buddha im traditionellen Sinn, noch besitzt er Integrität.
„Warum sich mit einer fiktionalen Ahnenreihe bis auf einen Buddha zurückversichern (der sowieso selbst eine Fiktion, bzw. lediglich eine literarische Figur ist)? Glaube an den Weihnachtsmann? Shimano hat beides nicht: Weder die Verbindung zu Soen Nakagawa und Ryutaku und damit zu Hakuin und Buddha im traditionellen Sinn, noch besitzt er Integrität.“
1) Das ist zunächst, nimmt man es als Wertung, eine Meinung, nichts weiter. Ein anderer kann gegenteiliger Meinung sein.
[…]
Nachtrag: Moralische Integrität, wie du sie verstehst, ist kein Ideal des Zen. Du trägst es von außen an Zen heran. Das ist okay, aber vom Zen her ist es nicht herleitbar, […]
Zen will Menschen zum Erwachen bringen, nicht zur moralischen Integrität. Die eigene Natur soll geschaut werden. „Dem Zen zufolge ist das Wissen um die moralische Disziplin ursprünglich in der menschlichen Natur vorhanden.“[…]
Dass es den historischen Buddha nicht gibt, sondern lediglich als Erzählung ist keine Meinung. Das kann man einer aufgeklärten Buddhismusgeschichte leicht entnehmen.
Exakt. Und weil es aus deinem Zen nicht herleitbar ist, hat dieser spezifische Zen uns nichts zu bieten.
Das ist genau das Gerede hinter dem sich alle X-Buddhusten verstecken.
Eben genau. Das ist das Vormoderne an dieser Zen-Auffassung. Damit verortet sich dieser Zen auf der Ebene einer Philosophie der man bei uns schon im Mittelalter nicht mehr so recht traute.
Dooyen, du solltest versuchen zu verstehen, was wir unter X-Buddhismus verstehen. Wir haben darüber sogar inzwischen ein Buch geschrieben. Du sprichst englisch. Also lies das und versuche unsere Postion zu verstehen. Ich breche die Diskussion mit dir an dieser Stelle ab.
Deine sinnentstellenden Kürzungen habe ich ebenfalls satt. Du kapierst ja nicht mal, dass ich nicht an einen historischen Buddha glaube.
Wenn ihr moralisch unsicher seid und darum Zen euch nichts zu bieten hat, dann sucht woanders. Ja, brechen wir ab.
Ich brauche nix mehr von Tom Pepper zu lesen, denn der hat seine Unmoral schon persönlich dokumentiert. Auch er sucht an der falschen Stelle.
Auf Guiod Kellers Blog geht es weiter => Der Asso-Blog
Auch im Buddhaland gibt es eine Diskussion zum Thema, die aber auch zum größten Teil glaube ich nichts Neues bringt.
Matthias, Ich bedauere sehr, dass Du dooyen aussperrst, wirklich, gib ihm doch Platz für einen Gastkommentar, vielleicht erfahren wir nebenbei mehr über japanische Aphrodisiaka …
Hi G.K. Dooyen ist nicht ausgesperrt. Seine Beiträge werden lediglich moderiert – wie ich das auch im „Programm“ für den Fall der Fälle angekündigt habe. Der Grund ist seine überbordende Redseeligkeit, die von Ulli Hoeneß bis zu seiner Mutter alles in einen Kommentar packt, was nur geht.
Ist das mit dem Gastkommentar dein Ernst? Dazu hat er doch sein eigenes Blog.
Ich will das ganz jetzt nicht mehr gross aufkochen, aber um auf Deine Grundthese einzugehen: wie Du Dir sicherlich vorstellen kannst, ist es mir egal ob der Buddhismus im Westen gescheitert ist oder nicht. Ich verstehe den Sinn dieser Fragestellung nicht, würde aber sagen, eher nicht gescheitert, und schon gar nicht wegen einem Typen (und seiner Crew).
Aber um allen Eventualitäten vorzubeugen, setzen sie in Amerika jetzt Ethik-Kommissionen ein, die die Zen-Meister kontrollieren. Ich habe heute die vorläufigen ethischen Richtlinien der SZBA (Soto Zen Buddhist Association) gelesen und denen ist es schon wichtig dass alles planmäszig und sauber abläuft.
Hallo Jonas.
Der Buddhismus scheitert nicht allein wegen Shimano aber auch wegen ihm. Shimano trägt zu seinem Scheitern bei.
Shimano ist aber ein exemplarisches Beispiel dafür, was am Buddhismus im Westen problematisch ist. Das meine Ich. Shimano verdeutlich das Scheitern. Ich werde diese These noch genauer betrachten. Man kann aber in aller Kürze soviel sagen: Der Buddhismus, allgemein gesagt, stellt eine umfangreiche Ethik zur Verfügung. Er hat mit anderen Religionen gemeinsam, dass er sich darüber Gedanken macht, wie der Mensch sich verhalten soll. Das reicht von den Laiengelübden über Regeln für Ordensleute bis hin zu den so genannten Bodhisattvaeiden.
Das Exemplarische am Fall Shimano ist, dass hier Ethik plötzlich keine Rolle mehr spielen soll. Bzw., dass der Tenor von seinen Apologeten einfach mal kurz so verschoben wird, dass man sagt: Am Ende gibt es sowieso keine Ethik. Dieses Argument wird nicht nur im Zen vorgebracht.
Ok, könnte man sagen, am Ende gibt es keine Ethik mehr. Das kann man auch plausibel machen, wenn man das ganze von Nagarjuna her denkt. Aber wie sieht es denn unterwegs aus? Bei dieser Frage setzt meine zweite These an, die ich weiter oben schon formuliert habe:
Was schließen wir nun daraus, dass man in den USA (endlich!!!) einsieht, dass es ethische Richtlinien im Zen braucht? Die Folgerung kann doch nur sein, dass einfach keine Ethik im Zen gibt. Aber ist das nicht merkwürdig? Der Zen ist ein Teil des Mahayanabuddhismus, wieso gibt es dann im Zen plötzlich keine Ethik mehr? Oder zumindest muss man fragen, was ist passiert, dass es im amerikanischen Zen keine funktionierende Ethik gibt? Und wie sieht es bei uns aus?
Und eine noch brutalere Frage. Für was überhaupt Zen, wenn er nun in Amerika etwas entwickeln muss, was anderswo Gang und Gäbe ist? Warum nochmal mühsam das Rad erfinden, wenn es in den Sozialwissenschaften überall praktisches Material gibt, welches Ethik lehrt?
An dieser Stelle beginnt das ganze Gebäude des X-Buddhismus zu zerbröseln. Ja, und vielleicht ist das wirkliche Befreiung.
Um auf Deine abschlieszende „brutale“ Frage zu antworten, warum es den Buddhismus braucht: Wegen der Buddha-Natur.
Jonas. Kommt darauf was du damit meinst. Mit dem Begriff als solchen kann ich nichts anfangen. Kennen tue ich ihn natürlich. Aber was bedeutet er?
Es ist ja schön und gut mitzulesen wie ihr Männer euch hier „angiften“. Aber hat jemals jemand mal eine Frau aus euren privaten Umfeld gefragt wie sie das Verhalten von Shimano findet? Es handelt sich hier um einen Zen Meister und nicht der Chef vom Kitkat Club – und auch der hat gefälligst seine Griffel bei sich zu lassen! Im Falle von der Journalistin Robin West haben wir es hier mit einem sexuellen Übergriff zu tun. Das sollte man bei dem ganzen Kräfte messen hier nicht aus den Augen verlieren.
Heute sind Frauen glücklicherweise rechtlich geschützt. Hier noch mal für die in den letzten Reihen: Nein , es ist nicht in Ordnung wenn einer daherkommt und dich ungefragt betascht! Nein es ist nicht in Ordnung Schüler zu manipulieren und Macht auszuüben.
Da könnt ihr euch noch so viele „brutale“ Fragen stellen um mit nicht nachvollziehbaren antworten zu brilliern. (@Jonas)
Ethik ist unabhängig von Zen oder einer sonstigen Institution. Darüber zu diskutieren, dass Zen keine Ethik enthält ist einfach nur planlos.
@dooyen
Der Behauptung, dass die Anzahl der seelisch kranken Menschen in einer buddhistischen Übungsstätte höher sind als in universitären Hörsälen muss ich vehement widersprechen. Dort lassen sich ebenso leichtgläubige sowie labile Persönlichkeiten finden wie in westlichen Meditationsälen. Es herrschen an Universitäten genau die selbe Anmach-Politik, sowie Affären ähnlich wie bei Shimano. Das ist auch ein Missbrauch Schutzbefohlener.
Natürlich sollte man den Frauen die Selbstverantwortung nicht aberkennen. Das ist richtig. Aber darum geht es letztendlich nicht.
Denn, es ist egal ob die Frau eine gerissenes Biest oder eine psychisch Kranke Person ist. Die Beziehungen innerhalb einer Sangha sind ganz klar in Lehrer und Schüler aufgeteilt, Sex mit Schülern sollte daher gar nicht existieren. Solche Intimitäten führen zu mehr Konflikten für alle beteiligten. Man wird nicht alles verhindern können. Um das zu erkennen braucht man glücklicherweise über keine überdurchschnittliche Intelligenz zu verfügen.
Egal wer am Ende wen verführt hat oder welche Frauen sich von der Affäre Vorteile erhofften – der Lehrer trägt die Verantwortung.
Es ist bedauerlich, dass es in USA eine Kontrollkommision geben muss. Ich halte Aufklärung, dass auch Zen Meister nicht das goldene Nirvana Ticket in der Tasche haben, ja sich sogar fehlverhalten können, für die bessere Methode.
Das schlimmste bei Shimano ist, neben den sexuellen Übergriffen, das Lügen darüber. Und nur weil angeblich ein paar Psychologen zur Lüge raten mögen, bedeutet es nicht, dass das das Nonplus ultra ist. Auch in dieser Berufsparte tummeln sich einige Unterbelichtete. Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass ein respektierter Psychologe im Falle von Shimano sicherlich nicht zu einer Vertuschung geraten hätte. Hier ist wieder ein gutes Beispiel wie Aussagen von Therapeuten aus Zusammenhängen gerissen werden um es für sich wieder neu zu interpretieren.
Sich darüber zu wundern, dass fünfzig Jahre dass Verhalten von Shimano gedeckt wurde halte ich fast schon für naiv oder sinnbefreite koketterie einer gespielten Unwissenheit. Solche Arten von Vertuschungen ziehen sich durch alle Sparten in der bestimmte Machtstrukturen und Hierarchien herrschen. Das ist nicht nur ein Problem des westlichen Zen. Allgemein ist das aber auch kein leichtes Thema.
Matthias, Buddhanatur, oder Dharmakaya, ist das Leben, das sich in Sternen, Planeten, Menschen, Tieren etc. manifestiert. „Leerheit wird Form“ wie es im Prajnaparamita heisst.
Und um bei diesem Sutra zu bleiben, wie Du weisst ist es eine Unterweisung des Mitgefühls (Avalokitesvara) an die Weisheit (Sariputra). Daher kann man nicht sagen das es im Zen keine Ethik gäbe oder das Ethik und Zen seperat existieren würden.
Will man aber, wie die Amerikaner, eine gesellschaftliche Moral auf den Buddhismus draufsetzen, so ist das zwar der Versuch von „Form wird Leerheit“ aber letzendlich ist es „Form bleibt Form“ und führt zu immer mehr Gewalt, die sich andere, gesellschaftlich akzeptierte Wege sucht, um sich auszudrücken.
Und natürlich habe ich auch nichts dafür übrig, wenn man sagt „Ich kann mir alles erlauben, weil alles am Ende Leerheit ist“.
Netzbuddhist, ich finde Teile Deines Kommentars gut, vor allem wenn Du über die Unvermeitbarkeit von Fehlern sprichst. Allerdings verstehe ich nicht warum Du meinst ich wolle mit meinem Kommentar „brillieren“ und warum Du den Begriff „Bddhanatur“ nicht nachvollziehen kannst, da Du Dich doch „Buddhist“ nennst.
@Jonas. Die Frage von Matthias war doch, warum wir überhaupt den Zen Buddhismus brauchen, wenn er erst jetzt die dazugehörige Portion Ethik erst entwickeln muss? Wenn Zen nicht schon selbstverständlich mit dem Ethikpaket einhergeht ist, dann ist doch Zen für die Katz, oder? Im Grunde hätte Matthias eine solche Frage erst gar nicht stellen brauchen, wenn sie nicht Rhetorisch gemeint war. Deine Antwort darauf war : „ Wegen der Buddha- Natur“.
Auch nach deiner Erklärung an Matthias, über den Begriff Buddha – Natur, kann ich das als Antwort auf die Frage nicht nachvollziehen. Das ist mir persönlich zu diffus. Vielleicht liegt es ja an mir und meiner „beschränkten Sehstärke“. Es geht mir demnach nicht um den eigentlichen Begriff der Buddha Natur – Leerheit wird Form, so wie du das beschreiben hast, sondern die ungenaue auf mich salopp wirkende Antwort ohne Erläuterung. Und trotz deiner Erklärung müsste ich mir das Verständnis so zusammen interpretieren dass es irgendwie passt. Es bedeutet nicht, dass du es substanzlos gemeint hast .
Es scheint sich in der deutsch buddhistischen Welt Buddha – Natur zu einem großen Kassenschlager Wort entwickelt zu haben. Zumindest bekomme ich es bei fast jeder Gelegenheit mit erhobenen Finger vor meine zarten Füße geworfen.
Allgemein gesagt , auch wenn sich einer den Label „Buddhist“ aufdrückt, oder wie in meinem Falle Netzbuddhist, bedeutet es nicht, dass dieser dann ein unweigerlich tiefes Verständnis für die Buddha – Natur haben muss. Genauso wenig hat ein Zen Meister automatisch tiefes Verständnis für das hat, was er im Grunde genommen lehrt, nur weil er den Label „Zen Meister, Roshi ….“ oder sonst was trägt. Das sehen wir doch hier im Falle von unserem Shimano ganz deutlich, dem die Titel schon wichtig erschienen.
Das bedeutet auch nicht, dass ich kein Verständnis für die Buddhanatur habe, oder vielleicht doch? Aber wer weiss das schon, was hinter so mach Name steckt. Ich hätte mich auch Rumpelstielznella nennen können – wäre vielleicht besser angekommen und mit weniger Erwartungshaltung verbunden.
Liebe Grüße, Rumpelstielznella
Hey Rumpelstielznella, na Du hast vielleicht ’nen guten Humor, klasse! :))
Ja das ist so im Netz, man schreibt oder liest oft was, ohne dass man den Menschen (Leser oder Autor) sieht oder kennt, der dahinter steht. Das verkompliziert vieles, weil halt die ganze nonverbale Kommunikation wegfällt.
Ich wusste übrigens nicht das Buddhanatur ein Modewort ist, lebe in Frankreich und hier ist alles „Zen“, „soyez zen“ (seit zen) bedeutet zB „seit entpannt“ und „Forfait zen“ nennt sich ein Handyvertrag bei der franz. Telekom.
Was mir im Zen und Buddhismus immer gefallen hat, ist dass man die Worte erforschen muss und sie doch nie ganz erklären kann, immer im Ansatz bleibt. Darum glaube ich nicht dass Du oder Ich keine Ahnung haben, wenn wir Buddhanatur nicht total kapiert haben.
Wenn ich zB „Buddhanatur“ schreibe, ist das ein Ansatz, den ich dann selber versuche zu vertiefen, auch nachdem ich’s gepostet habe – und hoffe dann, dass dies der geneigte Leser auch tut :). Auch benutzte ich nur dieses Wort, da ich keine persönlichen Interpretationen aufdrängen möchte sondern versuche mich an den Kontext der Unterweisung zu halten.
Jetzt versuche ich nochmal auf den Austausch zwischen Matthias und mir einzugehen: Für mich hat Matthias den weltlichen Aspekt des Buddhismus angesprochen, ethisches Verhalten. Dann hat er gesagt, ethisches Verhalten haben wir doch schon in den westlichen Sozialwissenschaften, warum also Zen? Und da habe ich gesagt, wegen des kosmischen Aspekts.
Und wie ich dann im 2. Kommentar angefügt habe, ist Ethik und Zen für mich untrennbar, allerdings eine Ethik die aus der Erfahrung unserer ursprünglichen Natur kommt und nicht aus dem menschlich Ausgedachten.
Daher ist es oft am besten ganz einfach Grenzen zu ziehen, anstatt auf andere zu hoffen oder sich zu fragen „darf ich das jetzt oder nicht?“ wie ich das auch schon oft gemacht habe, als mich Schwule ziemlich übel angegangen sind.
Ein letzter Satz: Ich finde das eine buddhistische Ethik Täter und Opfer mit einbezieht und die ganzen involvierten Gefühle & Gedanken zulässt. Gleichzeit steht der Schutz des Schwächeren absolut im Vordergrund. So ist es zB wichtig, die Gesellschaft zu schützen in dem man manche Menschen in Gefängnisse sperrt. Gleichzeitig finde ich es furchtbar, dass man den Häftlingen auch noch zusätzlich die Moralkeule überzieht und sie zu „strafen“ versucht.
So long – goodnight sleeptight
Etwas grundsätzliches: Ich betrachte meinen Text als Beitrag zur Rezeptionsgeschichte des Zen im Westen. Soweit ich weiss sind Christopher Hamachers Zen hat keine Moral und mein Text, die einzigen ausführlichen in deutscher Sprache zum Fall Shimano. Es ist zu wünschen, dass diese Texte genau und sorgfältig gelesen und kritisiert werden.
Die Ebene auf die hier die Diskussion gerät, lasse ich nur noch zu, weil es einen Einblick gewährt wie Buddhismus heute funktioniert. Kaum jemand der bisher an der Diskussion beteiligten scheint verstanden zu haben was der Spekulative Non-Buddhismus (SNB) will. Er will unter anderem zeigen, wie dieser Buddhismus – der X-Buddhismus – funktioniert. Die erwähnten Texte, aber auch diese Diskussion, tragen dazu bei. Es gibt inzwischen auch ein Buch das man rezipieren kann, um zu verstehen um was es hier geht.
Ich setze voraus, dass man sich mit den erwähnten Texten im Detail befasst. Ich habe nicht umsonst eine neue Phase auf diesem Blog eingeläutet. Teil dessen was ich in dieser Phase will, ist, verstreute Themen zusammen zu fassen und bisher nur auf englisch verfügbare Texte zu übersetzen. Es geht dabei nicht so, wie es gerne bei Ankündigungen buddhistischer Veranstaltungen formuliert wird: Für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen geeignet. Das funktioniert nicht. Wir, d.h. diejenigen die sich mit der Idee des SNB befassen, sind inzwischen „fort geschritten“. Jedem den das interessiert, wird gerne geholfen. Aber es geht nicht an, jedes Mal neu zu erklären, was es z.B. bedeutet davon zu reden, dem Buddhismus seine transzendentale Repräsentationen zu nehmen und zu schauen was übrig bleibt.
Das betrifft ganz konkret den Fall Shimano, denn er zeigt, was passiert wenn man die transzendentale Repräsentation einfach unkritisch aufnimmt. Themen wie der Umgang mit Sexualität und Ethik spielen dabei ein Rolle. Allerdings ist es falsch, die Diskussion darauf zu reduzieren. Es gibt andere Themen. Mein Text behandelt z.B. ein Stück Zeitgeschichte. Hamachers Text behandelt z.B. Probleme der Interaktion. Mein Text erzählt und die Montage ist ein Stück dessen was da erzählt wird – ohne das es explizit gesagt wird. Was z.B. hat die Vignette aus Hans im Glück am Schluss zu suchen? Hamachers Text gibt ganz konkrete Hinweise was am (Zen)Buddhismus falsch laufen kann, oder woran kann man z.B. Kultverhalten erkennen kann. Sein Text schlüsselt auch detailliert Quellen auf.
So wie diese Diskussion zum großen Teil läuft, hier wie auch im so genannten Buddhaland, unter Ausschluss all dessen was bisher erarbeitet wurde, bleibt alles beim Alten: X-Buddhismus bleibt ein selbstreferentielles System das Dummheit erzeugt.
„Die Ebene auf die hier die Diskussion gerät, lasse ich nur noch zu, weil es einen Einblick gewährt wie Buddhismus heute funktioniert.“
Das hat ja auch einen großen Wert. Mühsam zu lesen aber trotzdem lehrreich ist in diesem Zusammenhang der ursprüngliche Thread auf Zen Forum International, sowie die Kommentare auf dem blog genkaku-again, wo die ersten Enthüllungen von der amerikanischen Zen-Gemeinschaft kommentiert worden sind. Die Reaktionen (und Abwehrverhalten à la dooyen) der Shimano-Befürwörter im Laufe der Zeit sind da in aller Peinlichkeit akribisch festgehalten. Alles zum Nachlesen auf Shimanoarchive.com.
Ihr besprecht hier eine Story, wo jemand Frauen ausnützt, ohne jemals das Leid der Frauen zu besprechen – das ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, SEHR groß. In religiösen Kursen sind ein hoher Prozentsatz Frauen, die zwar nicht unbedingt seelisch krank, aber AUF DER SUCHE sind, und daher sehr beeinflussbar, und die natürlich an die Integrität des Führers dort glauben, weil ja die Lehre integer ist. Ich habe nie verstanden, wie jemand so gespalten leben kann – das Heilige verkünden und dann das Gegenteil praktizieren – ohne dass es ihn zerreisst, oder er ist eben psychisch krank und merkt es nicht.
Meine Geschichte dazu ist auf kirchenkritik.blogspot.com, sie ist einfach unglaublich, aber es gibt so viele Fälle, die parallel laufen, und die gleiche Vertuschung passiert. In meinem Fall war es ein Priester, und ich wollte der Kirche beitreten (nicht die katholische). Der Bischof wusste alles durch mich, aber er sagte, er denkt nicht an Sanktionen, weil der … hat seine Qualitäten.
Ich bin kein Kind mehr, aber echt, vllt zwanzig Jahre jünger, und ich hätte mich wahrscheinlich umbringen wollen.
Hallo JadefromAustria, #38
Vielen Dank für deinen Kommentar. Du schreibst:
Es ging mir in erster Linie darum, den Mann Shimano vorzustellen und dass er ein mehr als zweifelhafter Charakter ist. Im deutschsprachigen Raum ist bisher wenig über sein Tun bekannt. Die Geschichte die ich hier schildere hat damit zu tun, diesen Typen bekannt zu machen.
Die Geschichte der Frauen die mit ihm zu tun hatten, wäre eine weitere Sache. Im Englischen kann man darüber sehr viel lesen. Ich glaube im Wesentlichen sind es immer wieder die gleichen Probleme die für die Betroffenen maßgeblich sind. Man kann sich entsprechende Fälle von Machtmissbrauch, Sexueller Aggression und Vergewaltigung hierzulande anschauen, um zu sehen wie es den betreffenden Leuten nach so einem Verbrechen geht und was sonst noch so passiert im Umfeld.
Auf Kirchenkritik wird auch erwähnt, dass zB die ‚Familie‘ den Täter schützt. Dieses Phänomen kann man im Fall Shimano sehr gut beobachten – auch hier in dieser Diskussion, wie man am Beispiel dooyen sieht.
Weiter wäre zu erwähnen die ‚Ko-Abhängikeit‘. Es gibt Stimmen, die behaupten, dass sexuelle Aggression innerhalb der ‚Familie‘ wie die so genannte Ko-Abhängigkeit bei einer Suchterkrankung funktioniert, dass sie also den sexuellen Aggressor unbewusst durch ihr Verhalten unterstützt. Im Fall des Zen kann man des mehr oder weniger von der gesamten westlichen Zengemeinde sagen, da sie sich konstant weigert das Problem der Amoralität im Zen zu durchdenken.
Es gibt auch Stimmen die sagen, derartige sexuelle Aggressionen – moralisch vermeintlich hoch stehende Person begeht sexuelle Aggression an Person die vertrauensvoll zu ihr aufblickt –, wirkten wie sexueller Missbrauch von Kinder, sei also der Pädophilie gleichzusetzen und habe ähnliche Auswirkungen. Dies deshalb, weil es das selbe interpersonale Verhältnis ist – moralisch vermeintlich hoch stehende Person begeht sexuelle Aggression an Person die vertrauensvoll zu ihr aufblickt.
Du beschreibst in deinem Beitrag auf Kirchenkritik übrigens auch sehr eindrucksvoll die Ambivalenz in der du dich als Leidtragende in einem solchen Verhältnis befindest. Das ist ein wichtiger Aspekt den man genau betrachten muss. Er wird nämlich immer wieder von den Verteidigern sexueller Aggressionen dazu benutzt zu sagen, die Opfer dieser Aggressionen hätten es ja so gewollt – was nichts ist als eine zynische Verdrehung der Realitäten zu Gunsten des sexuellen Aggressors (Beispiel wieder dooyen).
Was weder die Kirche noch die hier betroffenen X-Buddhisten verstehen, ist, dass es sich um allgemeine gesellschaftliche Strukturen handelt, die all dies ermöglichen. Wir leben in einer Gesellschaft in der sexuelle Aggression an der Tagesordnung ist, ohne dass diese als solche wahrgenommen wird. Kirchliche oder x-buddhistische Strukturen verstärken von Fall zu Fall die Möglichkeiten für sexuelle Aggressionen. Der Fall Shimano ist ein eklatantes Beispiel.
In puncto Kirche-Beichte-sexuelle Aggression interessant das Buch Beichte von John Cornwell => Podcast, Deutschlandradio.
Das hast du gut gemacht, dass du das veröffentlichst, wenn da so ein krimineller Typ am Werk ist, soll das auch die ganze Welt wissen. Ich werde nie verstehen, wie so ein Mensch sich selbst erträgt. So wie es in dem Podcast beschrieben wird, eine Vermischung von Sakralem und Sadismus. Sind die zerrissen? oder kalt berechnend? Ohne jede Angst vor Konsequenzen? Dieser Shimano lebt noch und wird nicht zur Verantwortung gezogen?
JadefromAustria
Soweit man weiss hat sich Shimano nicht strafbar gemacht.
Die inneren Befindlichkeiten von Shimano bleiben leider im Dunkeln. Gerade das wäre interessant. Shimano wurde von Mark Oppenheimer 2013 interviewt, nachzulesen in The Zen Predator of the Upper East Side. Er hätte sich dort erklären können. Was dabei rauskommt ist aber eine Farce: Kritiker werden pauschal für verrückt erklärt oder sonstwie denunziert (zB in der Art „X ist doch sowieso schwul“).
Shimano ist ein einfältigen Kerl, der zufällig, und doch auch mit einer gewissen Portion Bauernschläue, in ein Position geriet die ihn zu dem machte was er wurde. Im fehlt die Intelligenz sein eigenes tragisches, dummes und aggressives Verhalten einzusehen. Man wird aus solchen Typen nie etwas herausbekommen. Es reicht allerdings, sie einmal analysiert zu haben. Problematisch ist, das sie immer wieder Opfer finden – und dass die jeweiligen Gemeinden, christliche oder buddhistische, dabei zusehen ohne etwas zu tun. Die Analyse anhand derer man frühzeitig erkennen könnte, dass ein buddhistischer Priester Machtmissbrauch begeht, wird weitgehend missachtet oder als Nestbeschmutzung denunziert. Man kann das sehr schön an der Rezeption von Christopher Hamachers Text Zen hat keine Moral! sehen.
Der letzte Punkt ist der, der den Buddhismus hierzulande allgemein verwerflich macht. Solange Buddhisten nicht mit Macht gegen sowas einschreiten und sogar wissend wegsehen machen sie sich mitschuldig.
Bauernschläue, das ist in meinem Fall auch so, das ist das richtige Wort! Selbstbewusstes Auftreten in einer hohen Position, was kann man schon dagegen setzen?
Aber wieso sollte sexuelle Belästigung nicht strafbar sein?
JadefromAustria, #42.
Es gibt viele Formen von sexueller Belästigung die nicht strafbar sind. Jemand spricht zum Beispiel vom „typischen Makel im weiblichen Denken“ (vgl. weiter oben bei dooyen = Guido Keller). Das ist eine Belästigung – mindestens – denn dir wird auf Grund deiner
körperlichenwie auch immer gedachten Sexualität ein Makel unterstellt. Allerdings ist diese Belästigung nicht strafbar.Strafbar wird es allmählich, wenn man einem „Neger“ einen derartigen Makel unterstellt. Ganz bestimmt strafbar wird es, wenn man das bei einem „Juden“ tut. In allen drei Fällen ist es gleich idiotisch von einem typischen Makel zu sprechen. In Bezug auf „Frauen“ nennt man das Misogynie, in Bezug auf „Neger“ Rassismus und in Bezug auf „Juden“ Antisemitismus. Es ist in jedem Fall die gleiche widerliche Haltung, die einen Menschen auf Grund körperlicher bzw. überhaupt eingebildeter Merkmale für minderwertig erklärt – nichts anderes ist die Behauptung eines „Makels“.
Fragt sich nur, wieso man Frauen immer noch ungestraft derart „belästigen“ darf? Die Antwort ist, dass der weibliche Körper in unserer Kultur immer noch ein Gebrauchsgegenstand ist, der dem männlichen Körper zur Verfügung zu stehen hat.
Eido Shimano hat von diesem Recht reichlich Gebrauch gemacht als er nach Amerika kam. Und hinter unverhohlen misogynen Aussagen seiner Verteidiger kann man einen ähnlichen Anspruch vermuten.
„Die Schrift erklärt, wie religiöse Übungen den Weg des Erwachens verstellen können:
…wenn diejenigen, die den Geboten folgen, auf die Gebotebrecher hinabsehen,…“
Es gibt verschiedene geistige Phänomene, die wahres Verständnis behindern und darum als Dämonen bezeichnet werden. Dies sind zum Beispiel:
…das Ablehnen der Lehre wegen vergehen der Lehrer,…“
Beide Zitate aus Muso Soseki, Gespräche im Traum, Angkor Verlag.
Finde ich irgendwie passend…
Ja Axel, irgendwie passend. Sicher lässt sich was Gegenteiliges auch finden in „der Schrift“. Passend für jede Situation. Buddhismus als blanker Opportunismus sozusagen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann suchen sie noch heute nach passenden Zitaten.